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Beipackzettel verwirren Patienten

Da hilft auch die Brille nicht immer – obwohl eigentlich bekannt ist, welche Informationsformate funktionieren, führen Beipackzettel oft zu Missverständnissen.

Da hilft auch die Brille nicht immer – obwohl eigentlich bekannt ist, welche Informationsformate funktionieren, führen Beipackzettel oft zu Missverständnissen.
 

Die Beschreibungen von Nebenwirkungen in Beipackzetteln von Medikamenten sind für Patienten oft nicht zu verstehen, dabei könnte schon ein kleiner Zusatz helfen. Zu diesem Schluss kommt eine Onlinestudie des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung in Berlin und der Universität Hamburg mit fast 400 Laien. Die Ergebnisse wurden im Journal „PLOS ONE“ veröffentlicht, meldet der Informationsdienst Wissenschaft idw.

Vergleichende Angaben fehlen

So viel ist sicher: Vor der Einnahme eines Medikaments sollte man den Beipackzettel lesen, um sich vor allem über die richtige Einnahme und mögliche Nebenwirkungen zu informieren. Letzteres ist jedoch meist schwierig. Missverständnisse entstehen vor allem, weil vergleichende Angaben dazu fehlen, wie häufig die als Nebenwirkungen aufgeführten unerwünschten Symptome mit und ohne Arzneimitteleinnahme auftreten. Aktuell sind solche vergleichenden Angaben aber weder auf Beipackzetteln in Deutschland noch in anderen europäischen Ländern zu finden.

Auch Ärzte und Apothker irren

„Den wenigsten Menschen ist bekannt, dass kein ursächlicher Zusammenhang zwischen den als Nebenwirkungen gelisteten Symptomen und der Arzneimitteleinnahme bestehen muss. Eine frühe Studie zeigt, dass selbst Ärzte und Apotheker irrtümlicherweise denken, dass die gelisteten Nebenwirkungen in der genannten Häufigkeit durch das jeweilige Arzneimittel verursacht werden“, sagt Erstautorin Viktoria Mühlbauer, Apothekerin und Doktorandin an der Universität Hamburg.

Onlinestudie

Die Studie untersuchte, ob alternative Beipackzettel mit ergänzten Vergleichsinformationen Fehlinterpretationen verringern. Dafür zeigten die Wissenschaftler in einer Onlinestudie 397 Teilnehmern jeweils einen von vier Beipackzetteln. Alle Beipackzettel listeten dieselben vier Symptome (Nebenwirkungen) auf. Drei der vier Beipackzettel waren dabei alternative Versionen, die die entsprechende Häufigkeit der Symptome sowohl mit als auch ohne Medikament aufführten und zusätzlich Erklärungen zur Kausalität zwischen dem Auftreten der Symptome und der Medikamenteneinnahme lieferten. Der vierte genutzte Beipackzettel in der Studie entsprach dem gegenwärtig in der Praxis verwendeten Standardbeipackzettel. Dieser zeigte  – wie aktuell üblich – ausschließlich Informationen zur Häufigkeit der Symptome unter Medikamenteneinnahme.

Weniger Fehlinterpretationen bei alternativen Beipackzetteln

Bei einer anschließenden Befragung punkteten vor allem diejenigen, die einen alternativen Beipackzettel gelesen hatten. Während nur zwei bis drei Prozent der Teilnehmer mit dem Standardbeipackzettel Fragen zur kausalen Häufigkeit korrekt beantworten konnten, waren es bei den alternativen Formaten bis zu 82 Prozent. Die alternativen Beipackzettel führten somit zu weniger Fehlinterpretationen.

Patienten- und Arzneimittelsicherheit gefährdet

„Das nach wie vor Informationsformate in unserem Gesundheitssystem genutzt werden, die Patienten und praktizierende Ärzte verwirren, ist ein Gesamtproblem, das die Patienten- und Arzneimittelsicherheit gefährdet“, sagt Seniorautorin Odette Wegwarth, wissenschaftliche Mitarbeiterin im Forschungsbereich „Adaptive Rationalität“ des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung. Es gäbe mittlerweile eine fundierte Studienlage dazu, welche Informationsformate Patienten und Ärzte im Verständnis von Nutzen und Schaden medizinischer Interventionen unterstützten und welche nicht.

„Was wir brauchen, um diese Erkenntnisse in der Realität umzusetzen, ist der Wille und die Anstrengung aller Beteiligten im Gesundheitswesen“, so Wegwarth.

Quelle: idw