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"Frühkindliche Karies vermeiden": Ohne Moos nix los ...

Die 60-seitige Broschüre „Praktischer Ratgeber für die zahnärztliche Praxis“

Die 60-seitige Broschüre „Praktischer Ratgeber für die zahnärztliche Praxis“

Dummer Spruch, doch die treffende Konsequenz einer unverständlichen Aufforderung des Bundesversicherungsamts, bestehende Verträge mit den Krankenkassen zur Förderung der zahnmedizinischen Frühprävention bei Kleinkindern zu beenden.

Kein April-Scherz, sondern traurige Wirklichkeit: Maßnahmen zur Vermeidung der frühkindlichen Karies (FU1, FU2, FU3) gehörten nicht zum Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) – so die Begründung des Bundesversicherungsamts zur Kündigung der Selektiv-Verträge. Somit können seit 1. April 2018 zahnärztliche Maßnahmen, die im Mai 2016 von der KZBV mit dem G-BA beschlossen wurden, nun weder geleistet noch abgerechnet werden.                                              

Unverständlich, da in der neugefassten Kinder-Richtlinie (in der Fassung vom 19. Oktober 2017) und in dem vom G-BA herausgegebenen Kinderuntersuchungsheft unbeanstandet die jeweiligen „Verweise zum Zahnarzt“ bei den U5- bis U9-Untersuchungen, also Aufforderungen zur zahnärztlichen Behandlung, stehen.

Der Bema sieht bisher vor, dass erst ab dem 30. Lebensmonat eine FU-Position „Zahnärztliche Früherkennungsuntersuchung eines Kindes vom 30. bis zum 72. Lebensmonat“ abrechnungsfähig ist. Nicht ohne Grund stellte die KZBV im März 2015 einen „Antrag auf Bewertung zusätzlicher Früherkennungsuntersuchungen für Kinder auf Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten“ vor dem 30. Lebensmonat. Bis dahin liegt die alleinige Verantwortung der oralpräventiven Betreuung nur bei den Kinderärzten, was nach Ansicht der KZBV weltweit einzigartig sei. Andere Untersuchungen zeigten, dass bei kinderärztlichen Voruntersuchung nur etwa ein Drittel der befragten Mütter Hinweise zur Zahngesundheit ihrer Kinder erhielten. Zum Zeitpunkt dieser ersten zahnärztlichen Früherkennungsuntersuchung (30. Lebensmonat) waren nach regionalen Studien 5,2 bis 20,3 Prozent der untersuchten Kinder an frühkindlicher Karies erkrankt, sodass von einer durchschnittlichen Prävalenz von 10 bis 15 Prozent ausgegangen werden kann.

Es ergeben sich für den Zahnarzt wie auch für den Kinderarzt eine Reihe von Fragen:

  • Wird den Kinderärzten die Kündigung der Verträge zur Förderung der zahnmedizinischen Frühprävention bei Kleinkindern mitgeteilt, wenn ja, von wem?
  • Wie verhält sich der Zahnarzt, wenn er weiterhin „Verweise“ zu zahnärztlichen Vorsorgemaßnahmen im Sinne der angedachten UZ5 bis UZ7 von den Kinderärzten bekommt?
  • Ist das in vielen KZV-/ZÄK-Bereichen eingeführte „Zahnärztliche Kinderuntersuchungsheft“ noch brauchbar?
  • Ist eine Präventionsempfehlung für Leistungen zur verhaltensbezogenen Prävention bei Kleinkindern an die Eltern oder Sorgeberechtigten mit den Bema-Leistungen Ä1 oder 01 möglich? (siehe Kinderrichtlinien Pragraf 1 Grundlagen)
  • Sollen nunmehr anstelle der FU1 bis FU3 den Eltern GOZ-Leistungen angeboten werden?

Nach Beantwortung dieser Fragen sollte die in vielen Bereichen bereits aufgenommene Planung künftiger Zusammenarbeit mit den Kinderärzten, wie in Westfalen-Lippe mit einer gemeinsamen Veranstaltung geschehen, weitergeführt werden, in der Hoffnung, dass bis 2019 eine Regelung erfolgt, die mit Recht die beklagenswerte ECC-Problematik im Sinne einer Frühprävention löst.

Vorher aber sollte eine „hausgemachte“, fast peinlich zu nennende Fehlleistung der hochrangigen Mitglieder der Arbeitsgruppe bei der Erstellung der von KZBV und BZÄK herausgegebenen 60-seitigen Broschüre „Praktischer Ratgeber für die zahnärztliche Praxis“ durch eine fachgerechte und fehlerlose Neuauflage ersetzt werden.

So wurden bei der Darstellung der Zahnpflege nach Durchbruch der ersten Schneidezähne (FU1 = 6. bis 9. Lebensmonat) zwölf Mundaufnahmen verwendet, die offensichtlich Milchzahngebisse der Altersgruppe 15 bis teilweise 20 Monate alter Kinder abbilden. Bei der FU2 (10. bis 20. Lebensmonat) sind ebenfalls komplette Milchgebisse abgebildet, die nicht in die Altersgruppe gehören.

Aber es kommt noch schlimmer: Für „Die praktische Umsetzung der neu geordneten Früherkennungsuntersuchungen (FU)“ sind die Seiten 20 bis 28 (FU2: 10. bis 20. Lebensmonat) mit 31 Abbildungen und deren Text-Erläuterungen komplett für die Umsetzung der FU3 (ab 21. Lebensmonat) übernommen worden.

Das geschah offensichtlich wissentlich und nicht irrtümlich, da die Überschriften der Seiten „Praktische Tipps zur Umsetzung der FU3 in der Zahnarztpraxis“ und zwei Hinweise zu Wiederholungsterminen (Seiten 33 und 35) eingefügt sowie eine zusätzliche Abbildung ohne jeden Bezug auf Seite 38 hinzugekommen ist.

Bei Erstellung von Druckwerken können verzeihbare Druckfehler vorkommen, aber dass neun Seiten mit 31 Abbildungen der Einfachheit halber für eine andere Zeitperiode ohne jeden Hinweis platziert werden, ist schon bemerkenswert. Noch erstaunlicher ist, dass es bisher nicht aufgefallen ist – nicht einmal bei der üblichen Druckabnahme durch die Arbeitsgruppe und der Redaktion.

Prof. Dr. Rolf Hinz

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