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Wie angekündigt: Der Herbst der Engpässe ist da
Von Chefredakteur Marc Oliver Pick

Von Chefredakteur Marc Oliver Pick

Er wurde bereits im Frühjahr von den Virologen vorausgesagt, und selbst im ruhigen Corona-Sommer war perspektivisch immer wieder mal davon die Rede: dem heißen Corona-Herbst. Jetzt könnte man ergänzen: dem heißen Herbst der Engpässe.

Man hätte sich zwar wirklich gewünscht, die Voraussage wäre diesmal nicht oder wenigstens nicht so drastisch wahr geworden wie befürchtet und mehrfach angekündigt, aber jetzt sind wir schon mittendrin. Aufschwung, und wenn es nur ein zarter ist, ist immer willkommen. Leider sieht es momentan so aus, als seien alleine die Zahlen der Neuinfektionen im Aufschwung begriffen.

Schreckgespenst vom nächsten Lockdown

Seit Wochen geistert der Begriff „Rekord“ fast ausschließlich im Zusammenhang mit den tagesaktuellen Infektionszahlen durch die Medien. Wieder wird deutschlandweit das Schreckgespenst vom nächsten drohenden Lockdown an die Wand gemalt. Wenn auch eher (noch) als Mahnung an die Bundesbürger (die den Frühjahrs-Lockdown noch gut in Erinnerung haben dürften), jetzt diszipliniert alles zu tun, um eine Wiederholung des Lockdowns mit allen Mitteln zu verhindern. Flankiert wird das Ganze von je nach Bundesland unterschiedlichen Präventionsmaßnahmen, die vielerorts auf blankes Unverständnis treffen.

Und die Situation in den Zahnarztpraxen? Sind wieder genug FFP2- und FFP3-Masken vorhanden? Können Zahnärzte der weiteren Corona-Entwicklung im Herbst und Winter gelassen entgegensehen, weil Schutzausrüstung für Behandler und Fachpersonal in ausreichender Menge vorhanden sind? Zwar hat die Bundeszahnärztekammer gemeinsam mit dem PKV-Verband die zunächst bis Ende September verlängerte Hygienepauschale noch einmal bis 31. Dezember verlängert, aber die Frage ist, ob Schutzausrüstung in adäquater Qualität und Quantität überhaupt beschaffbar ist – und falls ja, zu welchem Preis.

Auch Grippeimpfstoffe werden knapp

Ein weiterer Engpass: Herbst und Winter sind immer auch Hochsaison für grippale Infekte oder sogar die echte Grippe. Es wurde also dazu aufgerufen, vom Angebot der Grippeschutzimpfung Gebrauch zu machen, um die ambulante Versorgung neben Corona nicht auch noch mit typischen Saison-Erkrankungen zu belasten. Das Ergebnis: Auch Grippeimpfstoffe werden (oder sind bereits) knapp.

Apropos Impfstoffe: Die „Beiträge zur Gesellschaftspolitik“ befassten sich in ihrer September-Ausgabe mit der Frage „Impfstoff für alle – doch wie soll das gehen?“ Im Kern ging es neben der Entwicklung und Zulassung geeigneter Covid-19-Impfstoffe um deren Distribution. Leider bieten auch die dort beschriebenen Szenarien kaum Anlass zur Entspannung. Denn bei einer derzeitigen Kapazität von rund 60.000 Impfungen täglich wird es mehrere Jahre dauern, bis mindestens 60 Millionen Deutsche durchgeimpft sind – und das auch nur dann, wenn eine Einfachdosis zur vollständigen Immunisierung ausreicht. Sollte eine Boost-Impfung nötig sein, verlängert sich die Zeit bis zur Durchimpfung noch einmal …

Eine Möglichkeit, zusätzliche Impfkapazitäten zu schaffen, wäre – neben impfenden Apothekern und Zahnärzten –, nach entsprechender Fortbildung die Einbeziehung des zahnärztlichen Fachpersonals. Aber selbst dann müssen wir uns wohl daran gewöhnen, noch einige Jahre mit Corona leben zu müssen.