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Prothesenhygiene ist wichtig für eine gesunde Lunge

Prothesenhygiene

Auch der Prothesenkunststoff zum Gaumen hin muss gründlich gesäubert werden, um Atemwegserkrankungen zu vermeiden.

Mikrobielles Spektrum in Prothesenplaque ist ein Risiko für gefährliche Atemwegserkrankungen: Pathogene Mikroorganismen im dentalen Biofilm können besonders bei älteren Patienten Atemwegserkrankungen aufgrund schlechter Mundhygiene auslösen [1]. Auch das Risiko durch unzureichende Pflege der Voll- oder Teilprothesen ist nicht zu unterschätzen.

So zeigt eine aktuelle Studie der Universität Glasgow Dental Hospital and School (UK), dass knapp zwei Drittel mangelhaft gereinigter Prothesen mit pulmonal-pathogenen Keimen belastet sind. Letztere können aspiriert werden und die Atemwege befallen [2].

Pseudomonas aeruginosa am häufigsten gefunden

Am häufigsten gefunden wurde Pseudomonas aeruginosa, gefolgt von Streptokokkus pneumoniae. Beide sind potenzielle Auslöser schwerer Atemwegserkrankungen, wie Aspirationspneumonien und chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) [2, 3]. Des Weiteren wurden die Spezies Haemophilus influenzae B, Streptokokkus pyogenes und Moraxella catarrhalis nachgewiesen – alle potenzielle Verursacher pulmonaler Krankheiten.


Prothesenhygiene – so wird’s gemacht

  • Eine passgenaue Prothese ist Voraussetzung!
  • nach jeder Mahlzeit unter fließendem Wasser mit Prothesenbürste reinigen – die der Schleimhaut zugewandte Seite nicht vergessen!
  • einmal täglich gründliche Reinigung der Innen- und Außenflächen,
  • keine Zahnpasta verwenden wegen Abrasivität!
  • individueller Silikonträger stabilisiert Prothese und erleichtert Reinigung,
  • Ultraschallbäder sehr sinnvoll bei Prothesenpflege durch andere und im Rahmen des Recalls,
  • Nachts Prothese nicht tragen – das Risiko für Atemwegserkrankungen ist erhöht!
  • Prothese nicht in reinem Wasser lagern – Kontaminationsgefahr!
  • Wasser mit desinfizierender Lösung (zum Beispiel Hypochlorit) mischen für nächtliche Lagerung metallfreier Prothesen

Des Weiteren zu beachten

  • gewissenhafte, tägliche Mundhygiene
  • alkoholfreie Mundspüllösung als längerfristige Maßnahme
  • bedarfsorientierter und temporärer Einsatz von antiseptischen Mundspüllösungen (zum Beispiel CHX)
  • alle drei bis sechs Monate Recall-Termine einhalten

(Die Empfehlungen stammen aus den Beiträgen von O‘Donnell, 2016 [2], und David, 2015 [6].)


Keimspektrum unabhängig von Stomatitis

Plaque-Ablagerungen von 130 Oberkieferprothesen wurden in der Glasgower Studie mittels Ultraschall entfernt und deren DNA extrahiert [2]. Mit Hilfe der Polymerasekettenreaktion (PCR) wurde die DNA gezielt auf pulmonale Keime untersucht.

An einer Prothesenstomatitis litten etwa 37 Prozent der Patienten. Die Prävalenz der genannten Pathogene unterschied sich jedoch bei gesunder und entzündeter Schleimhaut nicht signifikant. Dies spricht laut Studie dafür, dass die Prothese an sich die Kolonisation mit pulmonalen Keimen erhöht.

Prothesen wurden im Schnitt 4,5 Jahre getragen

Aufschlussreich sind auch weitere Details: Die Probanden waren im Durchschnitt 70 Jahre alt und zu zwei Dritteln weiblich, die Prothesen im Schnitt 4,5 Jahre getragen [2]. Ein Drittel der untersuchten „Dritten“ waren Teilprothesen, abgestützt auf mindestens einem natürlichen Zahn. Antibiotika oder verschreibungspflichtige Mundspüllösungen waren sechs Wochen vor der Probenentnahme nicht erlaubt. Der aktuelle gesundheitliche Zustand der Probanden und deren Vorgeschichte wurden nicht näher beleuchtet.

Über Nacht wächst das Risiko

Prothesen, die zusätzlich nachtsüber in situ verbleiben, verdoppeln nach einer weiteren Studie das Patientenrisiko, an einer Atemwegserkrankung zu erkranken [4]. Dazu passt eine weitere Beobachtung aus der Glasgower Studie: Bei mehr als der Hälfte der Probanden, die auch nachts ihre Prothesen trugen, bildete S. pneumoniae die meisten Kolonien. Dies ist laut Studienautoren hoch relevant, da etwa 30 Prozent der Infektionen mit S. pneumoniae therapieresistent sind [2, 5].

Alle genannten Studien zeigen, dass die Prothesenhygiene besonders für ältere Prothesenträger ein Minenfeld bedeuten kann. Das Praxisteam steht deshalb in der Pflicht, auch die allgemeine Gesundheit seiner Patienten im Auge zu behalten und sie entsprechend aufzuklären.

Literatur

[1] Sumi Y, Miura H, Michiwaki Y, Nagaosa S, Nagaya M. Colonization of dental plaque by respiratory pathogens in dependent elderly. Archives of gerontology and geriatrics 2007;44:119-124.
[2] O'Donnell LE, Smith K, Williams C, Nile CJ, Lappin DF, Bradshaw D, et al. Dentures are a Reservoir for Respiratory Pathogens. Journal of prosthodontics : official journal of the American College of Prosthodontists 2016;25:99-104.
[3] Przybylowska D, Rubinsztajn R, Chazan R, Swoboda-Kopec E, Kostrzewa-Janicka J, Mierzwinska-Nastalska E. The Prevalence of Oral Inflammation Among Denture Wearing Patients with Chronic Obstructive Pulmonary Disease. Advances in experimental medicine and biology 2015;858:87-91.
[4] Iinuma T, Arai Y, Abe Y, Takayama M, Fukumoto M, Fukui Y, et al. Denture wearing during sleep doubles the risk of pneumonia in the very elderly. Journal of dental research 2015;94:28s-36s.
[5] Lynch JP, 3rd, Zhanel GG. Escalation of antimicrobial resistance among Streptococcus pneumoniae: implications for therapy. Seminars in respiratory and critical care medicine 2005;26:575-616.
[6] David G, Zimmerling, F. Mit professioneller Mundpflege systemischen Erkrankungen vorbeugen. dzw kompakt 2015;5.