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Hochsensibilität – eine Gabe mit Potenzial?

Sascha Schnackenberg ist Coach und Strategieberater. Als Coach hat er sich auf die Hochsensibilität spezialisiert. Seit mehr als 15 Jahren arbeitet er zudem als Strategieberater für Unternehmen und prominente Persönlichkeiten. Des Weiteren ist er Mitglied im Informations- und Forschungsverbund Hochsensibilität e.V. (IFHS).

Sascha Schnackenberg ist Coach und Strategieberater. Als Coach hat er sich auf die Hochsensibilität spezialisiert. Seit mehr als 15 Jahren arbeitet er zudem als Strategieberater für Unternehmen und prominente Persönlichkeiten. Des Weiteren ist er Mitglied im Informations- und Forschungsverbund Hochsensibilität e.V. (IFHS).

 

Hochsensible, kurz HSPler, haben es nicht einfach: Sie müssen täglich viel mehr Reize verarbeiten als normal sensible Menschen. Lange spüren sie (Miss-)Stimmungen anderer Menschen nach. Durch das unwissende Umfeld werden sie oft als „zartbesaitete Sensibelchen“ stigmatisiert. Doch gleichzeitig verfügen sie über Begabungen, die ein einmaliges Potenzial bergen. Diese könne laut Hochsensiblen-Coach Sascha Schnackenberg sowohl im Privatleben als auch im Beruf zum Beispiel eines Zahntechnikers genutzt werden. In einem Interview ging dzw-Redakteurin Joanna Cornelsen der Sache auf die Spur.

Herr Schnackenberg, was ist eigentlich Hochsensibilität?

Sascha Schnackenberg: Das Wichtigste vorweg: Hochsensibilität ist keine Krankheit! Die Wissenschaftlerin Birgit Trappmann erklärt es anhand von zwei unterschiedlichen Wahrnehmungsweisen – der analytisch-sequenziellen und der holistischen. Sie erklärt: „Ein analytisch-sequenzieller Wahrnehmungsstil trennt zwischen (scheinbar) Wichtigem und Unwichtigem und filtert durch die Steuerung der Aufmerksamkeit auf ein zentrales Objekt einen großen Teil an Umweltinforma­tionen heraus. Ein holistischer Wahrnehmungsstil lenkt demgegenüber die Aufmerksamkeit auf die Umgebung, also den Kontext. Daher werden vergleichsweise mehr Umweltinformationen aufgenommen. Eine scharfe Trennung von Wichtigem und Unwichtigem findet zunächst nicht statt.“

Damit vermutet die Wissenschaftlerin, dass hochsensible Menschen einen holistischen Wahrnehmungs- und Denkstil aufweisen. Ich finde diesen Ansatz sehr anschaulich, denn es erklärt auf einfache Weise, warum Hochsensible, die etwa 20 Prozent der Menschheit ausmachen, zum Beispiel schneller überreizt beziehungsweise überstimuliert sind. Sie erleben schneller und mehr als andere Menschen.

Welche Fertigkeiten zeichnen einen HSPler aus und welche Berufsgruppen sind besonders „betroffen“?

Schnackenberg: Aufgrund ihres holistischen Wahrnehmungs- und Denkstils verfügen viele Hochsensible unter anderem über die Fähigkeit, „das große Ganze“ zu überblicken. Sie sind in der Lage, die Dinge aus verschiedenen Perspektiven zu sehen, die für andere „unsichtbar“ bleiben. Ein gutes Gespür für andere Menschen und eine ausgeprägte Intuition kommen hinzu. Und nicht zuletzt ist ihre lebhafte Kreativität eine große Stärke. Diese Fertigkeiten dürften auch erklären, warum besonders viele Hochsensible in der Kunst-, Musik- und Schauspielszene zu finden sind. Unter Zahnmedizinern und insbesondere Zahntechnikern, die per se handwerklich begabt und ohnehin häufig in ihrer Freizeit künstlerisch tätig sind, vermute ich daher ebenfalls jede Menge HSPler.

Worauf sollte ein HSPler achten, um sich nicht maßlos zu verausgaben?

Schnackenberg: Der wichtigste Schritt ist, erst einmal zu verstehen, „was mit einem los ist“. Im zweiten Schritt ist es wichtig, vernünftig für sich zu sorgen. Hochsensible können nicht, wie viele andere Menschen, 24 Stunden pro Woche durchpowern, auch wenn viele HSPler es gern würden, zumal uns die heutige Gesellschaft genau diesen Takt als richtig vorgibt. Wichtig sind Momente, in denen Hochsensible Kraft tanken, sich einfach mal zurückziehen und Abstand gewinnen können. Besonders effektiv ist es, sich in die Natur zurückzuziehen. Da kann zum Beispiel ein Waldspaziergang schon sehr viel bewirken.

Auch Achtsamkeit ist ein ganz großes und wichtiges Thema für Hochsensible. Durch ihre Wahrnehmung neigen sie dazu, alles in Kontext zu setzen und zu bewerten. Dieses andauernde Bewerten befeuert ihr „Gedankenkarussell“ und lässt sie im schlimmsten Fall nicht nur schlecht schlafen, sondern kann sie auf Dauer auch ausbrennen lassen. Darüber hinaus neigen Hochsensible dazu, sich in ihrer Umwelt „zu verlieren“ und schnell die Emotionen, die um sie herum sind, wie ein Schwamm aufzunehmen. Wie zum Beispiel im Patientenwartezimmer, in dem eine hochsensible Person die „bedrückende“ Energie sofort intensiv spüren kann. Wichtig ist in solchen Momenten, dass der HSPler zu unterscheiden lernt, welche seine eigenen Emotionen sind und welche er sich nur „eingefangen“ hat. An der Stelle hilft es, sich bewusst zu machen, dass die Gedanken und Gefühle der anderen Menschen nicht die eigenen sind. Dabei kann Achtsamkeitstraining helfen. Das heißt, zu lernen, Dinge einfach mal – ohne sie zu bewerten – sein zu lassen und im hier und jetzt zu leben. Gegen den intensiveren und schneller erlebten Stress hilft besonders gut Sport. Dabei ist es egal, ob man in ein Fitnesscenter geht, joggt oder einfach eine Einheit auf dem heimischen Minitrampolin absolviert.

Wie kann ein Zahntechniker seine „Gabe“ für sich nutzen?

Schnackenberg: HSPler gelten allgemeinhin als perfektionistisch, aber gewissenhaft und empathisch. Sie nehmen viele subtile Details wahr. Diese Eigenschaften, gepaart mit Kreativität, dem zwischenmenschlichen Feingefühl und dem besonderen Blick für „das große Ganze“ statten einen hochsensiblen Zahntechniker mit einem erstklassigen Potenzial aus.