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Sieger beim KunstZahnWerk Wettbewerb – aber gescheitert?
Abdullah, ein engagierter, talentierter angehender Zahntechniker. Der Preisträger des zahntechnischen Nachwuchspreises KunstZahnWerk kämpft um eine Ausnahmegenehmigung für seine Reise zur Preisverleihung in die Schweiz.

Abdullah, ein engagierter, talentierter angehender Zahntechniker. Der Preisträger des zahntechnischen Nachwuchspreises KunstZahnWerk kämpft um eine Ausnahmegenehmigung für seine Reise zur Preisverleihung in die Schweiz.   

Jede Medaille hat zwei Seiten! Gestern noch überglücklich über den Preis beim KunstZahnWerk Wettbewerb und heute verzweifelt an der Bürokratie. Wettbewerbsarbeit „hervorragend“. Asylstatus „Aufenthaltsgestattung“

Abdullah, ein junger Mann aus dem Irak, absolviert im Dentallabor Jung (Kaltenkirchen bei Hamburg) mit Begeisterung, Fleiß und Talent eine Ausbildung zum Zahntechniker. „Im Dezember 2015 kam Abdullah mit seinen drei jüngeren Brüdern und seiner Mutter ohne Deutschkenntnisse nach Bad Bramstedt. Während seines Praktikums bei einer befreundeten Zahnärztin lernte ich ihn im April 2016 kennen“, erinnert sich ZTM Stefan Kloos (Laborinhaber).

Abdullah zeigte sich sehr interessiert an der zahntechnischen Arbeit. Nach einem Praktikum im Labor wurde der Ausbildungsvertrag abgeschlossen. Während die Mutter und Brüder offiziell als Flüchtlinge in Deutschland anerkannt sind, ist das Verfahren von Abdullah aufgrund seiner Volljährigkeit noch nicht abgeschlossen. Derzeit gilt er als „geduldet“.

Dentallabor zeigt, wie Integration gelingen kann

Von Beginn an war er wissbegierig und motiviert. Jede Gelegenheit, sich zahntechnisch zu entwickeln, nahm Abdullah wahr. Innerhalb kurzer Zeit verfeinerte er auch seine deutschen Sprachkenntnisse. Schon bald konnte man sich mit ihm gewählt und bereichernd über jedes Thema unterhalten. Im November 2017 entschied sich Abdullah, beim Candolur „KunstZahnWerk Wettbewerb“ – einem anerkannten zahntechnischen Nachwuchspreis – teilzunehmen. Nach Erhalt der Aufgabe setzte er sich eifrig an die Wettbewerbsarbeit und fertigte zwei Totalprothesen nach Prof. Gerber inklusive einer Text- und Bild-Dokumentation. Mitte März 2018 kam die ersehnte Nachricht von Candulor (Schweiz). Das Ergebnis seiner Wettbewerbsarbeit: „Hervorragend“. Abdullah hat den ersten Platz in der Kategorie „Print Dokumentation“ gewonnen und landete unter den Top 3 der Wettbewerbsarbeiten.

Insgesamt nahmen 40 angehende Zahntechniker teil. Ein großer Erfolg für Abdullah. Die Freude bei dem bescheidenen, zielstrebigen jungen Mann ist riesengroß. Familie, Freunde und Kollegen sind mächtig stolz. Die Preisverleihung soll am 2. Juni 2018 anlässlich der Dental Messe in Bern stattfinden. Candulor lädt alle Preisträger ein und übernimmt die Reise- und Hotelkosten.

An Grenze gescheitert?

Bis hierhin ist das eine Erfolgsstory von gelungener Integration. Und nun kommt die traurige Seite der Geschichte. Aufgrund seines Status „Aufenhaltsgestattung“ mit offenem Asylverfahren wird Abdullah die Reise nach Bern untersagt. Er kann nach derzeitigem Stand seinen ersehnten Preis nicht persönlich entgegennehmen. Dies entspricht der aktuellen Gesetzeslage.

Nun geht es um die Möglichkeit einer politischen Regelung oder Ausnahmeregelung. Abdullah und sein Chef Stefan Kloos lassen keine Möglichkeit offen; sie wollen der Preisverleihung gemeinsam beiwohnen. Alle Bitten und Anträge bei der Ausländerbehörde, Botschaft, Amtsgericht und Politik führten in den vergangenen Tagen noch keine positive Entscheidung herbei, doch so langsam kommt Bewegung in die Sache.

Bemerkenswert und zugleich erfreulich ist die Tatsache, dass alle involvierten Institutionen sehr bemüht sind. Ziel ist die Ausnahmegenehmigung für Abdullah. „Wir bleiben am Ball und versuchen alles, um den verantwortlichen Stellen eine positive Entscheidung möglich zu machen“, sagt Stefan Kloos. Abdullah ergänzt: „Mir und meiner Familie wird in Deutschland eine wunderbare Chance für unsere Zukunft geboten. Dafür bin ich unsagbar dankbar! Die Reise nach Bern wäre für mich ein Glücksmoment, der mir für meine zahntechnische Zukunft noch mehr Motivation geben würde. Ich hoffe, dass trotz der Hürden alles gut wird.“

Wie es weitergeht? Gibt es seitens der Behörden eine Ausnahmegenehmigung? Abdullah wird ein guter Zahntechniker werden – ob er in Bern seinen Preis entgegennehmen darf oder nicht. Aber seien wir mal ehrlich. Liegt es nicht im menschlichen Wesen begründet, einen fair und hart erarbeiteten Preis mit großem Stolz entgegen zu nehmen und sich mit allen Preisträgern – über Grenzen und Herkunft hinweg – gemeinsam darüber zu freuen? Auch das ist ein Stück weit Integration!

Annett Kieschnick, Freie Fachjournalistin