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„Ausgrenzung ist die falsche Antwort“
Dr. Peter Matovinovic, Vorstandsvorsitzender der KZV RLP

Dr. Peter Matovinovic, Vorstandsvorsitzender der KZV RLP

Die dzw hat Dr. Peter Matovinovic, Vorsitzender des Vorstands der KZV Rheinland­-Pfalz, zum Themenkomplex Investoren-­MVZ, Standespolitik und dem Verkauf seiner Praxisanteile an einen Investor befragt und folgende Antworten erhalten.

Herr Dr. Eßer fordert nach Ihren eigenen Angaben Ihren Rücktritt. Auf der Vertreterversammlung am 25. Juni 2019 in Köln wurde der Beschluss „Einheit des Berufsstandes wahren: Keine Kooperation von Amtsträgern in der zahnärztlichen Selbstverwaltung mit Fremdinvestoren!“ gefasst. Wie gehen Sie damit um?

Dr. Peter Matovinovic: Die Diskussion um meine Person geht natürlich nicht spurlos an mir vorüber. Zumal sie nicht sachlich geführt wird. Hintergründe und Ursachen meiner Entscheidung passen offensichtlich nicht in das Bild und werden deshalb nicht ansatzweise gewürdigt. Die Resolution wurde zudem rückwirkend gefasst. Das wirft – völlig unabhängig von meiner Person – ernsthafte Fragen auf: Sollen jetzt alle Zahnärzte, die in einem I-MVZ angestellt sind, aus den Ehrenämtern „entfernt“ werden? Darf ein professionspolitisch engagierter Zahnarzt überhaupt noch seine Patienten an ein I-MVZ überweisen? Wie gehen wir mit Eigentumsrechten zahnärztlicher Professionspolitiker um? Ich rate dazu, wieder zu einem faktenbasierten Dialog zurückzukehren. Sonst spalten wir unseren Berufsstand. Ich halte es persönlich für falsch, die Kolleginnen und Kollegen, die in einem I-MVZ arbeiten, auszugrenzen und ihnen die freiberufliche Ausübung der zahnärztlichen Tätigkeit per se abzusprechen. Hier ist die zahnärztliche Professionspolitik gefragt. Es geht darum zu gestalten, statt alles per se zu verhindern. Als positives Beispiel möchte ich hier den Umgang der KZBV mit dem Thema QP/QB nennen. Vor diesem Hintergrund und auch dem Auftrag, die KZV RLP zukunftsorientiert weiterzuentwickeln, möchte ich mit aller Kraft mein Mandat als Vorstandsvorsitzender der KZV RLP weiterhin erfüllen, um Projekte, die auf den Weg gebracht wurden, gemeinsam mit meinen Vorstandskollegen positiv abschließen zu können. Gerne möchte ich an Lösungen weiterhin aktiv mitarbeiten, die für eine attraktive und erfüllende Berufsausübung benötigt werden.

Wie stehen Ihre Kollegen heute zu Ihnen? Wie ist die Resonanz Ihrer KZV RLP? Wie die anderer KZVen?

Matovinovic: Der Praxisverkauf der Berufsausübungsgemeinschaft wird durchaus kontrovers diskutiert. Dafür habe ich Verständnis, biete aber gerne an, alle Fragen hierzu persönlich zu beantworten. Dabei stelle ich immer häufiger fest: Kolleginnen und Kollegen, die sich mit den Fakten beschäftigt haben, können meinen Schritt nachvollziehen. Die Diskussion hat aber Folgen, die zu denken geben. So ist ein hochrangiger rheinland-pfälzischer Professionspolitiker aus dem Freien Verband Deutscher Zahnärzte ausgetreten, da er das Verhalten der Vorsitzenden des Landesverbands in dieser Sache für berufsspaltend empfindet.

Sie haben die Beschlüsse der Vertreterversammlungen der KZBV, die sich gegen Fremdinvestoren im Dentalbereich aussprechen, mitgetragen. Stoßen hier Wunsch – Fremdinvestoren vom Dentalmarkt fernzuhalten – und Wirklichkeit – keine andere Praxisnachfolge zu finden – aufeinander?

