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„Ladies Day“ und Symposium zur Digitalisierung in der Praxis

Cerec-Tag 2021 Ladies Day

Die Referentinnen am „Ladies Day“ (von links): Dr. Bernhild E. Stamnitz, Dr. Verena Freier, Dr. Frederike Fehrmann, Dr. Ariane Schmidt, Dr. Gertrud Fabel, Zahnärztin Susanne Kurbad, ZMFA Sophia Pantelidis, Prof. Dr. Irena Sailer sowie (nicht im Bild) Prof. Dr. Petra Gierthmühlen und Dr. Karin Frank.

Zweitägige Hybrid-Veranstaltung zu Entwicklungen in der ­Zahnmedizin (1)  

Eine repräsentative Umfrage in Praxen und ZT-Labors ergab jüngst, dass weit mehr als die Hälfte der in Deutschland eingegliederten, vollkeramischen Restaurationen im CAD/CAM-Verfahren hergestellt werden. Vor diesem Hintergrund analysierten die Referenten auf dem Cerec-Tag 2021 in Düsseldorf besonders die chairside-gestützten Behandlungskonzepte, die ganz besonders zum Erfolg der CAD/CAM-Technik und zur Verbreitung der vollkeramischen Restauration beigetragen haben.

Die Umfrage zeigte auch, dass überdurchschnittlich viele Zahnärztinnen die computergestützte Chairside-Behandlung nutzen. Dies bewog die Cerec Masters, das Symposium mit einem „Ladies Day“ zu eröffnen, das von der digital-erfahrenen Zahnärztin Susanne Kurbad, Viersen, geleitet wurde. Das zweitägige Symposium mit Workshops wurde als Präsenzveranstaltung sowie per Videostream durchgeführt und von insgesamt etwa 390 Teilnehmern besucht.

Angeführt von Prof. Dr. Petra Gierthmühlen (Universität Düsseldorf) und Prof. Dr. Irena Sailer (Universität Genf) erörterten weitere Referentinnen die Entwicklungen in der Zahnmedizin – zum Beispiel den Stand der digital gestützten Chairside-Behandlung aus Sicht der Klinik und Wissenschaft, die prothetischen Eigenschaften der Zirkonoxidkeramik, das intraorale Befundmonitoring, die Möglichkeiten der digitalen Alignertherapie, die Prozesskette für implantatgetragene Abutments, die Bedingungen für ein ästhetisch-fokussiertes Therapieergebnis sowie die Chancen einer Praxisgründung für Zahnärztinnen.

Klinische Bewährung von Chairside-Konzepten

Prof. Dr. Petra Gierthmühlen schlug den Bogen von den Anfängen der computergestützten Restauration in den 90er-Jahren zu den heutigen CAD/CAM-Systemen. Literaturbelegt ist, dass mit dem Cerec-System chairside-gefertigte Inlays und Onlays aus Feldspatkeramik (Vita Mark II), vor etwa 25 bis 30 Jahren adhäsiv eingegliedert, heute noch klinisch funktionsfähig sind. Die jährlichen Misserfolgsraten blieben über den ganzen Beobachtungszeitraum stets konstant niedrig.

Die Auswertung von 6.000 Nachuntersuchungen in niedergelassenen Praxen zeigte, dass defektorientierte Inlays, Onlays und Teilkronen generell besser abschneiden als Vollkronen. Innerhalb der Gruppe der Teilrestaurationen hat die Größe der Restauration keinen Einfluss auf die Langzeitprognose. Auch dünne Restwände bei vier- und fünfflächigen Restaurationen haben auf die Gesamtprognose keine negative Auswirkung. Eine Risikogruppe sind Versorgungen auf primär avitalen Zähnen; dies gilt sowohl für Kronen als auch für Teilrestaurationen. Jedoch treten endodontische Komplikationen bei adhäsiv befestigten Teilkronen seltener auf als bei traditionell zementierten Vollkronen.

