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Mehr Rechtssicherheit beim Zahnersatz
QM

 QM bedeutet eine bessere Organisation im Betrieb, mehr Produktqualität, mehr Kundenorientierung und vor allem mehr Sicherheit.

Qualität ist kein Zufall, sondern harte Arbeit im Team. Das wissen Zahnarztpraxen spätestens seit sie per Gesetz dazu verpflichtet wurden, ein internes QM-System einzuführen. Doch was ist mit den Zulieferern, den Partnerlaboren, die den Zahnersatz für die Patienten herstellen? Welche ISO-Normen gelten für sie als Sonderanfertiger von Medizinprodukten?

Fachjournalistin Marion Güntzel sprach mit Dipl.-Ing. Birgit Christalle, EOQ Quality Auditor, langjährige QM-Expertin und QM-Beauftragte der CompeDent-Laborgruppe, über alte und neue Normen, Sicherheit und Risikominimierung und über die Vorteile, die ein Labor, das über ein spezifisches QM-System verfügt, sowohl dem Zahnarzt als auch dem Patienten bietet.

Frau Christalle, mal ehrlich: Sind Qualitätsnormen nicht ein staubtrockenes, langweiliges Thema, das den, den es betrifft, auch noch viel Zeit, Nerven
und Geld kostet?

Birgit Christalle: Ja, es stimmt, ISO-Normen sind an sich eher trocken. Spannend ist dagegen jedoch die konkrete Umsetzung eines QM-Systems in einem Unternehmen. Wer ein solches System als Leitfaden nutzt und es passgenau für seinen Betrieb umsetzt, dem bringt es nicht nur viele Vorteile, sondern häufig auch Freude. Natürlich bedeutet die Einführung eines QM-Systems viel zusätzliche Arbeit und ein hohes Maß an Bürokratie und Disziplin; aber auf der anderen Seite bedeutet QM auch eine bessere Organisation im Betrieb, mehr Produktqualität, mehr Kundenorientierung und vor allem mehr Sicherheit. Kurz: Mit einem fertigen Handbuch ist es noch lange nicht getan; Qualität muss man sich immer wieder neu erarbeiten – aber das kann auch Spaß machen.

Im Gesundheitshandwerk sind die ISO-Normen 9001 und 13485 etabliert. Worin unterscheiden sie sich?

Christalle: Die Norm DIN EN ISO 13485 ist grob gesagt für alle zutreffend, die irgendwie mit Medizinprodukten zu tun haben. Sie ermöglicht den Betrieben, ihre Abläufe auf die Notwendigkeiten der Medizinproduktegesetzgebung abzustimmen. Sie hilft zum Beispiel den Dentallaboren, einen Nachweis zur systematischen Einhaltung dieser Regeln bei der Anfertigung von Zahnersatz zu erbringen. Die Norm DIN EN ISO 9001 ist dagegen eine allgemeingültige QM-Norm, die jede Organisation anwenden kann, unabhängig von Größe, Typ und Art beziehungsweise den gefertigten Produkten und Dienstleistungen. In ihrem Mittelpunkt stehen vor allem die Kundenzufriedenheit und ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess. Die Norm ist damit also eher unspezifisch und teilweise auch sehr theoretisch.

Das heißt, mit der QM-Norm 13485 weist ein Unternehmen die Einhaltung deutlich spezifischerer Anforderungen im Bereich der Medizinprodukte nach als mit 9001?

Christalle: Ja. Wenn es um Anforderungen wie die Medizinproduktesicherheit und die Rückverfolgbarkeit von Produkten und Materialien geht, ist die Norm DIN EN ISO 13485 deutlich aussagekräftiger.

Seit 2016 gibt es eine neue Ausgabe der ISO-Norm 13485. Was hat sich für die Betriebe geändert?

Christalle: Die Grundstruktur ist gleichgeblieben, es wurden jedoch einige neue Anforderungen für Medizinprodukte hinzugenommen beziehungsweise verbessert – wie zum Beispiel der Bereich des Risikomanagements. Ausgebaut wurden auch die Anforderungen bei ausgelagerter Teilfertigung, an eine Produktbeobachtung und bei der Dokumentation. Das Spannende dabei ist, dass einige dieser erweiterten Anforderungen bald für alle Hersteller von Medizinprodukten gelten werden. Die EU hat eine europäische Medizinprodukteverordnung – Verordnung (EU) 2017/745 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über Medizinprodukte –, die „Medical Device Regulation“ (MDR), im April 2017 verabschiedet und eine Übergangsfrist bis Mai 2020 festgelegt. Diese neue Verordnung kommt also unaufhaltsam auf uns zu. Und sie wird nicht nur erhöhte Anforderungen an die Serienfertigung stellen, sondern auch an die Sonderanfertigung von Medizinprodukten – und damit betrifft sie auch alle Hersteller von Zahnersatz.

Nach der neuen MDR müssen also alle Dentallabore ab Mai 2020 ein QM-System haben. Was bedeutet das konkret für die Zahntechniker, aber auch für die Zahnärzte?

