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Private Nutzung in der Praxis – erlauben oder verbieten?
Smartphone

Nicht nur in der Pause beliebt: das Smartphone.

Für viele Mitarbeiterinnen in der Zahnarztpraxis ist es selbstverständlich, privat zu kommunizieren, schnell mal nebenbei während der Arbeitszeit. Die Smartphonenutzung erfolgt meist heimlich.

Nach Schätzungen ist jede Mitarbeiterin bei weniger dringenden Aufgaben am Arbeitsplatz täglich etwa 15 Minuten mit ihrem Handy beschäftigt. Da kommen im Lauf des Monats einige Stunden zusammen und es ist verständlich, dass der Zahnarzt auf diese Situation reagiert. In Stoßzeiten und bei wichtigen Arbeiten sind die Mitarbeiterinnen zwar diszipliniert, aber zwischendurch ist die Versuchung groß, vor allem wenn auch die Kollegin telefoniert oder Nachrichten schreibt. Es sind übrigens nicht nur die jüngeren, die das Smartphone häufig nutzen.

Sogar in der Pause wird digital kommuniziert, statt sich mit den Kolleginnen zu unterhalten. Schade, denn die persönliche Kommunikation ist für die Beziehungen unter den Kolleginnen wichtig. Die beste Möglichkeit hierzu ist die Pause, in der  man sich näherkommt und Privates austauschen kann. Das Smartphone wird zum Stressauslöser, wenn es immer dabei ist, beim Kaffee in der Pause, beim Mittagessen und direkt am Arbeitsplatz.

In vielen Zahnarztpraxen ist die Nutzung des Handys nicht eindeutig geregelt. Sicher drückt der Chef auch mal ein Auge zu. Was soll man zulassen, was verbieten? Für die Frage der Nutzung des Handys ist die juristische Betrachtungsweise allein nicht ausreichend. Eine permanente personenbezogene Kontrolle ist nicht verhältnismäßig und juristisch nicht durchführbar, erst recht nicht, wenn die Kontrolle heimlich vorgenommen wird. Wer einen Verdacht gegen eine bestimmte Mitarbeiterin hat, kann sie ansprechen, vor allem, wenn Arbeit liegen bleibt oder fehlerhaft erledigt wird. Der Zahnarzt muss aber mit dem Einwand rechnen, dass andere auch ihr Handy nutzen und in anderen Arztpraxen die Handynutzung großzügig geregelt ist.

Mitarbeiterinnen, die durch besonders gute Leistungen auffallen, möchten das Recht haben, zwischendurch das Smartphone zu nutzen. Damit ist die Nutzung nicht geregelt, und was man der einen Mitarbeiterin gestattet, kann man einer anderen nicht verbieten. Gibt es keine Regelung über die Nutzung von mobilen Telefonaten, wird die Mitarbeiterin davon ausgehen, dass sie sich korrekt verhält und es nicht zu einer Abmahnung kommt. Die Genehmigung nach dem Motto „Handynutzung in angemessenem Umfang erlaubt“ ist unklar. Das Verbot ausgehender Gespräche und die Genehmigung für eingehende Kontakte schafft eine Differenzierung, die nur schwer kontrollierbar ist. Wie soll man prüfen, ob die Mitarbeiterin mit einem eingehenden Gespräch beschäftigt ist? Möglich ist eine Ergänzung im Arbeitsvertrag über die Nutzung digitaler Medien.

Im Arbeitsrecht gibt es den Begriff „Duldung“. Es kann geduldet werden, wenn jemand eben mal privat surft oder telefoniert. Bei Duldung weiß der Zahnarzt, dass eine Mitarbeiterin private Mails checkt oder telefoniert, und er unternimmt nichts dagegen. Eine Mitarbeiterin kann nicht beim ersten Verstoß entlassen werden, auch wenn sie eine Erklärung unterschrieben hat, die ihr digitale Privatkontakte untersagt. Kleine „Sünden“ werden nicht gleich als Vergehen bestraft, es kommt eben auf die Verhältnismäßigkeit an. Telefondauer und Tageszeit sowie Häufigkeit der Privatgespräche machen den Unterschied aus. Die Regelung der Handynutzung gilt für alle, denn Gleichbehandlung aller Mitarbeiterinnen sollte gewährleistet sein. Durch Vernachlässigung des Gleichbehandlungsprinzips würde sich das Praxisklima verschlechtern.  


Digital Detox

Multitasking verlangt eine große Konzentration und führt zur Fehlerhäufigkeit. Die meisten wollen auf eine eingehende Nachricht sofort reagieren. Das Smartphone unterbricht eine Arbeit für Sekunden, aber danach muss man sich wieder in die Tätigkeit hineindenken. Ideal wäre es, wenn das Mobiltelefon gar nicht am Arbeitsplatz ist, denn wenn es vibriert, kreisen die Gedanken der Mitarbeiterin um die eingegangene Nachricht. Und im Mittelpunkt steht dann im Moment nicht mehr die Arbeit. Abstinenz vom Smartphone zeigt, dass es auch ohne geht. Zumindest kann man den Telefonpartner bitten, nur in sehr dringenden Fällen anzurufen. Für die ZFA entsteht die Frage, inwieweit sie sich disziplinieren kann und das Handy beiseite legt, um sich voll auf die Arbeit zu konzentrieren.



Rolf Leicher, Heidelberg