Ausgangspunkt für eine gut passende, indirekt gefertigte Versorgung ist die intraorale Abformung. Präzisionsvergleiche von Elastomerabformungen und Digitalscans füllen zurzeit die Fachmagazine, denn die Genauigkeit der Chairside-Scanner für die intraorale Messaufnahme wurde laut Gierthmühlen in den vergangenen Jahren erheblich gesteigert. Die Toleranzen von Quadrantendatensätzen wurden in so enge Mikrometerkorridore gebracht, dass nur hochwertige, mehrachsengesteuerte CNC-Fräsautomaten die Genauigkeit im Subtraktionsprozess umsetzen können. Ganzkiefermessaufnahmen sind noch eine Herausforderung für die Intraoralsysteme; die inzwischen erzielte Reduzierung der Deviation lässt bei der nächsten Scanner- und Softwaregeneration einen deutlichen Fortschritt erwarten.

Lag die Intraoralmessaufnahme, das Konstruieren und das Ausschleifen der Restauration bisher im Fokus des Chairside-Konzepts, hat sich dieser konzeptionelle Ansatz inzwischen grundlegend geändert. Heute speisen die klinisch erhobenen Daten den zentralen Informationspool der Praxis mit Verknüpfungen für Vorsorge, Röntgenstatus, Befundung, Therapieplanung, Materialauswahl, Komponentenfertigung, Behandlung, Nachsorge und Kontrollbefund sowie die Kostenerfassung. Mit den Daten kann der Patient in die prospektive Langzeitbeobachtung der Praxis eingebunden werden. Wiederholungsaufnahmen lassen Veränderungen an Zahnhartsubstanz, Zahnstellungen, Restaurationen sowie Gewebedefekte aufspüren.  

Substanzschonung als Pflichtdisziplin

Konnte schon mit der vollkeramischen Teilkrone die Forderung nach Substanzerhalt nachhaltig erfüllt werden, kann bei der Kronenversorgung in angezeigten Fällen eine Veneerkrone gegenüber der konventionellen Keramikkrone die zahnerhaltende Lösung sein. Hierbei ist laut Gierthmühlen die vergleichsweise minimal-invasive Präparation von Vorteil. Aufgrund der adhäsiven Befestigung kann auf eine retentive Präparation verzichtet werden. Die Schichtstärke der Keramik kann okklusal auf maximal 1,0 mm reduziert werden. Im Gegensatz zu konventionellen Vollkeramikkronen sollte auf eine tiefe Schulter mit 0,8–1,0 mm verzichtet werden.

Da der Schmelz beim natürlichen Zahn von inzisal nach zervikal dünner wird, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass bei einer Schulterpräparation die Präparationsgrenze im zervikalen Dentinbereich liegt. Der adhäsive Verbund von Komposit im Schmelzbereich ist jedoch wesentlich intensiver als im Dentin – das heißt, je mehr Schmelz bei der Präparation erhalten werden kann, desto vorteilhafter für die langfristige Erfolgswahrscheinlichkeit.

Das Frakturrisiko hat sich laut Gierthmühlen durch den Einsatz von festigkeitsgesteigerten Keramikwerkstoffen deutlich gemindert – etwa mit Lithiumdisilikat, zirkonoxid-dotiertem Lithiumsilikat und Zirkonoxid für monolithische Prothetik (Abb. 1). Die Überlebenswahrscheinlichkeit liegt auf jenem Wert, der auch Gussrestaurationen zugeschrieben wird.  

Als Entscheidungshilfe für die Therapieplanung mit literaturbelegten Überlebensraten verwies die Referentin auf die „S3-Leitlinie für vollkeramische Kronen und Brücken“. Als Koordinatorin der Leitlinie für die DG Pro und DGZMK betonte sie die wissenschaftliche Evidenz der Ergebnisse auf Basis von mindestens fünfjährigen Beobachtungszeiträumen. Hierbei wurde auch der Einfluss von Bruxismus auf die verschiedenen Werkstoffe bewertet.

