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Einer gegen alle – oder doch besser hochspezialisiert?

Von Chefredakteur Marc Oliver Pick

Von Chefredakteur Marc Oliver Pick

Schwerpunktthema der diesjährigen Dental Cruise, der 13. bislang, war die Parodontologie. Prof. Dr. Dr. Søren Jepsen und seine Frau PD Dr. Karin Jepsen nutzten einen kompletten Seetag, um in insgesamt vier Sessions den Bogen von der Entstehung über die neue Klassifizierung bis hin zu den therapeutischen Optionen der Parodontitis, abgestimmt auf den Schweregrad, vorzustellen. Mehr als einmal fiel der dringende Appell, systemisch wirkende Antibiotika in der Paro-Therapie mit Bedacht einzusetzen, da angesichts weltweit steigender Resistenzen die Gefahr droht (oder laut einem vielbeachteten Kongressbeitrag der Europerio 2018 in Amsterdam vielerorts bereits Realität ist), dass in nicht allzu ferner Zukunft auch das letzte Reserve-Antibiotikum wirkungslos wird.

Zu dieser berechtigten Warnung vor dem allzu sorglosen Einsatz von Antibiotika passt eine Meldung zur 53. Medizinischen Woche, die vom 30. Oktober bis 3. November in Baden-Baden stattfindet. Den Tagesvorsitz hat am kommenden Sonntag Dr. med. Eckhard Schreiber-Weber, der unter anderem zum Thema „Infektionen mit multiresistenten Keimen – Ist die Phagentherapie eine Lösung?“ referieren wird. Könnten Phagen also eine Lösung auch im Zusammenhang mit der Therapie parodontaler Erkrankungen sein? Vielleicht könnte die Therapie mit hochspezialisierten Bakterienkillern eine Lösung der Zukunft sein. Immerhin vermeidet diese Therapie zumindest das wachsende Problem immer neuer Resistenzen und schont aufgrund der hohen Spezifität obendrein auch noch die empfindliche Darmflora, die durch systemisch wirkende Antibiotika in Mitleidenschaft gezogen wird, was wiederum Folgebeschwerden auslöst.

Wunderwaffe Phagen? Hört sich erst mal gut an, ist aber leider – immer noch – Zukunftsmusik, denn wissenschaftliche Forschung braucht ihre Zeit. Das mag erstaunlich klingen, ist doch das Wissen um die Phagentherapie seit mehr als hundert Jahren bekannt. Umso erfreulicher ist es, dass in Deutschland seit mehreren Jahren am Aufbau eines Phagenregisters gearbeitet wird. Und dieser Aufbau wird vermutlich auch noch Jahre dauern angesichts der Zahl pathogener oder potenziell pathogener Bakterien.

Bevor die noch zu gewinnenden Erkenntnisse als Erweiterung der therapeutischen Optionen einer Parodontitis praxisreif sind, gilt es vorrangig, den jährlich mehr als 54.000 an Infektionen mit resistenten Bakterien leidenden Menschen in Deutschland zu helfen. Immerhin sterben jedes Jahr etwa 2.400 Patienten daran.

Wenn es dann soweit ist, wird die Dia-gnostik inklusive präzise Bestimmung des individuell ganz speziellen Keimspek-trums plus die Wahl des genau passenden Phagen die Parodontologie auf ein ganz neues Niveau heben und die Vision einer individualisierten (Zahn-)Medizin wahrmachen. Begrüßenswert ist, dass auch die (Gesundheits-)Politik endlich wach geworden ist und das Thema auf die Agenda genommen hat. Auch wenn bereits landesweit an zukunftsfähigen Antibiotika-Alternativen geforscht wird: Die Zeit drängt.