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Implantattherapie im steten Wandel

Planung und Therapie in der Implantologie sind aufgrund neuer Technologien und neuer Behandlungsansätze ständigem Wandel unterworfen. Eine besondere Rolle spielen die digitalen Verfahren und die Möglichkeiten, die kurze Implantate als Alternative zur aufwändigen Augmentation bieten. Die Experten des BDIZ EDI stellten patientenorientierte Versorgungskonzepte in den Mittelpunkt.

Planung und Therapie in der Implantologie sind aufgrund neuer Technologien und neuer Behandlungsansätze ständigem Wandel unterworfen. Eine besondere Rolle spielen die digitalen Verfahren und die Möglichkeiten, die kurze Implantate als Alternative zur aufwändigen Augmentation bieten. Die Experten des BDIZ EDI stellten patientenorientierte Versorgungskonzepte in den Mittelpunkt.

Es ist nichts in Stein gemeißelt – das gilt besonders in der oralen Implantologie. Mit dem 13. Experten Symposium rückte der Bundesverband der implantologisch tätigen Zahnärzte in Europa (BDIZ EDI) patientenorientierte Versorgungskonzepte in den Blickpunkt.

Planung und Therapie sind aufgrund neuer Technologien und neuer Behandlungsansätze ständigem Wandel unterworfen. Eine besondere Rolle spielen die digitalen Verfahren und die Möglichkeiten, die kurze Implantate als Alternative zur aufwändigen Augmentation bieten.

Den Wandel symbolisiert keiner besser als „Augmentationspapst“ Prof. Dr. Dr. Rolf Ewers, der sein Plädoyer für die Verwendung von kurzen beziehungsweise ultrakurzen Implantaten bekräftigte und seine Erfahrungswerte aus drei eigenen Studien mit 45 Patienten bei reduzierter Knochenhöhe und zum Teil mit Fibula-Transplantaten vorstellte. Seine Schlussfolgerung nach sieben Jahren und wenigen verlorenen Implantaten: „Kurze und ultrakurze Implantate erlauben heute patientenorientierte Behandlungsoptionen, ohne umfangreiche Augmentationen und damit ohne lange, die Patienten belastenden Regenerationsphasen.“

Dr. Alexandros Manolakis schwört auf digitale Diagnostik und Therapie, um die patientenindividuellen Wünsche und Bedürfnisse vorhersagbar zu erfüllen. Er zeigte aus dem Praxisalltag in Thessaloniki, wie er mittels digitaler Verfahren eine präzise Diagnostik, eine prothetisch-orientierte Behandlungsplanung und eine genaue Umsetzung der Implantatpositionen während des chirurgischen Eingriffs ermöglicht. Manolakis verwendet Bohrschablonen, weil man damit präziser und schneller arbeiten und das prothetische Ergebnis vorhersagbarer erreicht werden könne. Um den Aufwand der Logistik gering zu halten, stellt er die Bohrschablonen heute mit einem 3-D-Drucker in der Praxis selbst her.

Wenig verwunderlich muten Ergebnisse einer Studie der Universität Köln zur Lebensqualität in Sachen Mundgesundheit an, die Prof. Dr. Hans-Joachim Nickenig vorstellte. Dabei sei 2016 herausgekommen,  dass Implantate als die beste Wahl für Zahnersatz angesehen werden, insbesondere bei Patienten mit teilbezahntem Kiefer. Interessant auch das Ergebnis bei der Entscheidung für oder gegen festsitzend/herausnehmbar: Nach einer Testphase hätte sich die Mehrheit der Patienten aufgrund der einfacheren Hygiene für herausnehmbaren Zahnersatz entschieden.
 

Dr. Karl-Ludwig Ackermann fokussierte die Einzelzahnversorgung in der ästhetischen Zone des Ober- und Unterkiefers – insbesondere bei jungen Menschen, deren Knochenwachstum nicht abgeschlossen ist. Für ihn die schwierigste Aufgabenstellung, denn man müsse die Defektgeometrie und die Defektgröße beachten. Aus diesem Grund sieht er die dreidimensionale Therapie der Hart- und Weichgewebe sowie der geometrischen Raumorientierung der Implantate und deren prothetischen Versorgung als die Grundlage einer naturidenten Rehabilitation an.

Spannend wurde es, als Prof. Dr. Matthias Kern die klinische Datenlage zu seinem provokant formulierten Vortrag „Besser eins als keins – das einzelne Implantat für den zahnlosen Kiefer“ und die verfügbare klinische Datenlage anhand ausgewählter Patientenfälle und deren Ergebnisse nach mehr als sechsJahren vorstellte. Während der ersten fünf bis sechs Jahre wiesen laut Prof. Kern alle klinischen Studien bezüglich des mittigen Unterkiefer-Einzelimplantats eine signifikante Verbesserung der Lebensqualität für ältere, zahnlose Patienten auf, sofern moderne Implantatoberflächen verwendet und auf eine Sofortbelastung des Retentionselements verzichtet wurde. „Für die Verwendung eines einzelnen Implantats im zahnlosen Oberkiefer gibt es kasuistische Beiträge aber keine klinischen Studien“, fasste er zusammen.

