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Lokalanästhesie leicht gemacht: 6 Tipps für die Praxis

Etwa 70 Millionen Lokalanästhesien führen Zahnärzte in Deutschland pro Jahr durch, statistisch gesehen erhält also fast jeder Bundesbürger eine (1). Jeden Tag angewendet ist die Injektion schnell Routine, doch für Patienten ist sie mehr als das. Sie erwarten eine komplette Schmerzausschaltung bei der Behandlung und eine schmerzfreie Injektion. Sechs praktische Tipps und Kniffe für die Lokalanästhesie im Praxisalltag.

Tipp # 1: Die Anamnese vereinfachen mittels MET

Die Anamnese ist das A und O vor jedem Behandlungszyklus und sie wird immer wichtiger: Denn in Deutschlands Praxen steigt die Anzahl an Risikopatienten. Gesundheitsprobleme wie Diabetes mellitus oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen, aber auch Allergien und der Medikationsplan sollten im Anamnesebogen abgefragt werden. Hilfreich ist auch die Information zu früheren Erfahrungen mit Lokalanästhesien. Um perioperative Risiken zu minimieren, können Patienten nach der ASA-Klassifikation eingestuft werden. Die generelle Belastbarkeit lässt sich aber viel leichter ermitteln. Und zwar angelehnt an das metabolische Äquivalent (MET) mit einer einfachen Frage: Können Sie problemlos ein Stockwerk Treppen steigen (2)? Patienten, die als nicht belastbar eingestuft werden oder ab ASA IV, sollten stationär behandelt werden (3).

Die Belastbarkeit des Patienten lässt sich mittels MET (metabolic equivalent of task, metabolisches Äquivalent) leicht einschätzen:

  • Ausreichende/gute Belastbarkeit ≥ 4 MET
  • Schlechte Belastbarkeit < 4 MET

Tipp # 2: Das Anästhetikum richtig dosieren

Vor der Applikation sind folgende Punkte zu berücksichtigen: Wirksamkeit und Sicherheit des Präparates, Art des Eingriffs und Technik sowie etwaige Wechselwirkungen oder Kontraindikationen. Das optimale Lokalanästhetikum besitzt eine ausgeprägte Wirksamkeit und der Behandlungszeit angepasste Wirkdauer bei geringer systemischer Toxizität (4). In Deutschland kommt daher in über 97 Prozent der Fälle Articain zum Einsatz (5). Die Maximaldosis ist streng einzuhalten. Zudem sollten Zahnärzte immer das kleinste für eine ausreichende Anästhesie notwendige Volumen wählen und stets die individuelle Grenzmenge berechnen (1,4). Achtung: Bei Patienten mit Vorerkrankungen oder unter Einnahme von Medikamenten steigt die Komplikationsrate bei der Lokalanästhesie (6).

Komplikationsrate bei der Lokalanästhesie nach Daubländer (6)

Tipp # 3: Den Vasokonstriktor möglichst reduzieren

Obwohl der Anteil an Risikopatienten steigt, kommt in der Praxis noch in über 40 Prozent der Fälle der höchstkonzentrierte Adrenalinzusatz 1:100.000 zum Einsatz (5). Doch gerade dieser ist für die meisten Komplikationen verantwortlich (1). Aus diesem Grund sollte der Zusatz möglichst gering gehalten werden (2), z. B. Ultracain® D-S 1:200.000 (7). Sollte eine Vasokonstriktion nicht erforderlich und eine kurze Wirkdauer ausreichend sein, empfiehlt es sich, auf den Vasokonstriktor zu verzichten (4, 8).

Merke: Dosierung und Vasokonstriktor sind für jeden Patienten individuell einzustellen (2).

Bei kurzen Eingriffen und Risikogruppen eignet sich ein Präparat ohne Vasokonstriktor

Bei kurzen Eingriffen und Risikogruppen eignet sich ein Präparat ohne Vasokonstriktor, z. B. Ultracain® D ohne Adrenalin.

Tipp # 4: Die „hohe Leitung“ ausprobieren

Die Misserfolgsquote der Leitungsanästhesie am N. alveolaris inferior ist mit etwa 20 bis 25 Prozent relativ hoch. Eine Alternative stellt die hohe Leitungsanästhesie dar – auch Gow-Gates-Technik genannt. Ihre Erfolgsquote liegt bei 95 Prozent. Neben dem N. alveolaris inferior, dem N. lingualis, dem N. mylohyoideus sowie dem N. auriculotemporalis wird bei 75 Prozent der Patienten auch der buccalis anästhesiert, sodass hier keine zusätzliche Injektion notwendig ist. Die Kanüle wird distal des zweiten Oberkiefermolaren inseriert und parallel der Linie Mundwinkel/Tragus in Richtung des äußeren Gehörgangs nach distal vorgeschoben, bis zum Knochenkontakt am Kondylenhals. Dort werden 1,7 bis 3 ml Anästhetikum injiziert. Der Mund des Patienten sollte noch ein bis zwei Minuten geöffnet bleiben, um die Diffusion zu erleichtern (1).

