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Neues aus der Forschung

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Jeden Monat erscheinen viele Hundert zahn- und oralmedizinische Fachartikel. Hier eine kleine Auswahl, diesmal zur Frage Implantat oder Brücke, zu Gefäßverkalkungen auf Panoramaschicht-Aufnahmen, zum Einfluss der Keramik-Schichtdicke auf die Lichthärtung des Befestigungs-Komposits und zu Parodontitis-Diagnostik mit Zahnseide.

Prosthodontics

Implantate zum Ersatz von Unterkiefermolaren „rechnen sich“

Patienten, die sich für den Ersatz erster Unterkiefermolaren durch Implantate entscheiden, haben einen größeren Nutzen als bei primärer Versorgung durch Brücken aus goldreduzierter Legierung [1]. Basis ist eine Kosten-Nutzen-Analyse, die auch von Kostenerstattern beim Health Technology Assessment (HTA) eingesetzt wird. Auf der Basis retrospektiver Daten sind zwar Implantatversorgungen über einen Zeitraum von 30 Jahren teurer. In Bezug auf die Lebensqualität übertreffen sie aber Brücken deutlich und sind daher laut Studie aus Patientensicht von Vorteil.

Die Untersuchung stammt aus Japan, das ein ähnlich strukturiertes Gesundheitssystem hat wie Deutschland. Auch das Erstattungsprinzip und die Kosten für eine Einzelimplantat-Versorgung sind mit 2.747 bis 3.927 Euro vergleichbar. Gesamtkosten nach 30 Jahren liegen für Implantate als Erstversorgung um 1.604 Euro höher als bei Brücken. In der Untersuchung wurde angenommen, dass gescheiterte Implantate ebenso wie primär eingesetzte Brücken durch eine neue Brücke und im nächsten Schritt durch eine abnehmbare Prothese ersetzt werden.

Die Studie kann im Zusammenhang mit der Erstattung von auf zwei Implantaten gestützten Deckprothesen gesehen werden. Diese können neben der verbesserten Lebensqualität langfristig sogar kostengünstiger sein als schleimhautgetragene Totalprothesen [2]. Aus diesem Grund werden Implantatprothesen zum Beispiel in Schweden substanziell bezuschusst. Beide Studien können bei gegebener Indikation verwendet werden, um Patienten von einer Implantatbehandlung zu überzeugen.

Keramische Schichtdicken über 1 mm bei hoher Leistung aushärten

Die Schichtdicke keramischer Kronen, Brücken oder Veneers beeinflusst nachvollziehbarerweise, in welchem Ausmaß das Befestigungskomposit polymerisiert wird (Konversionsrate). Das gilt auch für die Farbe von Keramik und Befestigungsmaterial und die Leistung der Polymerisationslampe. Die Autoren einer systematischen Literaturauswertung fanden, dass die Konversionsrate des Komposits bei Lithiumdisilikat-Restaurationen über 1 mm Dicke drastisch absinkt [3]. Zugleich verbessern Geräte der dritten Generation, mit einer Leistung zwischen 3.200 und 3.505 mW/cm2, die Lichtpolymerisation signifikant.

Die Dauer des Polymerisationsvorgangs spielt dagegen keine entscheidende Rolle. Grund ist laut Review-Artikel, dass Gehalt und Zusammensetzung der Füllstoffpartikel im Befestigungsmaterial bedeutsamer sind. Rein lichthärtende Befestigungsmaterialien werden zudem signifikant wirksamer ausgehärtet als dualhärtende. Dies könnte durch die schnelle lichtinduzierte Vernetzung dualhärtender Materialien bedingt sein. Die entstehenden Polymere schließen demnach Aktivatoren und Primer ein und beeinträchtigen somit die Konversion.
Die relativ einfache Konsequenz scheint zu sein, einerseits möglichst minimalinvasiv zu präparieren. Andererseits sollten Restaurationen, vor allem solche mit größeren Schichtdicken, mit rein lichthärtenden Kompositen unter Verwendung leistungsstarker Lampen befestigt werden. Seriöse Anbieter geben entsprechende materialbezogene Empfehlungen.

Verkalkte Carotiden auf Panoramaschicht-Aufnahmen sagen erhöhte Sterblichkeit voraus

Eine verkalkte Halsschlagader (Arteria carotis) hat einen prädiktiven Wert für Todesfälle durch Schlaganfall oder Herzinfarkt. Der Befund lässt sich nach einer Untersuchung aus Schweden auf Panoramaschicht-Röntgenbildern erkennen [4]. Die Odds Ratio, ein aussagekräftiges Maß zum Vergleich von Risiken, für einen frühzeitigen Tod beträgt demnach bei 60- bis 72-Jährigen mit verkalkter Carotis 1,6 und ist statistisch relevant. Zahnmediziner können ihre Patienten somit durch entsprechende Diagnosen – in Zusammenarbeit mit Internisten – wirksam schützen. In der Studie wurden Panoramaschicht-Aufnahmen, medizinische Daten und letale Ereignisse aus Aufzeichnungen von 726 Patienten prospektiv ausgewertet.

