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Trommeln für Dental Future

Auch in seiner dritten Ausgabe bot der Kongress „Alles außer Zähne“ Information, Inspiration und eine gute Gelegenheit, Netzwerke auszubauen.

Auch in seiner dritten Ausgabe bot der Kongress „Alles außer Zähne“ Information, Inspiration und eine gute Gelegenheit, Netzwerke auszubauen.

Wie können sich Zahnärzte für die dentale Zukunft rüsten? Welche Herausforderungen sind zu meistern, um auf dem Markt erfolgreich zu sein und zu bleiben? Der etwas andere Dental-Kongress „Alles außer Zähne“ am 12. und 13. Januar in Berlin stellte den Zahnarzt als Unternehmer in den Mittelpunkt.

Für die 3rd Edition der Kongressreihe „Alles außer Zähne“ hatten die Initiatoren einen besonders passenden Ort gewählt: Wo das Grand Hyatt Hotel am Potsdamer Platz heute steht, verlief noch vor 30 Jahren die Mauer. „Eine famose Leistung, wie sich der Platz seitdem verändert hat“, fand Organisator Carsten Schlüter, Geschäftsführer der Praxismarketing-Agentur M:Consult. Auch die Dentalwelt befindet sich im Wandel. Ob Digitalisierung, Peronalführung oder Marketing: Zahnärzte meistern heute weit mehr als medizinische Herausfordungen. 270 Zahnmediziner und dentales Fachpersonal nahmen an dem Kongress, bei dem alles aus dem Praxisalltag – außer eben Zähne – im Vordergrund stand, teil.

Bildergalerie zum Kongress "Alles außer Zähne" 2018:


 

Die Kernfrage lautete: Wie stelle ich mein Unternehmen für die Zukunft auf? Initiatorin Dr. Sabine Hopmann, Zahnärztin und Vorsitzende der Studiengruppe für restaurative Zahnheilkunde e.V., ermutigte junge Zahnärzte, sich etwas zu trauen. Gute Zahnheilkunde und ein moderner Führungsstil gehören für sie zusammen, um eine Praxis erfolgreich für die Zukunft aufzustellen. Aber was zeichnet moderne Führung aus?

Führung auf Augenhöhe

Dr. Susanne Klein, Psychologin, EMCC Master Coach und Autorin, machte den Zuhörern bewusst, dass ein autoritärer Führungsstil heute beim Personal nicht mehr ankommt. Wer nach dem Motto „follow me“ arbeitet, stehe seinem Erfolg im Weg. „Menschen sind nicht dazu geboren, Anweisungen auszuführen“, so die Referentin. Eine moderne Alternative zum klassischen Führungsstil setze auf die Selbstführungskompetenz der Mitarbeiter. Anhand von sechs Prinzipien erklärte Klein gemäß ihrem Vortragthema „Augenhöhe, Selbstverantwortung und andere Alternativen zur klassischen Führung“, wie die Zusammenarbeit zwischen Vorgesetztem und Team funktionieren kann. In Zahnarztpraxen arbeiten Chef und Assistenz auf engem Raum zusammen. Konflikte stellen hier hohe Anforderungen an alle Beteiligten. Laut Klein meistern dies die meisten Praxen gut. Bei der Umsetzung der Alternativen zum klassischen Führungsstil empfiehlt die Psychologin, mit der Augenhöhe anzufangen.

PS für die Praxis

Um Eigenverantwortung und Selbstbestimmung ging es auch bei Christine Walker, die „Freie Tage in der Chefetage“ ankündigte. Die Unternehmerin arbeitet laut eigener Aussage sechs Stunden am Tag. Die Voraussetzung: Hinter jedem erfolgreichen Chef stehe ein eigenverantwortliches Team. Walker wählte ein Beispiel aus dem Rennsport: Warum gelingt ein Reifenwechsel beim Boxenstopp in 2,6 Sekunden? Neben Training, Schnelligkeit, Verantwortung und Routine ist ein Punkt ausschlaggebend: Der Pilot vertraut seinem Team und bleibt im Cockpit. Der erfolgreiche Chef schaffe sich Zeit für Kreativität und arbeite nach dem Minimaxprinzip: faul, aber effektiv. Nur 25 Prozent der Führungskräfte nutzen das Potenzial ihrer Assistenz. Doch ein Porsche will ausgefahren werden. Um flexible und strukturierte Abläufe zu schaffen und mehr Zeit zu gewinnen, seien Standards nötig.