Die Implantatzahl in Abhängigkeit von der Augmentationstechnik – eine Fragestellung, die sich aufgrund fehlender Datenlage nicht beantworten lässt. Das zumindest musste Prof. Dr. Dr. Ralf Smeets in seinem Vortrag zugeben. Backward planning sei das A und O, um verlässliche Ergebnisse zu erzielen. Für Smeets ist bei einer notwendigen Kieferkammaugmentation der autologe Knochen nach wie vor der Goldstandard.

Was sagt die Literatur zur Implantatanzahl bei den verschiedenen Versorgungskonzepten? Dr. Stefan Reinhardt hat mithilfe einer Literaturrecherche herausgearbeitet, ob die Überlebensrate oder die Erfolgsrate mit der Anzahl der Implantate korreliert. Dabei berücksichtigte er die unterschiedlichen Indikationsklassen und bezog Sofortimplantation und Sofortbelastung mit ein. Seine Sichtung diverser relevanter Studien ergab, dass es wenige Studien gebe, die das All-on-4-Konzept richtig untersucht hätten. Zudem regte er an, die Empfehlungen der Konsensuskonferenz Implantologie in den Indikationsklassen zu überarbeiten. Seine Literaturrecherche habe ergeben, dass anhand jüngerer Studien vier Implantate – festsitzend oder herausnehmbar – im zahnlosen Unterkiefer und vier bis sechs im zahnlosen Oberkiefer mit der Versorgung von zirkulären Brücken ausreichend seien.

Was bestimmt die Implantatzahl? Die Anatomie oder das Versorgungskonzept. Dieser Frage widmete sich Dr. Paul Weigl. Die optimale Anzahl von Implantaten hänge einerseits stark von dem angestrebten Grad der Erfüllung der Patientenwünsche ab, andererseits vom residualen Knochenangebot. Ziel sei es, daraus einen Algorithmus zur Berechnung der für den Patienten optimalen Anzahl von Implantaten abzuleiten. Für die Ermittlung der für den Patienten optimale Implantatanzahl wendet Dr. Weigl folgendes Vorgehen an: Anhand von montierten Kiefermodellen oder einer virtuellen 3-D-Repräsentanz des Patienten (DVT und gescannte Zähne) werden im ersten Schritt die fünf Therapieziele Minimalinvasivität und Kosteneffizienz ausgeblendet, um die verbleibenden Parameter Ästhetik, Sofortversorgung und festsitzender Zahnersatz ohne Kompromisse erreichen zu können. Im zweiten Schritt wird dann zusammen mit dem Patienten eine Rangfolge der fünf Zielparameter erstellt. Letzteres bewirke stets eine Bestätigung oder eine Reduktion der Implantatzahl bis zum durch die Biomechanik vorgegebenen Limit, welches bei einer via Kugelkopf verankerten Unterkiefer-Deckprothese bei einem Implantat liege.
 

PD Dr. Jörg Neugebauer beleuchtete die prothetische Versorgung auf Implantaten zur Rehabilitation stark reduzierter Zahnsysteme. Bei der konventionellen Herstellung könne es zu Passungenauigkeiten kommen, die je nach mechanischer Belastung zu einem Funktionsverlust führten und zeit- und kostenintensive Nacharbeit erforderlich machten. Durch die Möglichkeit, im CAD/CAM-Verfahren Gerüste für festsitzende sowie Primär- und Sekundärteil für herausnehmbaren Zahnersatz in einem Arbeitsschritt herzustellen, lasse sich ein präziser und spannungsfreier Sitz der Versorgung erreichen. Um die Vorteile der hohen Fertigungsgüte optimal zu nutzen, sei eine Anpassung des Arbeitsablaufs notwendig, um die notwendigen Arbeitsunterlagen für den Zahntechniker optimal vorzubereiten. Diese Suprastrukturen eignen sich laut Dr. Neugebauer sowohl für die Erstversorgung als auch dafür, bereits defekte Versorgungen auf Implantaten zu erneuern. Der hohe Grad der Fertigungsgenauigkeit zeige sich klinisch in einer stabilen Lagerung des Zahnersatzes.

Das Fazit des 13. Experten Symposiums zieht Dr. Neugebauer, der gemeinsam mit Prof. Dr. Dr. Joachim E. Zöller und Prof. Dr. H.J. Nickenig das Symposium moderiert hatte: „Um die Erwartungen der Patienten zu erfüllen und die bestmögliche Versorgung langfristig sicherzustellen, ist es aufgrund der Vielzahl der heute möglichen chirurgischen und prothetischen Versorgungskonzepte notwendig, den Behandlungsplan genau zu definieren.“

Dies ist auch Ergebnis der 13. Europäischen Konsensuskonferenz (EuCC), die am Vortag einen Konsensus zum Thema „patientenorientierte Versorgungskonzepte“ erstellt hatte.

Anita Wuttke, München

PD Dr. Jörg Neugebauer, Köln

 

 

 

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