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Gewalt in der Notaufnahme

Gewalt gegen Ärzte

Gewalt in Notaufnahmen gehört fast schon zum Alltag.

Erste Ergebnisse einer wissenschaftlichen Studie zu psychischen, physischen und sexualisierten Gewaltereignissen gegenüber Beschäftigten in der Notaufnahme zeigen dringenden Handlungsbedarf im betrieblichen Gesundheitsmanagement: Eine interdisziplinäre Forschungsgruppe am Fachbereich Pflege und Gesundheit der Hochschule Fulda hat das Personal in Notaufnahmen zu körperlichen, verbalen und sexualisierten Gewaltereignisse befragt.

Wie oft kommen Gewaltereignisse vor?

Was löst die Gewalttaten aus?

Und welche Folgen haben sie für die Betroffenen?

Ziel der Studie ist es, aus arbeitsmedizinischer Sicht und aus Sicht des Personalmanagements Anhaltspunkte zu liefern, welche Ressourcen zur Gestaltung der Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz Notaufnahme notwendig sind. Die Onlinebefragung richtete sich an alle Beschäftigten von 51 Notaufnahmen in Hessen. 354 Personen füllten den Fragebogen vollständig aus.

Erste Ergebnisse: Knapp 76 Prozent der Befragten gaben an, in den letzten zwölf Monaten mindestens eine Form körperlicher Gewalt erlebt zu haben. Bei der verbalen Gewalt liegen die Zahlen noch deutlich höher. Hier bestätigten 97 Prozent der Befragten, im Laufe der letzten zwölf Monate mindestens eine Form verbaler Gewalt erlebt zu haben. Jeder und jede zweite Befragte (52 Prozent) gab zudem an, mindestens einer Form sexualisierter Gewalt ausgesetzt gewesen zu sein.

Gewalterfahrungen werden zur Normalität

Von jenen Personen, die in den vergangenen zwölf Monaten eine oder mehrere Formen verbaler Gewalt erlebt hatten, sagten 61,8 Prozent, diese täglich oder wöchentlich zu erleben. Bei körperlicher Gewalt sind es 24,1 Prozent, bei sexualisierter Gewalt 20,6 Prozent. Zugleich stimmten 77 Prozent der Befragten zu, dass das Erleben von Gewalt gegen die eigene Person in der Notaufnahme normal sei. Bezüglich des Sicherheitsgefühls während der Arbeitszeit gaben 39 Prozent an, dass sie sich nachts in der Notaufnahme meist nicht oder nie sicher fühlen. Tagsüber hingegen sind es lediglich 2,9 Prozent.

Betroffene reagieren mit Gereiztheit und Verlust der Freude am Beruf

Bezüglich der langfristigen Folgen, die Gewaltereignissen zugeschrieben werden, sind die fünf am häufigsten genannten Reaktionen, die die Befragten bei sich selbst beobachteten: Gereiztheit (43,7 Prozent), gedrückte Stimmung (36,2 Prozent), Abstumpfung (34,4 Prozent), Verlust der Freude am Beruf (32,1 Prozent) und der Wunsch nach einem Berufswechsel (26,5 Prozent).

Auch nach den Auslösern, dem Dokumentations- und Meldeverhalten fragte die Studie: Hier wurden am häufigsten der Einfluss von Alkohol oder Drogen (85,5 Prozent), lange Wartezeiten (83,3 Prozent), Verwirrtheit der Patientinnen und Patienten (55,1 Prozent), Unzufriedenheit mit der Versorgung (44,9 Prozent) und Verständigungsprobleme (37,7 Prozent) genannt. Mit Blick auf das Dokumentationsverhalten gaben nur 41,8 Prozent an, Gewaltereignisse immer zu dokumentieren, und lediglich 19,8 Prozent gaben an, dass sie Gewaltereignisse immer melden.

Handlungsbedarf für betriebliches Gesundheitsmanagement

„Mit Blick auf die physische und psychische Gesundheit der Beschäftigten in Notaufnahmen besteht ein dringender Bedarf, spezifische Maßnahmen im Rahmen des betrieblichen Gesundheitsmanagements zu etablieren, das zeigen die Daten ganz deutlich,“ schlussfolgern die Wissenschaftlerinnen am Fachbereich Pflege und Gesundheit der Hochschule Fulda, Prof. Dr. Margit Christiansen und Prof. Dr. Gamze Güzel-Freudenstein. Dazu bedürfe es eines multidisziplinären Ansatzes aus Arbeits- und Gesundheitsschutz, Personalmanagement und Arbeitsorganisation.

Das Forschungsprojekt wird vom hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst im Rahmen des Forschungsschwerpunkts Frauen- und Geschlechterforschung gefördert. Das Forschungsteam, das sich aus Expertinnen und Experten der Arbeitsmedizin, des Personalmanagements und der Gesundheitswissenschaften zusammensetzt, will bis Ende Juni 2019 die Daten auch unter Genderaspekten auswerten.