Anzeige
Die Grenzen der intraligamentären Anästhesie
Handhabung der Dosierradspritze bei Kindern

Bei Kindern empfiehlt sich die Anwendung der intraligamentären Anästhesie.

 

Im zwölften Teil der Reihe Stichpunkt Anästhesie spricht Lothar Taubenheim über das Thema Schmerzausschaltung durch Leitungs- und Infiltrationsanästhesie.

An allen Universitäten, die Zahnmedizin lehren, wird die Lokalanästhesie im „Spritzenkurs“ von Chirurgen präsentiert und mit den Studierenden praktisch eingeübt. Ziel ist es, eine großflächige und lang dauernde lokale Betäubung zu erreichen – Voraussetzung dento-alveolärer chirurgischer Maßnahmen. Die Einzelnahnanästhesie kann diese Anforderungen nicht erfüllen.

Die intraligamentäre Anästhesie (ILA) ist eine Kurzzeitbetäubung einzelner Zähne (Einzelzahnanästhesie). Bei der intraligamentären Anästhesie breitet sich das unter Druck in den Sulcus gingivalis injizierte Anästhetikum intraossär und auch zu einem kleineren Teil entlang der desmodontalen Strukturen aus (Abb. 1). Die Injektionslösungen treten sehr schnell über die Fensterungen der Lamina cribrosa in den vaskularisierten Alveolarknochen über und erreichen in kurzer Zeit die Wurzelspitze [1-2].

 

ILA Injektion in den Parodontalspalt
Zur intraligamentalen Injektion wird die
Kanülenspitze etwa 1 bis 2, maximal
3 Millimeter in den Parodontalspalt eingeführt.

Bei der Leitungsanästhesie des N. alveolaris inferior wird das Anästhetikum mittels einer Aspirationsspritze – mit systemadaptierter Kanüle – via Foramen mandibulare appliziert. Um bei der Einführung der Kanüle kein Gefäß zu touchieren, muss an markanten Stellen aspiriert werden. Wenn Blut in der Zylinderampulle sichtbar ist, muss die Kanüle umpositioniert werden. Dann erfolgt die Injektion des Anästhetikums.

Zwischen Anästhetikum-Injektion und Eintritt des Anästhesie-Effekts müssen einige Minuten überbrückt werden – Latenz. Um Komplikationen frühzeitig zu erkennen, muss der Patient durch eine ausgebildete Assistenz überwacht werden [3]. Die Anästhesie hält einige Stunden an und ermöglicht so auch länger dauernde chirurgische Eingriffe unter Schmerzfreiheit.

Als Alternative zur Leitungsanästhesie – und auch zur Infiltrationsanästhesie – wurde die intraligamentäre Anästhesie (Einzelzahnanästhesie) schon  in den 1980er Jahren international beschrieben [4-5].
Als Lokalanästhesie-Methode ist die intraligamentäre Anästhesie indiziert bei der Extraktion einzelner Zähne, dem häufigsten chirurgischen Eingriff in der zahnärztlichen Praxis und der ältesten in der Literatur beschriebenen Indikation [6-9].

Die intraligamentäre Anästhesie ermöglicht auch eine ausreichend tiefe Anästhesie vor Kavitäten- und Kronenpräparationen und vor angezeigten endodontischen Behandlungen [1-2].
Für die Behandlung von Kindern wird die ILA international empfohlen, da die  Beeinträchtigung minimale ist und vom behandelten Kind kaum wahrgenommen wird.

Wegen der eng begrenzten Ausbreitung des injizierten Anästhetikums und der relativ kurzen Dauer der Analgesie kann die intraligamentäre Anästhesie die Anforderungen für extensive chirurgische Eingriffe nicht erfüllen. Obwohl es möglich ist, den Ausbreitungsraum der Analgesie durch zusätzliche Injektionspunkte und die Erhöhung der Anzahl der intraligamentalen Injektionen zu vergrößern, sollte die ILA nicht für länger dauernde und ausgedehnte dentoalveoläre chirurgische Eingriffe gewählt werden [10-11].

Lothar Taubenheim, Erkrath


Literatur

[1] Benz C. Prothmann M, Taubenheim L. Die intraligamentäre Anästhesie – Primäre Methode der dentalen Lokalanästhesie. Deutsch Zahnärzte-Verlag, Köln 2015, ISBN: 978-3-7691-2319-7
[2] Glockmann E, Taubenheim L. Die intraligamentäre Anästhesie. Georg Thieme Verlag, Stuttgart 2002, ISBN: 3-13-132851-7
[3] Bender W, Taubenheim L. Die Leitungsanästhesie - Préféré der lokalen Schmerzausschaltung. ZMK (2016) 9: 558-560
[4] Malamed S. F.: The periodontal ligament (PDL) injection: An alternative to inferior alveolar nerve block. Oral Surg Oral Med Oral Pathol  (53) 2, 117-121 (1982).
[5] Walton R. E., Abbott B. J.: Periodontal ligament injection: a clinical evaluation. J Am Dent Assoc (103) 4, 571-575 (1981).
[6] Chompret L.: Anesthésie par injections intraligamenteuses. La Semaine Dentaire 3, 550 (1920). Rev Stomatol Chir Maxillofax 6, 309-312 (1920).
[7] Bourdain C.-L.: L’Anesthésie par l’injection intra-ligamentaire pour l’extraction des dents. These de Doctorat, Editions de la Semaine Dentaire, Paris, 1925.
[8] Schwenzer N., Ehrenfeld M.: Zahn-Mund-Kiefer-Heilkunde Band 3: Zahnärztliche Chirurgie. Georg Thieme Verlag, Stuttgart – New York 2000.
[9] Heizmann R., Gabka J.: Nutzen und Grenzen der intraligamentären Anaesthesie. Zahnärztl Mitt 84, 46-50 (1994).
[10] Glockmann E., Dirnbacher T., Taubenheim L.: Die intraligamentäre Anästhesie – Alternative zur konventionellen Lokalanästhesie? Quintessenz 56 (3), 207-216 (2005).
[11] Csides M., Taubenheim L., Glockmann E.: Intraligamentäre Anästhesie: Grenzen und Komplikationen. Dtsch Zahnärztl Z 66 (8), 561-569 (2011).