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Führungskräfte müssen fordern und fördern

In dem Beitrag 7 Regeln, die das Nein-Sagen vereinfachen sollte Carola für ihren Wunsch eine eigene Lösung entwickeln und sich zurückhalten. Und genau hier stoßen wir auf eine Situation, die Sie sicher aus Ihrem Alltag zur Genüge kennen. Sie wissen, wie etwas geht, machen es schneller selbst, als dass Sie es der Kollegin noch dreimal erklärt haben. Außerdem wissen Sie dann ja auch, dass es wenigstens richtig gemacht wurde. Aber: Die Einstellung vieler Führungskräfte, „Ich mache es lieber selbst“, ist nicht nur für die Mitarbeiter töricht, sondern gleichzeitig eine Bankrotterklärung an ihre eigenen Führungsfähigkeiten, andere zu fordern und zu fördern!

Eine andere Situation: Ihre liebe Kollegin steht mit dem Dackelblick vor Ihnen. „Ach, kannst du mir mal helfen?“ „Helfen“ – bei dem Stichwort geht die „innere Maschinerie“ los: Man muss doch hilfsbereit sein. Und als Führungskraft bin ich sowieso die helfende Hand meiner Kolleginnen. Ich habe schließlich Verantwortung für mein Team, für die Arbeit – und darüber hinaus bekomme ich ja auch noch „Schmerzensgeld“. Aber so schaffen Sie Beliebigkeiten und lassen es unter Umständen zu, dass Ihre Kolleginnen mit Ihnen Spiele treiben. Spiele, die – wenn Sie diese nicht irgendwann durchkreuzen – für Sie zum „Schicksal“ und für Ihre Kolleginnen zur Selbstverständlichkeit werden. Und aus der Nummer kommen Sie schlecht wieder raus. Sie machen und tun, bleiben länger und Ihre Kolleginnen … Ja, wo sind Ihre Kolleginnen? Der Steri muss noch bestückt werden, Zimmer 3 ist noch nicht vorbereitet etc.

Tipp: Bei dem Wunsch „Ach, kannst du mir mal helfen?“ vorsichtig sein, nicht sofort reagieren. Fragen Sie ihre Kollegin, was konkret ihr Hilfewunsch ist und warum sie es nicht alleine lösen kann.

Zwei Möglichkeiten bieten sich an: Entweder hat sie einen konkreten Hilfsbedarf, weil sie etwas nicht kann, oder sie sucht nur Unterstützung, weil sie keine Lust zum Handeln oder Denken hat. Hat sie einen konkreten Hilfebedarf, dann müssen Sie sich fragen, ob die Kollegin noch intensiveren Aus- oder Fortbildungsbedarf hat. Wenn das so ist, dann müssen Sie als Führungskraft „fördern“. Wenn Sie spüren, es ist bloß „Bequemlichkeit“, dann dürfen Sie „fordern“, oder besser: Sie müssen „fordern“. Lassen Sie ihre Kollegin Lösungen und Vorschläge entwickeln. Halten Sie durch, auch wenn Sie doch lieber die Lösung anbieten möchten, weil es schneller geht.

Warum? Nun, ganz einfach, Ihre Kollegin wird früher oder später erkennen, dass sie mit ihrer Bequemlichkeit nicht mehr durchkommt, weil Sie ihre Arbeit eben nicht bedingungslos „übernehmen“. Und wenn sie zu Ihnen läuft, dann doch unverrichteter Dinge zurückkommt, selbst denken muss, dann wird es für sie unattraktiv und unbequem. Also wird sie Sie irgendwann in Ruhe lassen. Klar, sie findet Sie manchmal „komisch“, aber lieber komisch als jedermanns Depp! Oder?

Noch eins, wenn Sie so handeln, sind Sie nicht egoistisch, arrogant oder zickig. Sie tragen Führungsverantwortung, indem Sie die Mitarbeiterin zu einem eigenständigen Handeln führen. Sie ist erwachsen, eigenverantwortlich und wird für ihre Arbeit bezahlt, also muss sie auch die Leistung bringen. Konsequent sein. In der Sandwichposition ist das manchmal schwierig, aber nötig. Leichter fällt es Ihnen, dies zu leben, wenn Sie den Switch in Ihrem eigenen Kopf hinbekommen haben: Ich bin Führungskraft.

Die Praxis zeigt, dass es noch andere Besonderheiten gibt, die einfach Realität sind. Da ist zum Beispiel noch Ihre Kollegin, die schon viele Jahre vor Ihnen da war. Sie hat schon eine „Inventarnummer“ (IBLDAD – Ich bin länger da als du!). Besonders herausfordernd für alle, die neu in die „Sandwichposition“ gekommen sind. Hinzu kommt häufig, dass diese Kollegin sich im Laufe der Jahre Privilegien erkämpft hat und hier und da einen „Freifahrtschein“ beim Chef hat. „Du weißt doch wie sie ist, die meint das gar nicht so.“ Doch, die meint das so, schließlich geht es um die Position, um den Stallgeruch, wer ist die „Wichtigste“ in der Praxis.

Wichtig für Sie ist, dass Sie den angebotenen Machtkampf nicht antreten, sondern eine klare Linie fahren und zu einem unverfänglichen Zeitpunkt – aber rechtzeitig – Ihre Kollegin ansprechen und ihr verdeutlichen, dass ein Miteinander in Ihrem Sinne ist, dass Sie aber keinen Konflikt scheuen werden, wenn sie nicht mitzieht. Gerne kann sie das eine oder andere Privileg behalten, aber nicht auf Kosten des Teams oder durch Beeinflussung des Teams.

Klare Linie fahren, fordern, aber auch die ausgestreckte Hand bieten im Sinne des Miteinanders. Für Ihre Kollegin ist das akzeptabel – im Sinne der Praxis, der Inhaberschaft.

Was in solchen Situationen noch zu beachten ist, wie ein Gespräch strukturiert sein könnte, das lesen Sie in der FAN – FachAssistenzNews im November.