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Mundgeruch fast immer bakteriell bedingt

Neues aus der oralmedinischen Forschung

Hygiene wichtigster Faktor

Pathologischer Mundgeruch (Halitosis) betrifft etwa jeden vierten Menschen und belastet zum Teil erheblich die Lebensqualität [1]. In neun von zehn Fällen wird Halitosis durch gramnegative Bakterien in oralen Biofilmen verursacht. Diese zersetzen Proteine im Zungenbelag und in oralen Schmutznischen, zum Beispiel parodontalen Taschen, Interdentalräumen, Restaurationen und Prothesen. Weitere Ursachen sind Rachenentzündungen und Mundtrockenheit, zum Beispiel infolge von Stress oder Medikationen. Mithilfe spezieller Geräte (Halitometer) lässt sich die Menge flüchtiger Schwefelverbindungen objektivieren.

Die gute Nachricht ist laut Prof. Dr. Andreas Filippi, dass es wirksame Behandlungsmöglichkeiten gibt (Vortrag Gerodontologie-Symposium Bern 2021, die dzw berichtete). So bewerteten gut vier von fünf Patienten die Halitosis-Sprechstunde der Universität Basel als hilfreich [1]. Allerdings hatten in der Studie weniger als 50 Prozent der Patienten geantwortet, die bis zu elf Jahre nach Behandlung angeschrieben wurden. Von diesen gaben 60 Prozent (drei von fünf) an, dass sie in der Folge keine oder selten Probleme mit Mundgeruch hatten. Eine systematische Literaturübersicht bestätigt den insgesamt eher unsicheren Erfolg bekannter Therapieformen [2, 3].

Korrekte Reinigungstechnik Patienten eingehend erläutern

Das Baseler Behandlungsprotokoll besteht im Wesentlichen in einer professionellen Mund- und Zungenreinigung (Biofilm-Entfernung), einschließlich Elimination von Schmutznischen. Für die professionelle Zungenreinigung empfiehlt Filippi einen speziellen Zungensauger, der auf den Speichelzieher gesteckt wird (TS1). Zu Hause sollten Patienten mit einem effektiven Zungenreiniger reinigen, der eine Bürste zur Lockerung des Belags aufweist. Die korrekte Reinigungstechnik sollte Patienten eingehend erläutert werden. Da sich der Biofilm innerhalb von sechs Stunden regeneriert, sollte dreimal täglich gereinigt werden. In einer Beobachtungsstudie verbesserte mechanische Zungenreinigung auch die Geschmacksempfindung [4]. Laut einer systematischen Literaturübersicht ist jedoch die Wirksamkeit von Zungenreinigung gegen Halitosis nur unzureichend dokumentiert [5, 6].

Als zusätzliche Maßnahmen sollten betroffene Patienten laut Filippi ausreichend trinken (möglichst Wasser und Tee) und sich gesund ernähren. Adjuvante Präparate für die häusliche Anwendung, zum Beispiel Chlorhexidin-Kaugummi, Mundspül-Lösungen (CB12, Meridol Safe Breath) oder Probiotika könnten die Behandlung unterstützen.

Dr. Jan H. Koch


Literatur

[1] Schumacher MG, Zurcher A, Filippi A. Evaluation of a halitosis clinic over a period of eleven years. Swiss Dent J 2017;127:846-851. (kostenloser Volltext)
[2] Kumbargere Nagraj S, Eachempati P, Uma E, Singh VP, Ismail NM, Varghese E. Interventions for managing halitosis. Cochrane Database of Systematic Reviews 2019. (kostenloser Volltext)
[3] Brignardello-Petersen R. High-quality systematic review shows that there is low-quality evidence regarding the effects of interventions to treat oral halitosis. The Journal of the American Dental Association 2020;151:e61.
[4] Timmesfeld N, Kunst M, Fondel F, Güldner C, Steinbach S. Mechanical tongue cleaning is a worthwhile procedure to improve the taste sensation. Journal of oral rehabilitation 2021;48:45-54.
[5] Acar B, Berker E, Tan Ç, İlarslan YD, Tekçiçek M, Tezcan İ. Effects of oral prophylaxis including tongue cleaning on halitosis and gingival inflammation in gingivitis patients - a randomized controlled clinical trial. Clinical Oral Investigations 2019;23:1829-1836.
[6] Brignardello-Petersen R. Very low certainty in trial findings suggests that using a tongue scraper reduces halitosis. The Journal of the American Dental Association 2019;150:e39.

 

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