Anzeige

Neues aus der Implantologie

Einen Überblick über neue Erkenntnisse in der Implantologie und ihre Bedeutung für die Praxis gaben die DGI-Verantwortlichen und Moderatoren der einzelnen Sessions im Pressegespräch.

Was gibt es Neues in der Implantologie? Einen Überblick darüber verschafften sich jetzt rund 1900 Teilnehmer beim 31. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Implantologie (DGI) in Düsseldorf. Motto der mit mehr als 100 Beiträgen und 91 Referenten beeindruckenden Veranstaltung: „Resultate und Konsequenzen“.

Zur Kongress-Halbzeit präsentierte zudem eine gut aufgelegte Moderatorenriege Auszüge davon im Pressegespräch unter dem Stichwort „Update Implantologie 2017/18“. Immer wieder deutlich dabei: der Trend in Richtung personalisierte Implantologie, dem die DGI auch mit der Ausrichtung ihres Kongresses 2018 Rechnung tragen wird.

Neues im Kongressformat

Tagungspräsident PD Dr. Gerhard Iglhaut, Memmingen, zeigte sich in Düsseldorf zufrieden mit einigen Neuerungen im Kongressformat. So bot der Kongress erstmals ein Forum International. „Es war für uns wichtig, über den nationalen Tellerrand zu schauen“, erläuterte Iglhaut, ein absolutes Highlight sei dabei der Vortrag von Prof. Dr. Jan Lindhe gewesen, „ein einmaliges Erlebnis, ihn noch einmal sprechen zu hören.“

Zweites Novum: Erstmals waren für die einzelnen Sessions Moderatoren verantwortlich, die jeweils zum Abschluss gemeinsam mit den Referenten eine für die Praxis wichtige „Take-home-Message“ formulierten.

Premiere auch für das Patientenforum der Deutschen Stiftung für Implantologie (DSI), bei dem Patienten ihre Fragen zum Thema loswerden konnten. „Das Wissen soll zum Patienten kommen“, erläuterte Iglhaut, das Forum der seit 2009 bestehenden Stiftung sei dafür „ein positiver Einstieg“ gewesen.

Update Periimplantitis

DGI-Präsident Prof. Dr. Frank Schwarz, Düsseldorf, leitete kurz in das „Dauerthema Periimplantitis“ ein und übergab das Wort dann an PD Dr. Jan Derks, Göteborg. Derks berichtete unter dem Aspekt Implantologie über den Klassifikations-Workshop der American Academy of Periodontology (AAP) und der European Federation of Periodontology (EFP) in Chicago, bei dem erstmals auch Implantate und periimplantäre Erkrankungen in einer eigenen Arbeitsgruppe diskutiert wurden.

Ein Meilenstein, so Derks, denn: Die internationalen Experten – "da treffen sich Kontinente und Weltanschauungen" – hätten sich auf eine klare Periimplantitis-Definition geeinigt, bei der Zahnfleisch und Inflammationsgedanke in den Vordergrund rücken. Laut Definition handelt es sich bei Periimplantitis um einen pathologischen Prozess in den Geweben um die Zahnimplantate, geprägt von einer Entzündung des Weichgewebes und progredientem Knochenabbau. Der Knochenabbau grenzt die Periimplantitis von einer Mukositis ab, bei der das Gewebe zwar blutet, sich aber kein Verlust des marginalen Knochens zeigt. Mögliche Konsequenzen für den Kliniker erläutert Dr. Jan Derks im dzw-Interview.

 

Risikofaktoren

DGI-Vizepräsident Prof. Dr. Dr. Knut A. Grötz , Wiesbaden, konstatierte beim Thema Risikofaktoren (Diabetes mellitus, Osteoporose, Einnahme von Immunsuppressiva, Antiresorptiva, Angiogenesehemmer) einen sich derzeit vollziehenden Paradigmenwechsel. Es gebe inzwischen kaum noch absolute Kontraindikationen, damit wachse die Zahl der Patienten, die von einer Implantatbehandlung profitieren könnten. Allerdings werde durch den demografischen Wandel und komplexe medizinische Therapien künftig ein Drittel der Patienten als Risikopatienten gelten.

