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Zahnkorrektur mit ­Memory-Effekt

Intelligente Materialien für die Alignertherapie

Klinisch wirksam, maßgefertigt, unauffällig und komfortabel – die Anforderungen an Aligner für die Therapie von Zahnfehlstellungen sind hoch. So auch an das Material der Korrekturschienen. Ein Team des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Poly­merforschung IAP im Potsdam Science Park entwickelte nun zusammen mit dem Universitätsklinikum Düsseldorf ein hochfunktionales Material, das ganz neue Behandlungskonzepte ermögliche und Kosten reduziere. Dabei setzten die Wissenschaftler auf Polymere mit Formgedächtniseigenschaften.

Effizientere Schienentherapie

Mit Alignern aus Formgedächtnispolymeren könne die Anzahl kieferorthopädischer Zahnschienen im Verlauf einer Therapie reduziert werden. Das neuartige Material verbinde effektive Zahnbewegungen mit effizienterer Ressourcennutzung. „Aligner aus Formgedächtnispolymeren ermöglichen es, die Kraftwirkung auf die Zähne zu kontrollieren und damit die Therapie patientengerechter zu gestalten“, erläutert Dr. Thorsten Pretsch, Leiter des Forschungsbereichs Synthese und Polymertechnik am Fraunhofer IAP, das Konzept. „Unser Aligner erlaubt es, gleich mehrere Schritte der Zahnkorrektur zu verwirklichen“, betont Pretsch. Die Vorteile: Die Anzahl kieferorthopädischer Aligner im Verlauf einer Therapie reduzieren, übermäßigen Materialabfall vermeiden und die Behandlungskosten senken.

Memory-Effekt für die Zahnkorrektur

Formgedächtnispolymere zählen zu den intelligenten Materialien. Aus diesen Kunststoffen lassen sich Objekte fertigen, die ihre Form in einer vorher genau festgelegten Art und Weise ändern. Ein äußerer Reiz wie beispielsweise Wärme löst den Formgedächtniseffekt aus. Die Schiene verändere langsam ihre Form und eröffne so die Möglichkeit, fehlgestellte Zähne in die erwünschte Position zu bewegen.

Zweifach wirksames Alignermaterial

Der Leiter des Projekts am Fraunhofer IAP, Dennis Schönfeld, MSc, synthetisierte für die Anwendung in der Alignertherapie ein thermoplastisches Polyurethan (TPU), das sowohl auf Wärme als auch auf körperwarmes Wasser reagiert. Abhängig davon, wie hoch die Temperatur sei oder wie viel Wasser das Material aufnehme, könne die Formänderung des Aligners in beliebig viele Einzelschritte zerlegt werden.

Die Ergebnisse einer Testreihe mit Modellzahnkränzen belege die Funktionalität des neu entwickelten TPU: Bei der thermischen Behandlung realisierte das Team die Bewegung eines Schneidezahns um maximal 3,5 Millimeter. Zudem sei es gelungen, in körperwarmem Wasser die Form der Schiene in einem vorgegebenen Zeitraum graduell zu verändern. Künftig ließen sich innerhalb der Mundhöhle mithilfe des Speichels der Formgedächtniseffekt hervorrufen und mehrere Korrekturschritte mit einer Schiene verwirklichen.

Die geschickte Wahl der Materialstärke sowie das schrittweise Erwärmen des Aligners erlaubten darüber hinaus, die Krafteinwirkung auf die Zähne zu kontrollieren. „Für kieferorthopädische Anwendungen bergen gerade diese Besonderheiten eine Reihe einzigartiger Vorteile in der Alignertherapie – von kleineren Formanpassungen durch kontrollierte Erwärmung bis zur Verringerung der Zahl der Behandlungsschritte“, unterstreicht Pretsch.

Nahaufnahme einer transparenten Zahnkorrekturschiene auf einem Zahnmodell vor blauem Hintergrund

Mit Alignern aus Formgedächtnispolymeren kann die Anzahl kieferorthopädischer Zahnschienen im Verlauf einer Therapie reduziert werden.

Alignertherapie nachhaltig gestalten

Derzeit beständen Aligner aus Materialien, die unnatürlich starke Druckkräfte hervorrufen. Um eine Zahnfehlstellung zu korrigieren, ohne das anliegende Gewebe zu schädigen, seien daher viele kleine Behandlungsschritte erforderlich. Für jede einzelne Therapiestufe wird eine herausnehmbare, transparente Schiene gefertigt. Studien empfehlen, die Zahnbewegung auf maximal 0,2 Millimeter pro Aligner zu begrenzen.

Die individuell hergestellten Schienen verursachen hohe Behandlungskosten. Abhängig vom Grad der Fehlstellung seien durchschnittlich dreißig bis sechzig Aligner notwendig, um die Zähne über mehrere Monate hinweg in die gewünschte Position zu bewegen. Die Fähigkeit des nun neu entwickelten Polymers, seine Form in vorab festgelegten, kleinen und kontrollierten Schritten zu ändern, besitze das Potenzial, die Anzahl der erforderlichen Etappen bei einer kieferorthopädischen Behandlung im Vergleich zu Therapien mit herkömmlichen Alignermaterialien zu verringern.

Zukunftstechnologie für die dentale Therapie

Bislang wurde das Alignermaterial, das die Forscher am Fraunhofer IAP entwickelt haben, an Modellzahnkränzen getestet. Zur Optimierung für die klinische Anwendung steht die weitere Materialentwicklung im Mittelpunkt. Als Grundlage führt die Poliklinik für Kieferorthopädie des Universitätsklinikums Düsseldorf detaillierte biomechanische Analysen durch. „Unsere Untersuchungen deuten darauf hin, dass das neu entwickelte Material eine deutlich höhere Effizienz aufweist, was für die kieferorthopädische Behandlung große Vorteile bedeutet“, berichtet Professor Drescher vom Universitätsklinikum Düsseldorf. Das Team sei zuversichtlich, die neuartige Technologie auch auf In-vivo-Anwendungen übertragen zu können.

Förderung

Das Projekt „Formgedächtnispolymere für die Kieferorthopädie“ 20400 BG der FGW Forschungsgemeinschaft Werkzeuge und Werkstoffe e.V. wurde über die AiF Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen „Otto von Guericke“ e.V. im Rahmen des Programms zur Förderung der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestags gefördert. Die Ergebnisse des Projekts wurden im Journal „Materials, Special Issue 'Materials and Techniques in Dentistry, Oral Surgery and Orthodontics'“ veröffentlicht.