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Speichel-Aerosole als Infektionsquelle kontrollieren

Neues aus der oralmedinischen Forschung

Oralmedizin kompakt: Frisches Wissen für Ihre Praxis

Für Ihre Patienten wollen Sie auf dem Laufenden bleiben. Welche Methoden funktionieren – und sind möglichst mit Studien abgesichert? Die Kolumne Oralmedizin kompakt liefert Antworten. Fachjournalist Dr. med. dent. Jan H. Koch sichtet für Sie laufend wissenschaftliche und praxisorientierte Publikationen oder berichtet von Veranstaltungen. Die Beiträge finden Sie online auf unserer Landingpage. Gehen Sie auf Entdeckungsreise!

Biofilm-Management mit Airflowing

Experimentelles Setting zur Untersuchung der Aerosol-Exposition beim professionellen Biofilm-Management mit Airflowing. 

Speichel-Aerosole als Infektionsquelle kontrollieren

Speichel ist ein Vehikel für Infektionen mit einer Reihe von Viren. Bei Sars-CoV-2 (Covid-19) beruht dies wahrscheinlich darauf, dass das Virus an zelluläre Enzyme (ACE2) bindet. In einem Übersichtsartikel aus China wird erläutert, dass sich diese Enzyme in großer Menge auch in Epithelzellen der oralen Mukosa und Speicheldrüsengänge finden [1].

In Analogie zum eng verwandten Coronavirus Sars-CoV-2 wird daher angenommen, dass orale Epithelien eine wichtige Rolle im Infektionsgeschehen spielen. Die Speichelkonzentration von Sars-CoV-2 ist sogar höher als in Rachenabstrichen und es wird eine entsprechende Infektiosität über speichelkontaminierte Aerosole vermutet. Neben der Atemluft könnten dabei auch Oberflächen eine Rolle spielen.

Auf Basis dieser Erkenntnisse wurden umfangreiche zahnärztliche Vorsichtsmaßnahmen formuliert, die in verschärfter Form für positiv getestete Patienten gelten [2]. Diese haben in Bezug auf Patienten-Screening, Einhalten der AHA-Regeln, Raumlüftung und Schutzkleidung einschließlich Brillen bis heute ihre volle Gültigkeit.

Allerdings relativierte die Bundeszahnärztekammer in ihrer am 26. Juni 2020 aktualisierten Stellungnahme ihre Empfehlungen zu Aerosolen, die zunächst nach Möglichkeit vollständig vermieden werden sollten [3]. „Für eine Übertragung von Covid-19 durch Aerosole in der Zahnmedizin“ gibt es demnach „bisher keinen Nachweis“. Die notwendige Reduzierung des Spraynebels erfolge „zuallererst durch eine effiziente, hochvolumige Absaugung“. Details zu diesem Thema enthält ein aktueller Fachbeitrag in den „zahnärztlichen mitteilungen“, mit Fokus auf professionelles Biofilm-Management (Volltext online verfügbar) [4].

Die Autoren des chinesischen Übersichtsartikels weisen zusätzlich darauf hin, dass Winkelstücke einen Rücksaug-Stopp aufweisen sollten, um Kreuzkontaminationen zu vermeiden [1]. Absaugkanülen sollten für denselben Zweck Nebenlufteinlässe enthalten, entsprechende Produkte sind zum Beispiel von Dürr Dental und Dentsply Sirona erhältlich. Ein Infektionsrisiko besteht auch durch Blut-Tröpfchen, die bei oralchirurgischen Eingriffen entstehen [5]. Neben Sars-CoV-2 schützen die genannten Maßnahmen nach aktuellem Wissensstand auch vor anderen pathogenen Viren, zum Beispiel Herpes simplex, Hepatitis, HPV und HIV.

Literatur

[1] Li Y, et al.; Mol Oral Microbiol 2020. 35 (4): 141-145.
[2] Institut der Deutschen Zahnärzte IDZ; System von Standardvorgehensweisen; Version 3.0 (24.04.2020).
[3] Bundeszahnärztekammer BZÄK; Sars-CoV-2/COVID-19 Risikomanagement: Aerosole. abgerufen 2020_07_31.
[4] Donnet M, et al.; zahnärztliche mitteilungen 2020. 110 (12): 1194-1196.
[5] Aguilar-Duran L, et al.; The Journal of the American Dental Association 2020. 151 (6): 438-443.