Anzeige

Ein virtuelles Studium macht noch keinen echten Arzt

Bundesärztekammer und Deutsche Hochschulmedizin haben große Vorbehalte gegenüber einem neuen Geschäftsmodell.

Bundesärztekammer und Deutsche Hochschulmedizin haben große Vorbehalte gegenüber einem neuen Geschäftsmodell.

Mit Skepsis betrachten Bundesärztekammer und die Deutsche Hochschulmedizin e.V. die Ankündigung eines in Malta angemeldeten, aber von Deutschland aus operierenden deutschen Unternehmens und eines Krankenhauskonzerns, einen privatwirtschaftlich organisierten Studiengang in Humanmedizin („EDU“) in Deutschland etablieren zu wollen. Denn: Obwohl bereits für die Zulassung zu diesem Studiengang in Deutschland geworben wird, seien viele Fragen zu Qualität und Ausgestaltung dieses in Malta akkreditierten Studiengangs noch unklar.

Das Unternehmen Digital Education Holdings (DEH) und die Helios Kliniken GmbH bieten ein Studienmodell an, das ausschließlich internetbasierte Lerneinheiten mit praktischen Ausbildungsanteilen kombinieren soll. Hierzu liegt bisher nur eine maltesische Akkreditierung für die ersten drei Jahre vor, die zum Abschluss mit dem Bachelor führen sollen. Eine Zulassung als Arzt ist damit nicht möglich. Die Akkreditierung für einen weiterführenden zweijährigen Masterstudiengang, dessen Absolvierung für eine Approbation nach der Berufsanerkennungsrichtline notwendig ist, steht noch aus.

Dies ist kein universitäres Studium

Zudem handelt es sich bei der virtuellen Tochter der DEH zwar um eine höhere Bildungseinrichtung, sie besitzt allerdings keine Zulassung als Universität. Daher ist eine Anerkennung der Abschlüsse in Deutschland gemäß Berufsanerkennungsrichtlinie, die für den Arztberuf ein Studium an einer Universität oder unter Aufsicht einer Universität vorschreibt, gegenwärtig nicht möglich. Unklar erscheint derzeit auch, ob im Anschluss an das Studium noch ein sogenanntes „Foundation-Year“ abgeschlossen werden muss. Dies ist zum Beispiel für die lokalen Studiengänge der Humanmedizin auf Malta erforderlich, um eine volle Approbation zu erhalten. Obwohl nicht gewährleistet wird, dass eine spätere Zulassung zum Arztberuf möglich ist, entstehen im Verhältnis hohe Studiengebühren von ca. 19.000 Euro pro Jahr zuzüglich weiterer Kosten.

Keine ausreichende Vorbereitung auf die Praxis

Studiengänge nach der in Deutschland geltenden Approbationsordnung führen bis zu zwei Drittel der Studieneinheiten in Form von Praktika und Famulaturen, im Skills-Lab oder patientennahem Unterricht durch. Wo sinnvoll, werden die klassischen Lernformate durch moderne Angebote wie zum Beispiel „flipped class-room“, „blended learning“ oder „MOOCs“ ergänzt. Bei dem digitalen Studiengang scheint das jedoch umgekehrt zu sein. Hier sollen zwei Drittel der Unterrichtsstunden am Computer und nur ein Drittel in praktischen Unterrichtseinheiten an Kliniken absolviert werden.

Die staatliche Qualitätssicherung noch unklar

Bislang bleibt offen, wie neben der ausreichenden Vermittlung des erforderlichen akademischen Wissens auch die Kompetenzen in der ärztlichen Kommunikation, der interprofessionellen Zusammenarbeit im Team, der wissenschaftlichen Praxis sowie auch in der ambulanten Versorgung sichergestellt werden sollen.

Nach Auffassung der Bundesärztekammer und der Deutschen Hochschulmedizin muss darüber hinaus die Qualifikation der Lehrenden und Prüfenden hinterfragt werden. Deutsche Universitäten bauen ihre Curricula auf Lernzielkatalogen auf. Neben lokalen Qualifizierungsmaßnahmen stellen bundesweite Angebote wie das Medizindidaktische Netzwerk oder auch der Master of Medical Education die erforderlichen Qualifikationen aller Lehrenden und Prüfer in den theoretischen und klinischen Fächern sicher. Zudem müssen alle Studierenden in Deutschland eine bundesweit einheitliche staatliche Prüfung ablegen, die durch ein unabhängiges, von öffentlicher Hand getragenes Institut vorgegeben wird.

Eine sorgfältige Prüfung ist angezeigt

Bundesärztekammer und Deutsche Hochschulmedizin empfehlen studierwilligen jungen Menschen, das Studienangebot sorgfältig auf seine Tragfähigkeit und vor allem auf die Ermöglichung des angestrebten Studienziels „Ärztin“/„Arzt“ zu prüfen. Denn: Statt eines praxisorientierten, universitären Studiums unter Vermittlung von wissenschaftlich fundiertem Grundlagenwissen und einer Verstärkung praktischer Lehranteile finde hier ein im Wesentlichen online-basiertes Selbststudium von zuhause aus statt.