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Muss ich bei einem Unwetter zur Arbeit fahren?
Ein Mann schippt Schnee vor einem Auto.

Bei einem Unwetter ist der Weg zur Arbeit mit manchen Hindernissen versehen.

Muss ich bei einem Unwetter zur Arbeit fahren? Diese Frage mag sich manch Arbeitnehmer stellen, wenn wieder ein  Sturm durch das Land braust. Und die Antwort lautet, wie so oft bei rechtlichen Fragestellungen: „Grundsätzlich schon, aber …“.

Generell darf ein Arbeitnehmer bei Unwetter oder Sturm nicht zu Hause bleiben; für den Weg muss er mehr Zeit einplanen. Der Arbeitnehmer trägt hier das Wegerisiko, das heißt, er hat sicherzustellen, dass er pünktlich am vereinbarten Einsatzort ankommt. Erreicht der Sturm jedoch ein solches Ausmaß, dass aus meteorologischer Sicht davor gewarnt wird, auf die Straße zu gehen – etwa, weil überall umgeknickte Bäume liegen und Dächer abgedeckt werden – kann ein Fall von „begründeter Arbeitsverhinderung“ vorliegen, und der Arbeitnehmer kann der Arbeit fernbleiben. Dieses hat er aber unbedingt mitzuteilen und sollte auf Ausnahmetatbestände begrenzt bleiben. Eine Abmahnung darf wegen des Fernbleibens nicht ausgesprochen werden.

 

Verschneite Straße

Glatteis, Schnee und Unwetter machen es manchmal unmöglich, den Weg zur Arbeit anzutreten.

Wegerisiko einplanen

Tritt hingegen auf der Strecke beispielsweise regelmäßig ein Stau auf und kommt der Arbeitnehmer daher wiederholt zu spät, kann dies eine Abmahnung nach sich ziehen, da er das Wegerisiko trägt und mehr Zeit für die Anreise einzuplanen hat.

„Bekomme ich denn trotzdem mein Gehalt?“, drängt sich nun als nächste Frage auf.

Gemäß Paragraf 616 BGB verliert der Arbeitnehmer seinen Anspruch auf Vergütung nicht dadurch, dass er für eine gewisse Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Arbeit verhindert wird (subjektives Leistungshindernis). Kann der Arbeitnehmer also nicht zur Arbeit erscheinen, weil er beispielsweise erkrankt ist, hat er dennoch einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung.

Objektives Leistungshindernis

Hinderungsgründe hingegen, die eine Vielzahl von Arbeitnehmern treffen können, wie eben auch ein Sturm, sind nicht erfasst, sie stellen ein objektives Leistungshindernis dar. Der Arbeitnehmer trägt damit das Wegerisiko auch bei Naturkatastrophen und hat keinen Vergütungsanspruch, wenn er nicht zur Arbeit gelangt.

Im Klartext: Macht das Wetter den Weg zur Arbeit unzumutbar, stellt dieses zwar eine begründete Arbeitsverhinderung dar, die ausgefallene Arbeitszeit ist aber nicht zu vergüten.

Anders würde die Bewertung indes ausfallen, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer aus unverschuldeten betriebstechnischen Gründen nicht beschäftigen kann; das Betriebsrisiko liegt nämlich beim Arbeitgeber. Betriebsstörungen können beispielsweise durch ein Versagen der technischen Mittel des Betriebs durch Sturm oder Hochwasser (Stromausfall) vorkommen. In diesen Fällen bleibt der Entgeltanspruch des Arbeitnehmers, der ja seine Arbeit anbietet, diese aber vom Arbeitgeber nicht eingesetzt werden kann, bestehen. Für den Arbeitnehmer ist es daher – überspitzt betrachtet - am Ende günstiger, wenn der Sturm den Baum nicht auf die Straße, sondern auf die Betriebsstätte pustet.

Im jüngsten Sturmtreiben sahen sich arbeitende Eltern neben den eigenen Problemen, zur Arbeit zu kommen, dem Umstand ausgesetzt, dass einige Schulen aufforderten, die Schüler abzuholen.

Kinder von der Schule abholen

Auch hier stellt sich abermals die Frage, ob der Arbeitnehmer

1. die Arbeit verlassen darf und

2. seinen Entgeltanspruch verwirkt.

Im Grunde ist der Fall ähnlich zu betrachten wie der der Erkrankung des Kindes: Ist dem Arbeitnehmer die Erbringung der Arbeitsleistung nicht zumutbar, steht ihm nach Paragraf 275 Absatz 3 BGB ein Leistungsverweigerungsrecht zu. Kann das Kind also nicht anderweitig sicher abgeholt werden, kann er die Arbeit berechtigt verlassen. Allerdings wird ihm hier kein Entgeltanspruch zustehen, es bleibt damit beim Grundsatz: ohne Arbeit kein Geld.