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Das MDR kommt – Viel Arbeit, aber auch mehr Sicherheit

Auf den ersten Blick haben Brustimplantate wenig mit Zahnersatz in all seinen Erscheinungsformen zu tun. Und doch hat der in der Vergangenheit allzu sorglose Umgang mit Ersteren dafür gesorgt, dass für Zweiteres in Zukunft mehr Aufwand betrieben werden muss. In Zukunft heißt in diesem Fall exakt ab den 26. Mai 2021. Denn Ende Mai muss die Verordnung EU 2017/745 „Medical Device Regulation“, kurz MDR, in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union angewendet werden. Sie ersetzt die aktuell gültige Richtlinie 93/42/EWG über Medizinprodukte.

Praxislabore werden Hersteller – und nicht nur die!

Mit dem MDR werden viele Regelungen, wie sie aus dem noch gültigen Medzinproduktegesetz bekannt sind, deutlich konkretisiert und verschärft. Immerhin wird das MDR Wirtschaftsakteure und Gesundheitseinrichtungen in ganz Europa einbeziehen. Um mehr Patientenschutz zu gewährleisten, werden dazu die gesamte Wertschöpfungskette und der komplette Lebenszyklus eines Medizinprodukts betrachtet.

Vor allem die Hersteller von Sonderanfertigungen, etwa von individuell hergestelltem Zahnersatz, rücken in den Kreis der Hersteller. Darunter fallen wie bisher auch schon Dentallabore, aber künftig ebenso Praxislabore und Zahnärzte, die zwar kein Praxislabor betreiben, aber beispielsweise Zahnersatz im Chairside-Verfahren herstellen.

Das QM muss angepasst werden

Für alle drei Gruppen gelten künftig dieselben Anforderungen. Diese Anforderungen umfassen künftig deutlich mehr als die Erstellung von Konformitätserklärungen, auch Qualitätsmanagementsysteme (QMS) müssen den Anforderungen des MDR angepasst werden. Dazu gehört neben der klinischen Bewertung inklusive der klinischen Nachbeobachtung ein Risikomanagement und eine proaktive Überwachung nach dem Inverkehrbringen.

Ständig aktualisieren, kontinuierlich verbessern

Insbesondere auf den Begriff „Management“ sollte besonderes Augenmerk gelegt werden, denn mit dem einmaligen Anlegen von Checklisten ist es nicht getan. Artikel 10 des MDR schreibt eindeutig vor, dass „Hersteller ein Qualitätsmanagementsystem einrichten, dokumentieren, anwenden, aufrechterhalten, ständig aktualisieren und kontinuierlich verbessern“ müssen.

Wer es ganz genau wissen möchte, dem sei diese Seite empfohlen, auf der das MDR in allen Einzelheiten dargestellt wird – maßgeblich sind insbesondere Artikel 10 „Hersteller“ und „Qualitätsmanagementsystem“ sowie Anhang XIII „Sonderanfertigungen“.)

Praxen und Dentallabore, die bereits über ein (zertifiziertes) QMS verfügen, sind für die Anforderungen des MDR bereits gut aufgestellt. Trotzdem steckt auch hier der Teufel im Detail, und man ist gut beraten, das eigene QMS auf MDR-Konformität zu überprüfen, denn schon ein Gutachterverfahren kann unter Umständen Versäumnisse bei der Umsetzung des MDR ans Licht bringen.

Mögliche Sanktionen stehen noch nicht fest

Auch die Konformitätserklärungen sollten dringend überprüft und um die ab 26. Mai vorgeschriebenen Angaben wie saubere Chargenrückverfolgbarkeit und Qualitätssicherheitsvereinbarungen mit Laborlieferanten ergänzt werden. Denn das MDR verlangt nicht – was unmöglich wäre – dass ein Hersteller von Sonderanfertigungen die Gewährleistung für Ausgangsprodukte seiner Lieferanten übernimmt, aber es muss darauf hingewiesen werden, dass eine Qualitätssicherungsvereinbarung existiert und belegbar ist.

Was mögliche Sanktionen bei Nichterfüllung der Anforderungen des MDR angeht, wird der 25. Februar ein spannender Tag werden. Denn bis dahin müssen alle Mitgliedstaaten der Kommission mitgeteilt haben, „welche Vorschriften und Maßnahmen“ sie zur Sanktionierung von Verstößen gegen die Bestimmungen des MDR festgelegt haben.

Umso mehr heißt es jetzt, einen kühlen Kopf zu bewahren und vor diesem Wust an Vorschriften und Anforderungen nicht zu kapitulieren. Die Umsetzung der Anforderungen des MDR ist machbar, auch wenn die Zeit drängt.

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