Dr. Nicole Eicker-Rohmann und Dr. Lutz A. Eicker lernten Carsten Schlüter bei seiner Kundenreisen nach Mallorca im vergangenen Sommer kennen. „Wir wollen unsere Praxis als Marke etablieren“, haben sich die Zahnedizine aus Versmold bei Gütersloh zum Ziel gesetzt. Zum Vortrag von Walker meint Eicker: „Wir delegieren schon viel, aber das ist noch ausbaufähig. Man macht noch zu viel selber.“ Assistentin Ute Thelen nahm zusammen mit ihren Chefs an dem Kongress teil.

Dentrepreneur 2018

Mit dem Titel „Dentrepreneur des Jahres“ wurde erstmals ein Zahnarzt gekürt, der in seiner beruflichen Laufbahn ein besonderes unternehmerisches Engagement bewiesen hat. Als Dr. Jochen K. Alius’ Partnerpraxis pleiteging, gab der junge Zahnarzt nicht auf und machte aus einer gescheiterten Praxis ein florierendes Unternehmen. „Bei unserem Kongress steht das Unternehmertum im Vordergrund. Wir möchten aus jedem Zahnarzt einen Entrepreneur machen“, sagte Schlüter. Mit der Auszeichnung sollen auch künftig Zahnärzte mit herausragenden unternehmerischen Fähigkeiten, spannenden Geschichten und Anstößen für alle gewürdigt werden.

Dentrepreneur des Jahres 2018: Die Kongressteilnehmer stimmten für Dr. Jochen K. Alius aus Nürnberg.

Dentrepreneur des Jahres 2018: Die Kongressteilnehmer stimmten für Dr. Jochen K. Alius aus Nürnberg.

Das gute Bauchgefühl

Was haben Fußballfans und Patienten gemeinsam? Sie fühlen sich optimalerweise beide durch ein positives Gefühl mit ihrem Fußballverein beziehungsweise Zahnarzt verbunden. Diesen Gedanken griff Dennis C. Thom, Marketingleiter bei Borussia Dortmund, in seinem Vortrag auf. „Wir waren 2005 fast pleite“, stieg er in das Thema „Emotionale Markenbildung“ ein. „Wir hatten kein einheitliches Markenbild und keine festgeschriebene Identität“, erzählte der 36-Jährige weiter. In den sieben Jahren der Markenbildungsarbeit habe Borussia auf das intensive Fussballerlebnis und das Band zwischen Fans und Verband gesetzt – auf „echte Liebe“ eben. Ein gutes Bauchgefühl sei gerade in der Zahnärzteschaft relevant. „Der Patient weiß nämlich nicht so genau, was er hat und möchte sich möglichst entspannt und angstfrei behandeln lassen“, so Thom.

Wie kann die Marke Zahnarzt dieses Gefühl schaffen? Inwiefern kann er einen Patienten von der ersten Begegnung an begleiten wie ein Fußballverein einen Fan? Wie werde ich wahrgenommen? Laut Thom sind das die Kernfragen. Wer „nur in der eigenen Suppe schwimmt“ und sich nicht mit den Kollegen zum Beispiel auf Kongressen austauscht, riskiere einen Abstieg. Um nicht ins Abseits zu geraten, seien unter anderem die kleinen Maßnahmen mit großer Strahlkraft wie eine unkomplizierte Rufumleitung im Telefonsystem der Praxis wichtig. Gerade in puncto digitale Terminplanung hätten viele Zahnarztpraxen einen enormen Nachholbedarf. Der Zahnarzt als Marke sollte jedoch vor allem Vertrauen ausstrahlen, betonte Thom.

Über den Tellerrand blicken

„Vom Weg abkommen, um nicht auf der Strecke zu bleiben“ war das Motto des Auftaktvortrags am zweiten Kongresstag. Beate Recker, Tanz- und Ausdruckstherapeutin, motivierte das dentale Publikum, in Sachen Teamführung Neues zu wagen. Der althergebrachte Führungsstil nach dem Prinzip kommandieren, kontrollieren, korrigieren fordere Mitarbeiter nicht heraus. Wer hingegen fordert, fördert und Feedback gibt, sporne sein Team an. Für Recker ist Feedback das wichtigste Führungsinstrument. Eine souveräne Führungskraft kenne nicht nur die Stärken und Schwächen ihrer Mitarbeiter, sondern sei auch selbst kritikfähig. Sie sollte ihre Erfolgseigenschaften kennen, aber auch ihren „Kränkungsknopf“. Humor, eine positive Selbstbewertung und Begeisterungsfähigkeit seien weitere, wichtige Führungskompetenzen. Fazit: Wenn Konflikte durch konstruktives Feedback, kreative Kommunikation und Humor bewältigt werden, können sie zum Erfolg des Unternehmens beitragen.

