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Selbstdesinfizierende Maske auf Knopfdruck
Vier Forscher der Züricher Hochschule für Angewandte Wissenschaften

Am interdisziplinären Forschungsprojekt sind die Fachstellen von Christian Adlhart (v.l.), Chahan Yeretzian und Martin Sievers beteiligt (r). Trond Heldal (2. v. r.) ist Cheftechnologe beim Industriepartner Osmotex.

Forscher der Züricher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) entwickeln in Zusammenarbeit mit der Firma Osmotex AG eine selbstdesinfizierende Maske, die Viren auf Knopfdruck inaktiviert. Der Prototyp dieser weltweit einzigartigen Maske aus elektrochemischen Textilien zeigt eine antivirale Wirkung von über 99 Prozent. Weitere Anwendungen wie sterilisierbare Sitzbezüge werden geprüft.

Ob aus Zellulose oder Stoff: Schutzmasken sind aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Ihre Schutzwirkung basiert bei den heutigen Modellen auf der Filterung der Aerosole oder zusätzlich auf der passiven Inaktivierung der Viren mittels geladener Oberflächen, zum Beispiel durch Silberkationen. Damit die Masken zuverlässig schützen, müssen sie richtig getragen und rechtzeitig ersetzt oder fachgerecht gewaschen werden. Eine Schutzmaske, die sich jederzeit auf Knopfdruck sterilisieren lässt, hätte entscheidende Vorteile.

Hier setzten die ZHAW und die Firma Osmotex aus Thalwil (Schweiz) an: Mit einer neuartigen elektrochemischen Technologie können Viren und andere Krankheitserreger nicht nur passiv, sondern zusätzlich auch aktiv unschädlich gemacht werden. Aktuell wird ein Prototyp dieser Maske von drei Forschungsgruppen des ZHAW-Instituts für Chemie und Biotechnologie in Wädenswil optimiert. Die Forschenden konnten nachweisen, dass die neuartige Maske sicher und gesundheitlich unbedenklich ist. Sie soll spätestens im Frühling 2021 marktreif sein.

Mann zeigt Maske, die sich selbst desinfizieren soll

Die Maske besteht aus einem mehrlagigen Textil, Elektroden und einer kleinen Batterie.

Erste Maske mit elektrochemischer Technologie

Laut Osmotex-Cheftechnologe Trond Heldal sind die bisherigen Resultate vielversprechend. „Unsere Sterilizer Mask wäre die erste Maske weltweit, die sich elektrochemisch sterilisieren lässt – und zwar rasch und zuverlässig. Das entsprechende Verfahren haben wir bereits patentieren lassen“, erklärt Heldal. „Dank dem wissenschaftlichen Knowhow der ZHAW konnten wir die Maske optimieren und innerhalb kurzer Zeit zur Marktreife bringen.“

Das gemeinsam von ZHAW-Chemiker Chahan Yeretzian und Osmotex initiierte Projekt wird von der Förderagentur des Bundes Innosuisse mit 902.000 Franken unterstützt und verfügt über ein Budget von 1,7 Millionen Franken. Während sich Chahan Yeretzians Team der Sicherheit der Maske widmet, ist das Team von ZHAW-Mikrobiologe Martin Sievers für die Effizienz und jenes von ZHAW-Chemiker Christian Adlhart für das Material zuständig. „Nachdem wir die Wirksamkeit der elektrochemischen Technologie mit einer Studie im Sommer 2020 dokumentiert haben, arbeiten wir nun daran, diese Technologie für sterile Schutzmasken zu optimieren und alltagstauglich zu machen“, so Yeretzian.

Sterilisierung auf Knopfdruck

Die neuartige Maske besteht aus einem mehrlagigen Spezialstoff sowie Elektroden und einer Spannungsquelle. Zwischen zwei leitenden Schichten liegt eine isolierende Membran. Dank einer integrierten und über einen USB-Anschluss aufladbaren Batterie wird auf Knopfdruck eine elektrische Spannung von wenigen Volt angelegt. Diese erzeugt reaktive Sauerstoffmoleküle, die Viren und auch Bakterien zuverlässig inaktivieren. Auf diese Weise lässt sich die Oberfläche der Maske in wenigen Minuten – und sogar während des Tragens – sterilisieren. Die angelegte Spannung und die erzeugten reaktiven Sauerstoffmoleküle sind dabei minimal und für Menschen absolut unbedenklich.

Welche reaktiven Sauerstoffmoleküle produziert werden und wie effizient diese die Krankheitserreger inaktivieren, hängt von der eingesetzten Spannung und von den verwendeten Materialien ab. Im Labor suchen die ZHAW-Forschenden aktuell nach der optimalen Mischung. „Je nach Spannung und Aufbau des Textils erreichen wir eine Vireninaktivierung von über 99 Prozent, und zwar unter weit höheren Anforderungen und in kürzerer Zeit als für antivirale Textilien empfohlen“, so ZHAW-Projektleiter Sebastian Opitz. Die Sterilisierungseffizienz könnte also je nach Einsatzbereich spezifisch angepasst werden.

Potenzial für weitere Anwendungen

Das große Potenzial des elektrochemischen Verfahrens von Osmotex zeigte sich schon früher bei der Entwicklung von „intelligenten“ Sporttextilien, die den Schweiss aktiv nach aussen transportieren. Im Rahmen des Innosuisse-Projekts wollen Osmotex und die ZHAW-Forschenden diese Technologie deshalb auch auf weitere Anwendungen ausdehnen, so etwa auf Sitzbezüge und andere Textilien im öffentlichen Bereich.

Die Liste der potenziellen Anwendungsbereiche ist lang: Spitäler, Rettungsteams, Hotels, öffentliche Verkehrsmittel, Büros oder Arbeitsplätze. So könnten teure sowie potenziell gefährliche chemische Stoffe oder UV-Systeme ersetzt werden. „Die elektrochemische Sterilisation könnte sogar eine Antwort auf die wachsende Problematik multiresistenter Krankenhauskeime sein“, sagt Chahan Yeretzian. Denkbar sind aber auch ganz alltägliche Anwendungen. Beispielsweise könnte eine Handtasche der einfachen Sterilisierung von Gegenständen wie Schlüssel, Handy oder Münzen dienen.

Steriliserung auf Knopfdruck