Zirkonoxid im ästhetischen Wandel

Als „weißer Stahl“ ursprünglich im Molareneinsatz gelandet, inzwischen zum „Ästhetik-Baustein“ mutiert – mit dieser Beschreibung zeichnete Prof. Dr. Irena Sailer die Entwicklung der Zirkonoxidkeramik (ZrO₂) nach, die inhaltlich auch Bestandteil ihrer Habilitationsarbeit war. Als opaker Gerüstwerkstoff für Kronen und Brücken war ZrO₂ (3Y-TZP) auf die aufbrennkeramische Verblendung angewiesen. Unterschiedliche Materialeigenschaften und Schichtstärken, Spannungen an den Grenzflächen, Porositäten in der Verblendschicht lösten in hohem Maße Verblendfrakturen aus. Unbestritten war die hohe Biegebruchfestigkeit, die 3Y-TZP als Alternative zu metallgestützten Kronen und Brücken qualifizierten. Die Überlebensraten der Zirkonoxid-Gerüste zeigten zwar eine hohe Frakturresistenz, jedoch war das Ausmaß der Chippings klinisch nicht zu vertreten. Auch die Einfärbung des Gerüstmaterials, um es auf Zahnfarben zu „trimmen“, war nicht zielführend. Farbtauchlösungen und voreingefärbte Fräsronden boten lediglich ästhetische Kompromisse.

Der Quantensprung begann damit, dass durch den Umbau der keramischen Matrix die hohe Festigkeit mit der Ästhetik verbunden wurde. Dafür wurden differenzierte ZrO₂-Solitäre mit den lichtoptischen Merkmalen von Dentin und Schmelz verbunden mit der Folge, dass unterschiedliche Eigenschaften für Festigkeit, Chroma, Lichttransmission und Transluzenz schichtweise in einem Fräsblock zusammengeführt wurden. Dieses monolithische Zirkonoxid auf Basis 3Y/4Y/5Y-TZP bietet je nach Anbieter unterschiedliche Kombinationen und Eigenschaften. Damit wurde sichergestellt, dass die Restauration nicht grundsätzlich verblendet werden muss. Bei höheren ästhetischen Ansprüchen ist eine Bukkalverblendung im Frontzahnbereich unter Ausschluss der Kauflächen angezeigt. Sailer wies jedoch darauf hin, dass für das mehrschichtige, monolithische ZrO₂ längerfristige Literaturbelege zur klinischen Bewährung noch ausstehen.

Mit der einflügeligen, vollkeramischen Adhäsivbrücke stellte Sailer eine wenig invasive Therapielösung vor, um eine Lücke im Frontzahn zu schließen (Abb. 2 und 3). Diese Versorgungsart ermöglicht, dass mit einem Klebeflügel eine sehr belastbare, extrakoronale Restauration am kariesfreien Pfeilerzahn befestigt wird. Die schmelzbegrenzte Präparation erfolgt palatinal mit einer Retentionsnoppe im Bereich des Tuberkulums. Für das Flügelgerüst kommt Y3-TZP (ZrO₂) mit 0,6–0,7 mm Materialstärke zum Einsatz, das zirkulär oder labial verblendet wird. Die Befestigung erfolgt mittels Adhäsivtechnik. Für die Korundstrahlung der Klebefläche (Al₂O₃, 50 µm, Druck 1,0 bar) wird die Verblendung abgedeckt. Bei Versagen des Klebeverbunds ist eine Wiederbefestigung stets möglich. Zudem bleiben zukünftig alle konventionellen und implantatprothetischen Versorgungsmöglichkeiten erhalten. Literatur mit längerfristig guten Prognosen liegt vor.

Digital gefertigte Abutmentkronen

Die Chairside-Fertigung von implantatgetragenen Abutments und Abutmentkronen mit dem Cerec-System thematisierte Dr. Bernhild-Elke Stamnitz, Langen, unter Nutzung der Cerec-Software (Abb. 4). Die Referentin differenzierte den Einsatz der einteilig direkt verschraubten Abutmentkrone und der zweiteiligen Suprastruktur mit individuellem Implantat-Abutment und Krone. Beim zweiteiligen Abutment mit der „Titan-Klebebasis“ greift eine Titanhülse – die von einem verklebten Zirkonoxid-Aufbau ummantelt wird – kraftschlüssig in den Titan-Enossalpfeiler ein.

Dadurch wird das Risiko der Zugspannung umgangen, die bei direkter Keramikverschraubung entstehen würde. Stamnitz stellte den Nutzen des individualisierten Hybrid-­Abutments (Abb. 5) vor, das die mechanische Festigkeit der Titankomponenten, ein anatomisch günstiges Emergenzdesign, einen epigingivalen oder supragingivalen Randverlauf, und eine ästhetische Gestaltung auch bei ungünstiger Implantatposition bietet. Verschraubte Mesostrukturen erleichtern bei Bedarf eine Revision, erfordern aber einen Schraubenschlot, der wenig sichtbar platziert werden sollte.