Grötz machte zudem schon einmal auf den DGI-Kongress 2018 aufmerksam: „Implantologie für Alle? Personalisierte Implantologie.“ Unter diesem Motto steht das Treffen vom 29. November bis zum 1. Dezember 2018 in Wiesbaden, das Grötz leiten wird.

Keramikimplantate

Boomthema in der Implantologie aktuell: Keramik. „Keramikimplantate sind da, sie werden nachgefragt und sie funktionieren“, stellte Prof. Dr. Kai-Hendrik Bormann, Hamburg, klar, warnte allerdings vor einer "Emotionalisierung" der Debatte Titan gegen Keramik. Keramikimplantate seien nicht da, um Titan zu verdrängen, sie könnten einfach für einen bestimmten Personenkreis eine passende und sinnvolle Alternative sein.

Mittlerweise seien hierzulande 15 verschiedene keramische Implantatsysteme auf dem Markt, Tendenz steigend. Nach den ersten einteiligen Keramikimplantaten gebe es inzwischen auch zweiteilige, die sich allerdings in klinischen Untersuchungen noch bewähren müssten. Generell bescheinigten Studien Keramikimplantaten eine hervorragende Gewebeverträglichkeit und Ästhetik und eine den Titanimplantaten ähnlich gute Osseointegration. Bormann: „Die Datenlage in den Untersuchungen zur Osseointegration ist gut, aber zum klinischen Erfolg sehr heterogen.“ Als Ursache benennt Bormann die Unterschiede in Herstellung und Oberflächenbehandlung, „es gibt keine einheitlichen Qualitätsstandards.“ 

Knochenaufbau und Weichgewebsregeneration

Ein Team um Prof. Dr. Dr. Henning Schliephake, Göttingen, hat die klinische Wirksamkeit verschiedener Knochenersatzmaterialien zur Augmentation des Alveolarkamms in einer Meta-Analyse bewertet. Er betonte, dass Biologie und Geometrie des Knochendefekts die Materialauswahl bestimmen. Bei vestibulären Dehiszenzdefekten innerhalb der Knochenkontur könne man 80 Prozent des Defektvolumens mit Ersatzmaterial aufbauen. Bei lateralen/vertikalen Defekten außerhalb der Knochenkontur könne eine durchschnittliche Augmentationshöhe und -breite von etwa 3,5 Millimetern mit akzeptabler Stabilität erwartet werden. Das neue Verfahren der Titan-Meshes ermögliche eine Verbesserung der vertikalen Augmentationsdimension. Für einen signifikant größeren Höhengewinn werden extraorale Knochentransplantate erforderlich.  

Prof. Dr. Dr. Frank Palm, Konstanz, bezog sich auf die im August 2017 vom Paul-Ehrlich-Institut veröffentlichte „Richtlinie zur Gewinnung von Blut und Blutbestandteilen und zur Anwendung von Blutprodukten“ (Richtlinie Hämotherapie) und formulierte seine Skepsis gegenüber xenogenen Knochenersatzmaterialien. Bei xenogenen Knochenersatzmaterialien bestehe theoretisch ein Infektionsrisiko mit Prionen, den Erregern der Creutzfeld-Jakob-Krankheit des Menschen, deshalb ziehe er synthetische Knochenersatzmaterialien vor, beziehungsweise autologen Knochen des Patienten bei einem erforderlichen vertikalen Aufbau oder größeren Defekten.

Bei einem Sinuslift verwendet Palm Knochenersatzmaterial aus Beta-Tricalciumphosphat-Keramik. 1,5 Mio. Anwendungen damit seien dokumentiert, aber keine einzige Nebenwirkung. Zudem gebe es Hinweise auf einen positiven Einfluss des Calciums, freigesetzt bei der Degradation des Ersatzmaterials, auf die Knochenregeneration. 

Implantate brauchen mehr

Wie viel keratinisierte, wie viel befestigte Gingiva braucht ein Implantat? Auf diese Frage gebe es keine eindeutige Antwort, unterstrich Prof. Dr. Michael Stimmelmayr, Cham. Einig seien die Experten sich darin, dass Implantate mehr brauchen als ein gesunder Zahn.