Das Follow-up zum Erheben der letalen Ereignisse betrug mindestens zehn Jahre. Die Autoren betonen, dass Zahnärzte für das Erkennen der Verkalkungen entsprechend trainiert sein sollten, auch um andere Strukturen wie das Os hyoideum, kalzifizierte Ligamente oder Lymphknoten abzugrenzen zu können. Auf dem Röntgenbild muss zudem der Raum zwischen den Wirbeln C3 und C4 sichtbar sein.

Um Zahnärzte entsprechend diagnostisch zu unterstützen, wurde in einer weiteren Studie eine maschinelle Lernmethode getestet (Deep Learning, Convolutional Neural Network) [5]. Hierfür wurde systematisch die Helligkeit geändert, Bildausschnitte wurden in unterschiedlichen Winkeln gekippt oder rotiert. Mit der Methode erreichten die Forscher eine gute diagnostische Genauigkeit von 83 Prozent.

Gingivitis-Diagnostik mit Zahnseide ist zuverlässiger als Sondieren

Die Bestimmung von Sondierungsblutungen ist diagnostischer Standard in der Parodontologie, sowohl für Zähne, als auch für Implantate. Eine Studie spricht dafür, dass sich Gingivitis mit Zahnseide signifikant besser erkennen lässt als mit einer Sonde [6]. Bei Patienten ohne pathologische Sondierungstiefen strichen die Forscher nach vorsichtigem Einführen der gewachsten Zahnseide je einmal über den mesialen und distalen Anteil der Papille. Anschließend wurde eine Sondierung durchgeführt. Um die Entzündung zu identifizieren, bestimmten die Wissenschaftler jeweils das Volumen der Sulkusflüssigkeit und mithilfe einer Biopsie die Kollagenfläche im papillären „Col“ unter dem Kontaktpunkt.

Vorhandene entzündliche Veränderungen wurden demnach mit Zahnseide in 100 Prozent der Fälle entdeckt. Dagegen lag auch bei fehlender Sondierungsblutung in 92,3 Prozent ein moderates oder starkes entzündliches Infiltrat vor. In diesen Fällen waren nur noch 45 Prozent der Kollagenfläche unter dem Kontaktpunkt erhalten, bei positivem Ergebnis für Zahnseide und Sondieren waren es noch 40 Prozent (ohne Entzündung: 60 Prozent).

Die brasilianischen Autoren folgern, dass die Verwendung von Zahnseide – primärpräventiv – die Gingivitisdiagnostik bei Patienten ohne manifeste Parodontitis gegenüber Sondierungsindizes verbessert. Sie führen dies darauf zurück, dass der entzündungsrelevante zentrale Papillenanteil von der Sonde nicht erfasst wird (falsch negative Ergebnisse) und zudem die relativ traumatische Sondierung zu falsch positiven Ergebnissen führt. Ob die Zahnseiden-Methode auch bei parodontal erkrankten Patienten geeignet ist, müsse in separaten Studien untersucht werden


Literatur

[1] Teranishi Y, Arai K, Baba S. Cost-Utility Analysis of Molar Single Implant Versus Fixed Dental Prosthesis. Int J Prosthodont 2019;32:75-81.
[2] Vogel R, Smith-Palmer J, Valentine W. Evaluating the health economic implications and cost-effectiveness of dental implants: a literature review. The International Journal of Oral & Maxillofacial Implants 2013;28:343-356.
[3] Martins FV, Vasques WF, Fonseca EM. How the Variations of the Thickness in Ceramic Restorations of Lithium Disilicate and the Use of Different Photopolymerizers Influence the Degree of Conversion of the Resin Cements: A Systematic Review and Meta-Analysis. Journal of Prosthodontics 2019;28:e395-e403.
[4] Bengtsson VW, Persson GR, Berglund J, Renvert S. Carotid calcifications in panoramic radiographs are associated with future stroke or ischemic heart diseases: a long-term follow-up study. Clin Oral Investig 2019;23:1171-1179.
[5] Kats L, Vered M, Zlotogorski-Hurvitz A, Harpaz I. Atherosclerotic carotid plaque on panoramic radiographs: neural network detection. International Journal of Computerized Dentistry 2019;22:163-169.
[6] Zanatta FB, Grellmann AP, Tomitsuka SYB, Casarin M, Weber A, Antoniazzi RP, et al. Histological and inflammatory analysis to diagnostic method of proximal gingivitis by flossing. Clin Oral Investig 2019;23:3193-3202.