Tipp # 5: Den Einstichschmerz verringern

Einige Injektionstechniken sind besonders schmerzhaft. Das gilt zum Beispiel für alle palatinalen Lokalanästhesien wie die Leitungsanästhesie des N. palatinus major oder des N. incisivus. Aus diesem Grund sollte ein Oberflächenanästhetikum lokal mit einem Wattetupfer auf die Einstichstelle aufgetragen werden. Achtung: Oberflächenanästhetika sind in die Grenzmenge miteinzubeziehen (1). Manchmal kann schon der Druck mit dem Finger auf die entsprechende Stelle oder eine kurze Vereisung den Einstichschmerz lindern. Wo sie sich anbietet, ist außerdem die intraligamentäre Anästhesie eine schmerzarme Variante – schon aufgrund der kurzen, feinen Kanülen (30G, 13 mm) (2). Vorab kann der Behandler zusätzlich einen Tropfen des Anästhetikums in den Desmodontalspalt tropfen (10).

Leitungsanästhesie des N. palatinus major: Praktisch, mit dem Tupfer lässt sich auch gleich das Foramen palatinus majus ertasten.

Leitungsanästhesie des N. palatinus major: Praktisch, mit dem Tupfer lässt sich auch gleich das Foramen palatinus majus ertasten.

Tipp # 6: Die ILA häufiger anwenden

Eine gute Alternative zu invasiveren Leitungsanästhesien, insbesondere der des N. alveolaris inferior, stellt die intraligamentäre Anästhesie (ILA) dar. Die Injektion ist schmerzarm, die Wirkung tritt schnell ein (Anflutzeit 30 Sekunden), das Taubheitsgefühl hält nicht so lange an und die Anästhesiedosis ist gering. Aus diesem Grund ist sie für Risikopatienten und auch Schwangere oder Kinder prädestiniert. Da im Desmodontalspalt keine Gefäße liegen, bilden sich keine Hämatome. Dies ist insbesondere bei antikoagulierten Patienten ein Vorteil (2, 10).

Im Seitenzahnbereich vereinfacht folgender Trick die Applikation: Die Kanüle vorher etwas abbiegen – aber nicht wieder zurückbiegen.

Im Seitenzahnbereich vereinfacht folgender Trick die Applikation: Die Kanüle vorher etwas abbiegen – aber nicht wieder zurückbiegen.

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Hinweis: Das im Text beschriebene Vorgehen dient der Orientierung, maßgeblich sind jedoch immer die individuelle Anamnese und die Therapieentscheidung durch die behandelnde Ärztin/den behandelnden Arzt. Die aktuellen Fachinformationen und Leitlinien sind zu beachten.

Literatur

  • (1) Daubländer M, „Lokalanästhesie in der Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde“, in: Aken, Hv und Wulf H (Hrsg.), Lokalanästhesie, Regionalanästhesie, Regionale Schmerztherapie (3. überarb. Auflage 2010), Thieme, Stuttgart, New York, 585–636.
  • (2) Daubländer M, Kämmerer PW, Liebaug F, Ein praxisnaher Leitfaden: Differenzierte Lokal-anästhesie 2016, Online abrufbar unter: https://www.dentalmagazin.de/praxiszahnmedizin/vermischts/differenzierte-lokalanaesthesie/
  • (3) Saklad M, Grading of patients for surgical procedures. Anesthesiology 1941;2:281–84 (ASA 6 später ergänzt).
  • (4) Daubländer M, Kämmerer PW, Lokalanästhesie in der Zahnmedizin, 2011, Berlin, Sanofi.
  • (5) Halling F, Verbrauch dentaler Lokalanästhetika in Deutschland und im internationalen Ver-gleich, DZZ 2015; 70 (6):426-432.
  • (6) Daubländer M et al., The Incidence of Complications Associated with Local Anesthesia in Dentistry. American Dental Society of Anesthesiology 1997;44:132-141.
  • (7) Sanofi, Fachinformation Ultracain® D-S, Ultracain® D-S forte, Dezember 2018.
  • (8) Kämmerer PW et al., Comparison of 4% articaine with epinephrine (1:100,000) and without epinephrine in inferior alveolar block for tooth extraction – double blind, randomized clinical trial of anesthetic efficacy. Oral Surg Oral Med Oral Pathol Oral Radiol Endod, 2011.
  • (9) Sanofi, Fachinformation Ultracain® D, April 2017.
  • (10) Bender W, Taubenheim L, Lokalanästhesie bei Hämophilie-Patienten, Dent Implantol 2016(20);1:36–39. Online abrufbar unter: https://www.dimagazin-aktuell.de/parodontologie/anaesthesie/story/lokalanaesthesie-bei-haemophilie-patienten__3641.html (letzter Zugriff 07.10.2020).