Matovinovic: Die professionspolitische Position, dass Fremdinvestoren keinen ungehinderten Zugang zur zahnärztlichen Versorgung haben dürfen, vertrete ich auch weiterhin – als KZV-Vorstand ebenso wie als freiberuflich tätiger Zahnarzt. Daher habe ich auch voller Überzeugung die Beschlüsse mitgetragen. Die Beschlüsse gehen aber doch nicht so weit, dass Fakten und Hintergründe ignoriert werden sollen. Es kommt immer darauf an, den Einzelfall zu bewerten. Pauschale Vorurteile helfen niemandem. Daher war es für mich auch wichtig, meinen Fall in voller Transparenz und in der gebotenen Offenheit zu diskutieren. Natürlich auch mit der Frage verbunden, ob wir dem Berufsstand geschadet haben. Ich konnte das für mich klar verneinen. Denn unser Schritt war, objektiv betrachtet, alternativlos. Denn die Gründung des MVZ war die einzige Chance, den Praxisbetrieb langfristig zum Wohle unserer Patientinnen und Patienten aufrechtzuerhalten. Diesen fühle ich mich uneingeschränkt verpflichtet. Das gilt natürlich auch für die 18 teils langjährigen Mitarbeiter, die nun eine sichere berufliche Perspektive haben. Wir müssen die Diskussion versachlichen, um den tatsächlichen Herausforderungen gerecht zu werden. Völlig unabhängig von meiner Person. In Rheinland-Pfalz droht die Gefahr, dass mittelfristig nicht mehr alle Patienten wohnortnah zahnärztlich versorgt werden können. Das ist die Konsequenz aus dem demografischen Wandel der Bevölkerung und des zahnärztlichen Berufsstands sowie der überwiegend ländlich geprägten Struktur des Landes. Insofern braucht es flexible Praxismodelle, die Zahnärztinnen und Zahnärzten die Entscheidung für eine Tätigkeit auch in von Unterversorgung bedrohten Gebieten erleichtern können. Denkbar sind einige Modelle – von der bewährten Einzelpraxis über die Berufsausübungsgemeinschaft bis hin zu MVZ. Auch Genossenschaftspraxen sind vorstellbar und Eigeneinrichtungen der KZV müssen diskutiert werden. Wir benötigen schnell Lösungen, um den Berufsstand zu entlasten, damit er seiner originären Aufgabe, der Behandlung unserer Patienten, nachkommen kann. Hier sind alle gefragt und gefordert.

Rückblickend – ist die Strategie der KZBV gegen die Fremdinvestoren-MVZ im Vorfeld des TSVG aufgegangen?

Matovinovic: Es ist der KZBV gelungen, einen Sonderweg im Terminservice- und Versorgungsgesetz bezüglich der investorengeführten MVZ für Zahnärzte zu implementieren. Dafür zolle ich dem Vorstand der KZBV meinen Respekt und meine Anerkennung. Wie die im TSVG gefundene Regelung in der Realität greift, das wird die Zukunft zeigen.

Was raten Sie Ihren Kollegen, die keine Praxisnachfolge finden, aber die Versorgung ihrer Patienten am gewohnten Standort sowie ihren Angestellten den Arbeitsplatz sichern wollen? Zudem, wenn der Praxiserlös Teil der Altersvorsorge ist?

Matovinovic: Ein Praxisverkauf hängt von vielen Faktoren ab, die sehr individuell sind. Das Einzige, wozu ich wirklich raten kann, ist, dass es nie zu früh ist, sich mit dem Thema zu beschäftigen, besonders dann, wenn langfristig gewachsene Strukturen mit mehreren Praxispartnern, die vielleicht noch einen deutlichen Altersunterschied aufweisen, davon betroffen sind. Der Berufsstand befindet sich in einem deutlichen Wandel, und wir als zahnärztliche Professionspolitiker müssen schnell Antworten finden, wenn wir in Zukunft von der Kollegenschaft und der Gesellschaft noch wahrgenommen werden wollen. Ausgrenzung war und ist die falsche Antwort.

Die Fragen stellte Dr. Helge David.

Mehr zum Thema lesen Sie hier (dzw-Leitartikel), hier (Dr. Wolfgang Eßer) und hier (Kommentar dzw-Chefredakteur Oliver Pick) oder in der dzw-Ausgabe 37/2019.