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Nachsorge beginnt vor der Implantation
Es kostet Zeit, aber das individuelle Beratungsgespräch vor der Implantation kann vor unliebsamen Überraschungen schützen.

Es kostet Zeit, aber das individuelle Beratungsgespräch vor der Implantation kann vor unliebsamen Überraschungen schützen.

Pro Jahr werden laut der Deutschen Gesellschaft für Implantologie (DGI) in Deutschland rund eine Million Implantate gesetzt, Tendenz steigend. Infolgedessen ergibt sich eine wachsende Zahl periimplantär erkrankter Patienten. Die durchschnittliche Prävalenz für die periimplantäre Mukositis beträgt 43 Prozent, 22 Prozent für die Periimplantitis [1].

Durch die Etablierung eines Biofilms auf der Implantatoberfläche und weitere multiple ätiologischen Faktoren kann eine periimplantäre Mukositis entstehen, die in eine Periimplantitis übergehen kann. Diese zeichnet sich durch eine progrediente, entzündliche irreversible Destruktion des periimplantären Gewebes aus.

Wer hat ein erhöhtes Risiko?

In diesem Jahr wurden periimplantäre Erkrankungen erstmalig klassifiziert in periimplantäre Gesundheit [2], periimplantäre Mukositis [3] und Periimplantitis [4]. Es gibt starke Hinweise, dass Patienten mit parodontalen Erkrankungen, schlechter Plaquekontrolle und fehlender regelmäßiger Mundhygiene nach der Implantattherapie ein erhöhtes Risiko für eine Periimplantitis haben [5].

Professionelle Nachsorge unerlässlich

Grundsätzlich empfehlenswert ist nach erfolgreicher Implantation eine professionelle Nachsorge, um pathologische Veränderungen frühzeitig zu erkennen und zu vermeiden. Um dieses Ziel zu erreichen, ist das Zusammenspiel verschiedener Faktoren notwendig. Dabei stechen zwei Aspekte besonders heraus:

• ein wirksames Prophylaxekonzept
• Akzeptanz des Patienten für eine immer wieder­kehrende präventive Therapie.
 
Zweifellos birgt der zweite Punkt die größere Herausforderung in der zahnärztlichen Praxis. Das Verständnis des Patienten für die immer wiederkehrenden Kosten und die zeitintensive regelmäßige Nachsorge muss erarbeitet werden. Wie schaffe ich das Bewusstsein beim Patienten für die unumgängliche Prävention?

Christin Damann ist Dentalhygienikerin und seit 2016 Fortbildungsreferentin der Zahnärztekammer Westfalen-Lippe. Sie arbeitet als DH in der zahnärztlichen Praxis Dres. Leineweber in Bocholt.

Christin Damann ist Dentalhygienikerin und seit 2016 Fortbildungsreferentin der Zahnärztekammer Westfalen-Lippe. Sie arbeitet als DH in der zahnärztlichen Praxis Dres. Leineweber in Bocholt.

Bewusstsein schaffen

Es empfiehlt sich, noch vor dem Inserieren eines Implantats mit prophylaktischen Leistungen (Professionelle Zahnreinigung) zu beginnen. Der Patient sollte über das Risiko der Entstehung periimplantärer Erkrankungen aufgeklärt werden sowie über die Notwendigkeit der turnusmäßig präventiven Therapie. Das schafft für den Patienten mit Implantatwunsch eine Vorstellung für zukünftige Nachsorgesitzungen.

Der Zahnarzt kann diese Behandlung an die Zahnmedizinische Prophylaxeassistentin/Fachassistentin oder Dentalhygienikerin delegieren. Hierbei sollte die Prophylaxefachkraft über die geplante Implantation und weitere individuelle Beratungswünsche seitens des Zahnarztes oder des Patienten informiert werden. Mit guten Absprachen im Team kann sie sich individuell auf jeden Patienten einstellen, es entsteht ein gutes Vertrauensverhältnis zwischen Patient und Prophylaxekraft für die anschließenden Nachsorgebehandlungen.

Anschauungsmaterialien/Bilder, die anatomische Strukturunterschiede rund um Zahn und Implantat zeigen, können eine gute Hilfestellung zur verständlichen Aufklärung sein. Das Beratungsgespräch sollte folgende Punkte beinhalten:

• Erklären von Ätiologie und Pathogenese der Periimplantitis, morphologischen Unterschieden parodontaler und periimplantärer Strukturen und die möglicherweise daraus resultierende erhöhte Infektanfälligkeit des periimplantären Gewebes
• Erstellen eines individuellen Risikoprofils des Patienten (beispielsweise Diabetes, Rauchen, Hygienefähigkeit, parodontale Vorerkrankungen)
• Mundhygiene,Instruktion und Motivation sowie gemeinsames Anwenden von Mundhygieneartikeln unter Beachtung der kognitiven wie motorischen Fähigkeiten
• Hinweise auf eine mögliche erschwerte Hygienefähigkeit im Bereich des Abutments
• Aufklärung über die regelmäßig entstehenden Kos­ten für die langfristig präventive Nachsorge

Ein weiteres Argument für die Nachsorge ist, dass die Kostenintensität der Prävention einer Periimplantitis günstiger ist als die Folgebehandlung derselben (6). Generell sollte die Compliance des Patienten im Vorfeld abgeschätzt werden. Mangelnde Compliance kann eine Kontraindikation für eine Implantatversorgung sein.

Gewinn für die Praxis

Zur Gesunderhaltung ist die Nachsorge unumgänglich, zudem ist sie ein qualitativer und wirtschaftlicher Gewinn für die zahnärztliche Praxis. Die umfassende Beratung ist ein zeitintensives Geschehen im Praxisalltag, eventuell muss zusätzlich Zeit eingeplant werden. Für Patienten schafft sie eine Vertrauensebene und weckt Verständnis für die Notwendigkeit regelmäßige Prophylaxesitzungen.

Fazit

Das Gespräch im Vorfeld kann Problemen vorbeugen, beispielsweise Non-Compliance des Patienten, Ärger über überraschende Kosten für die Nachsorge und dem eventuellen Entstehen einer Periimplantitis. Die Frequenz der Nachsorgesitzungen sollte, unter Beachtung der allgemeinen und dentalen Anamnese, individuell auf den Patienten abgestimmt sein.

Christin Damann, DH und seit 2016 angestellte Fortbildungsreferentin der Zahnärztekammer Westfalen-Lippe

Hier geht es zu Teil 2 des Beitrags

Quellen und Literatur

S3-Leitlinie: Die Behandlung periimplantärer Infektionen an Zahnimplantaten AWMF-Registernummer 083-023
Parodontologie 2017;28(1):59-64
[1] Derks & Tomasi 2014
[2] Araujo & Lindhe, 2018
[3] Heitz-Mayfield & Salvi, 2018
[4] Schwarz et al., 2018
[5] DGI/Prof. Schwarz
[6] Listl et al.2015; Schwendicke et al. 2015