Zementierte Aufbauten hingegen können dann schlanker gestaltet werden, wenn Meso- und Suprastruktur keine stärkeren Wandstärken erfordern. Ist ein größerer Platzbedarf für die Prothetik notwendig, sind zweigeteilte Implantatversorgungen angezeigt. Zementüberschüsse bergen das Risiko einer Periimplantitis. Zu deren Vermeidung darf die Abutmentschulter nur leicht subgingival gelegt werden.

Digitalisierung in der Praxis

Für die Befundung und Therapiekontrolle hat die Computerunterstützung Eingang in die Praxis gefunden. Mit der Analyse-Software OraCheck veranschaulicht Dr. Frederike Fehrmann, Heuchelheim, ihre Befunde und nutzt sie zur Differenzanalyse (Abb. 6). OraCheck, seit 2013 erhältlich und mit dem Cerec-System ab der Omnicam-Serie anwendbar, gewinnt neuerdings durch Integration in die Primescan zunehmend an therapeutischer Bedeutung.

Komplexe Vergleiche unterschiedlicher, dreidimensionaler Scans ermöglichen eine Kontrolle der Behandlungsergebnisse, detektieren Stellungsveränderungen der Zähne während einer KfO-Behandlung, kontrollieren Parodontaltherapien, den Volumenaufbau in der Chirurgie, etwa bei der Vorbereitung des Implantatlagers. Mit zeitversetzten Intraoralaufnahmen macht die Software auch Abrasionen, Zahnwanderungen, Funktionsstörungen und Gewebeveränderungen sichtbar. Die Software ist ein objektives Hilfsmittel für Behandlungs­entscheidungen und zur Dokumentation von Veränderungen.

Computerunterstützung nutzt Dr. Karin Frank, Besigheim, in der Kieferorthopädie für die Alignerversorgung. Eine nachhaltige Schienentherapie zur Korrektur von Zahnfehlstellungen erfordert nach der Diagnostik eine gründliche Planung sowie Mittel zur Patientenmotivation. Hierbei nutzt die Kieferorthopädin Software zur Veranschaulichung des Therapiewegs sowie 3-D-Drucker zur Fertigung der Schienen. Frank warnte vor Alignerprozeduren aus dem Internet für Patienten ohne ärztliche Betreuung, die meist weder fachmännisch noch legalisiert erfolgen und Schäden am Zahnbestand auslösen können.

Dr. Gertrud Fabel, München, berichtete von ihren Erfahrungen bei der Behandlung von craniomandibulären Dysfunktionen (CMD). Mit der Nutzung der Ortho-Software zur Befundung sowie Therapieplanung, Myozentrik und durch den Einsatz von Sicat-Aufbissschienen lassen sich die Funktionsstörungen weitgehend beseitigen. In der Kronen- und Brückenprothetik hat sich Fabel auf den Einsatz von monolithischem, transluzentem Zirkonoxid konzentriert. Mit verblendfreien Restaurationen erzielt sie bei Patienten mit Parafunktionen eine hohe Dauerbelastbarkeit.

Ein Wunschtraum, aus der virtuellen Konstruktion im 3-D-Druck ein reales Modell herzustellen, ging für Dr. Ariane Schmidt, Haltern, in Erfüllung. Sie stellte eine umfangreiche Prothetikarbeit mit teleskopierenden Doppelkronen vor, deren Konstruktion auf der Primescan erfolgt war. Nach der Modellberechnung unter Nutzung der Connect Software 5.2 konnte sie das Modell im 3-D-Drucker herstellen. Die Exportfunktion STL mit geschlossener Geometrie ermöglicht, dass für Connect- und Cerec-Anwender auf der Basis der Scandaten direkt und ohne Zusatzsoftware Modelle hergestellt werden können. Bei Verwendung der Atlantis-Implantat-Software ist der komplette digitale Workflow mit der Primescan validiert. Damit können auch große Implantatversorgungen als Modell ausgedruckt werden.

(wird fortgesetzt)