Gesundheit als Basis für ein erfolgreiches Unternehmen

Das Team harmoniert, die Assistenz ist perfekt organisiert, die Mitarbeiter leistungsorientiert – und dann wird der Chef krank. Der Zahnarzt sei das „teuerste Gerät“ in der Praxis, so Schlüter. Er stehe auch aus unternehmerischer Sicht in der Verantwortung, auf seine Gesundheit zu achten. Prof. Dr. Dieter Müller beschäftigt sich wissenschaftlich mit der Regeneration der Vitalkräfte. Die drei Säulen der Prävention sind nach seinem Konzept die Ernährungs-, Bewegungs- und Mentalmedizin. Zu Beginn seines Vortrags mit dem Titel „Der Weg zu einem vitalen Leben“ lobte er die Zahnärzte für ihr Engagement in Sachen Prophylaxe. Zahnmediziner seien häufig Arzt und Unternehmer. Der Spagat zwischen zwei anspruchsvollen Berufen könne im Hamsterrad enden. Zahnärzte seien überdurchschnittlich oft von Erkrankungen der Halswirbelsäule betroffen. Müller empfahl den Zuhörern, öfter mal „die Handbremse zu lösen“. Der Mensch sei mit einem Potenzial von 120 Jahren geboren. Zwischen dem vierzigsten und fünfzigsten Lebensjahr kommt es zu einem Vitalitätsverlust.
Die Abbrenngeschwindigkeit der „Zündschnur“ unserer Chromosome (Telomere) könne man durch Prävention beeinflussen. Als gesundheitliches Problem sieht Müller unter anderem die Schwermetallbelastung, beispielsweise durch Amalgam. Zahnärzten haben ein erhöhtes Risiko, an der Schilddrüse zu erkranken.

„Social Media – Pflicht oder Kür?“

Was hat die Google-Suche mit Facebook zu tun? Was ist ein MAU? Und vor allem: Brauchen Zahnärzte Social Media? „Das müssen Sie selbst entscheiden“, sagte Björn Tantau zu Beginn seines Vortrags „Social Media – Pflicht oder Kür?“. Die Mechanismen sind für alle gleich, ergänzte der Spezialist für Webmarketing. Worum es für Zahnärzte in Social Media auf jeden Fall geht, seien erhöhte Aufmerksamkeit und überzeugte Patienten. Wer im Internet gefunden werden will, muss vor allem den „monthly active user“ (MAU) im Auge behalten, fügte der Experte hinzu.

Auf Facebook wiederum sei unter anderem die Selbstdarstellung wichtig. Es gehe beispielsweise darum, Serviceinformationen wie Öffnungszeiten und Parkmöglichkeiten zu bieten und laufend Fragen zu beantworten. Und in jedem Fall plattformübergreifend für gute Bewertungen zu sorgen. Man sollte proaktiv mit Flyern, Aufstellern und durch persönliche Ansprache Patienten zum Bewerten animieren. Fazit: Social Media ist für Zahnärzte keine Pflicht, sondern Kür. Wer sich dafür entscheidet, sollte es in jedem Fall professionell tun.

Dental Future

„Viel zu lernen du noch hast, lieber Zahnarzt“ – diese Worte legten Carsten Schlüter und Jens Pätzold als Einstieg in das Abschlussthema „Dental Future – ein Blick in unsere Zukunft“ der Star-Wars-Figur Yoda in den Mund. Denn schon in naher Zukunft werden sich die Humanmedizin und die dentale Welt gravierend verändern. Ein Roboter als Zahnarzt? – „Das ist keine Spinnerei, sondern bereits Realität“, sagte Schlüter und nannte den „Da Vinci Surgical Robot“ und den „Dental Micro Drill“ als Stichworte. Neben den Themen Fernbehandlung und Patientenautonomie sei unter anderem die Rolle der Versicherer hoch brisant.

Der Zahnarzt wird künftig teilweise überflüssig sein, resümierten die Referenten, doch sind beispielsweise Endodontie und der Bereich Angstpatienten nur schwer digitalisierbar. Wichtig sei es, Geschäftsfelder der Zukunft im Auge zu behalten, neueste Entwicklungen zu verfolgen und das Unternehmen Zahnarztpraxis für die Zukunft aufzustellen. „Alles wird gut, nur für wen, steht nicht fest“, würde Yoda sagen.

„Der Kongress ist großartig gelaufen“, sagte Carsten Schlüter abschließend. Er habe ein tolles Feedback bekommen und freue sich schon auf die vierte Kongress-Auflage zum Jahresauftakt 2019. „Egal, wen wir im kommenden Jahr dazu holen als Referenten – es wird genauso spannend wie dieses Jahr“, sagte er gegenüber der DZW.

Weitere Informationen zum Kongress finden Sie unter www.alles-ausser-zaehne.de.

Nina Eckardt und Joanna Cornelsen