Christalle: Grundsätzlich zielt die neue Verordnung auf höchstmögliche Produktsicherheit. So verpflichtet sie die Zahntechniker zum Beispiel dazu, ein Risikomanagementsystem einzuführen. Darunter versteht man das systematische Abschätzen von Risiken im Zusammenhang mit dem Medizinprodukt, aber auch die Minderung von Risiken. Dadurch wird der Zahnersatz auf einem systematischen Weg immer sicherer. Die Wahrscheinlichkeit, dass es Reklamationen in der Praxis gibt oder der Patient im schlimmsten Fall geschädigt wird, wird geringer. Das ist ein ganz wichtiger Punkt für alle. Auch müssen sich die Zahntechniker nach der neuen MDR um eine entsprechende Dokumentation kümmern, um die Kennzeichnung und Nachweisführung sowie um eine Produktbeobachtung. Wie gesagt: All das bedeutet eine Verbesserung der Produktqualität und -sicherheit, die letztlich allen Beteiligten zugutekommt. Labore, die nach der neuen Norm DIN EN ISO 13485:2016 arbeiten und sich bereits freiwillig nach ihr zertifiziert haben, erfüllen schon jetzt einen großen Teil von dem, was in zwei Jahren für jeden verpflichtend sein wird, der Zahnersatz herstellt.

Ein Labor mit einem QM-System nach DIN EN ISO 13485:2016 kann den Zahnarztpraxen also eine höhere Sicherheit und Nachhaltigkeit garantieren. Wirkt sich das auch positiv auf die Rechtsstellung des Zahntechnikers im Verhältnis zum Zahnarzt und zum Patienten aus?

Christalle: Ja, unbedingt! Wenn es Probleme mit dem Patienten gibt, muss man nachweisen können, dass alle rechtlichen Dinge erfüllt worden sind – sowohl von Praxis- als auch von Laborseite. Für den Zahnarzt ist es schwierig, wenn das Labor nicht mitziehen kann, weil es kein adäquates QM hat. So weiß ich von einigen Fällen, bei denen Zahnärzte Probleme mit ihren Patienten hatten, die sie sogar verklagen wollten. Dank der guten Dokumentation des Labors kam es in einem Fall gar nicht erst zum Prozess; in einem anderen Fall hat die Praxis vor Gericht gewonnen, da sie mithilfe des Labors nachweisen konnte, dass der Zahnersatz allen Qualitätsregeln entsprach. So etwas kommt meiner Meinung nach immer häufiger vor. Für den Zahnarzt bedeutet es also Sicherheit, wenn er ein Labor im Hintergrund hat, das nicht nur weiß, was es tut, sondern das auch belegen kann und alle Produktionsschritte dokumentiert hat.

Sollte die Etablierung eines QM-Systems nicht auch aufgrund der zunehmenden Technologisierung erfolgen? Immerhin ergeben sich dadurch viele neue Prozessabläufe und Schnittstellen.

Christalle: Ja, diesen Aspekt halte ich für sehr wichtig – besonders auch, da durch die Digitalisierung die Zahnersatzfertigung in einigen speziellen Fällen teilweise ausgelagert wird; genau dafür wurden in der DIN EN ISO 13485:2016 spezielle Anforderungen eingetragen. Gerade bei einer ausgelagerten Teilfertigung ist es wichtig, dass man ordentliche Abläufe hat, die Produktqualität stimmt, eine Rückverfolgbarkeit sichergestellt ist und dass die Kontrollprozesse über alle Schnittstellen hinweg zueinander passen.

Sie sind externe QM-Beauftragte der CompeDent-Gruppe. Was zeichnet den Laborverbund Ihrer Meinung nach aus?

Christalle: Alle CompeDent-Labore sind wirtschaftlich eigenständige Unternehmen, die auch eigenständig agieren und dennoch sehr gut miteinander vernetzt sind. Bei CompeDent werden gute Ideen und Ansätze gerne miteinander geteilt. Die Labore treffen sich regelmäßig und tauschen sich ehrlich und partnerschaftlich aus. Lösungen werden gemeinsam gesucht. Später kann sie dann jeder an seinem Standort nach seinen Vorstellungen und Möglichkeiten umsetzen. Auch die QM-Beauftragten aller CompeDent-Labore kommen regelmäßig zusammen. So erreichen die Partnerlabore in ihrem Netzwerk mehr, als ein einzelner Betreib erreichen könnte. Auch dass sich QM-Verantwortliche mehrerer Firmen immer wieder austauschen und gemeinsam nach Lösungen suchen, ist meines Erachtens einmalig.

Was raten Sie Zahnarztpraxen also in Bezug auf die Auswahl ihres Labors?

Christalle: In den nächsten Jahren wird das Thema Einhaltung der gesetzlichen Anforderungen der MDR wichtiger. Als Zahnarzt sollte man sich daher vergewissern, dass man mit einem Labor zusammenarbeitet, das nicht nur eine ordentliche Arbeit leistet, sondern diese auch dokumentiert und nachweisen kann. Im Endeffekt geht es nicht nur darum, wie gut es an der Schnittstelle zwischen Praxis und Labor läuft, sondern um den Nachweis, dass das Medizinprodukt den Anforderungen aus dem Medizinprodukterecht entspricht. Dafür sollte das Partnerlabor mindestens über ein internes QM-System verfügen.

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