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Arztbewertung: Negative Bewertungen und grundgesetzlich garantierte Rechte

So macht erst einmal jeder Verfasser einer Bewertung im Internet in erster Linie von seiner grundrechtlich geschützten Meinungsäußerungsfreiheit (Artikel 5 Absatz 1 GG) Gebrauch. Untersagt ein Gericht die Äußerung einer bestimmten Meinung auf einem Portal, wird in dieses Grundrecht eingegriffen.

Meinungs- und Medienfreiheit aufseiten des Portalbetreibers

In gleicher Weise kann der Portalbetreiber betroffen sein. Für ihn bedeutet die Untersagung, bestimmte Meinungen auf seinem Portal zu veröffentlichen, einen Eingriff in seine Meinungs- und Medienfreiheit als Provider (Artikel 5 Absatz 1 GG) und ferner in sein Recht auf freie Berufsausübung (Artikel 12 Absatz 1 GG). Denn je häufiger ihm die Veröffentlichung von Bewertungen verboten wird, desto weniger attraktiv wird sein Portal für den Nutzer.

Für den Arzt oder Zahnarzt hingegen stellt eine negative Bewertung grundsätzlich einen Eingriff in sein grundrechtlich geschütztes Persönlichkeitsrecht (Artikel 1 Absatz 1 und Artikel 2 Absatz 1 GG) dar.

Wichtig für die Frage der Schutzwürdigkeit des Arztes oder Zahnarztes in diesem Zusammenhang ist die Einordnung von ungünstigen Bewertungen auf Internetportalen als Eingriffe in die Sozialsphäre seines Persönlichkeitsrechts.

Persönlichkeitsrecht und Individuum

Das allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt das Individuum je nach der Sensibilität des betroffenen Lebenssachverhalts. So sind Eingriffe in die Intim-, Geheim- oder Privatsphäre als Bereiche des engsten Privatlebens im Regelfall nicht hinzunehmen. Geht es hingegen um die Sozialsphäre einer Person, also die Entfaltung der Persönlichkeit in der Gesellschaft im Kontakt zu anderen, wie etwa im Rahmen der beruflichen Tätigkeit, können Eingriffe aus hinreichenden Gründen des Gemeinwohls oder überwiegenden Rechtsinteressen Dritter durchaus gerechtfertigt sein.

Persönlichkeitsrecht und Sozialsphäre

Der Bundesgerichtshof (BGH, Urteil vom 23. September 2014, Az.: VI ZR 358/13) führt hierzu aus: „Im Bereich der Sozialsphäre muss sich der Einzelne wegen der Wirkungen, die seine Tätigkeit hier für andere hat, von vornherein auf die Beobachtung seines Verhaltens durch eine breitere Öffentlichkeit und auf Kritik an seinen Leistungen einstellen. […] Dies gilt insbesondere auch bei freiberuflich tätigen Ärzten, die ihre Leistungen in Konkurrenz zu anderen Ärzten anbieten. Äußerungen im Rahmen der Sozialsphäre dürfen nur im Fall schwerwiegender Auswirkungen auf das Persönlichkeitsrecht mit negativen Sanktionen verknüpft werden, so etwa dann, wenn eine Stigmatisierung, soziale Ausgrenzung oder Prangerwirkung zu besorgen sind.“

Die Schutzhöhe ist hier regelmäßig geringer als auf Seiten des Verfassers der Bewertung oder des Portalbetreibers, wenn sich die fragliche Bewertung als zulässige Ausübung der Meinungsfreiheit darstellt.

Daher ist zunächst zu prüfen, ob eine Bewertung von der Meinungsfreiheit gedeckt ist. Ist dies der Fall, wird eine Abwägung zwischen der Meinungsfreiheit des Verfassers und dem Persönlichkeitsrecht des Arztes oder Zahnarztes relevant.

(wird fortgesetzt)

Schnieder, Karl-Heinz: „Bewertungsportale – Fluch oder Segen?“, Reihe „Recht für die Zahnarztpraxis“, Zahnärztlicher Fach-Verlag, Herne, 2016, Bestellnummer 67506

ISBN 978-3-944259-54-3, 19,90 Euro inkl. MwSt. (Abb.: ZFV)