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Mundpflegebedarf
Ab 2020 soll die neue Pflegeausbildung an den Start gehen.

Die KZBV richtet einen Fokus bei der Förderung der „Gesundheitskompetenz im digitalen Zeitalter“ auf Pflegebedürftige und Menschen mit Beeinträchtigung.

Der Mundgesundheitsstatus ist ein Spiegel unserer Gesellschaft. Die fünfte Deutsche Mundgesundheitsstudie zeigt, dass Kinder aus niedrigeren Sozialschichten mehr als doppelt so viele kariöse, fehlende oder gefüllte Zähne haben wie Kinder aus höheren sozialen Schichten. Immerhin ging die Karieslast insgesamt in den vergangenen 30 Jahren sehr stark zurück – Prävention sei Dank.

Auf der anderen Seite des Lebenszyklus sehen wir ähnliche Benachteiligungen. Die Mundgesundheit von pflegebedürftigen Senioren ist erheblich schlechter als die des Bevölkerungsdurchschnitts. Derzeit sind etwa 50 Prozent der Zähne von Pflegebedürftigen von Karies betroffen, 75 Prozent haben eine belegte Zunge und nur 25 Prozent aller Prothesen sind frei von Belägen. Das hat natürlich viele Ursachen. Wer sich nicht mehr selbst die Zähne putzen kann, der braucht Hilfe. Die lässt sich aber nur schwer in den eng getakteten Pflegealltag integrieren. Hier hat Mundgesundheit häufig noch nicht den Stellenwert, den sie verdient. Denn meist sind es ja nicht zwei oder drei Minuten Zähneputzen, sondern realer Pflegeaufwand. Nicht jeder Pflegebedürftige versteht, warum jetzt jemand Zähne putzen will, und macht den Mund nicht auf. Was nun? Was tun?

Bei Pflegebedürftigkeit steigt zwar der Behandlungsbedarf, gleichzeitig nimmt die Therapiefähigkeit ab. Selbst kooperative Senioren stellen Pflegefachkräfte vor Herausforderungen. Allein schon beim Thema Zahnersatz – ein weites Feld. So viele Formen, herausnehmbar, festsitzend. Da ist Fachwissen gefragt, das derzeit nicht in der Pflegeausbildung vermittelt wird. Das soll sich ändern.
Das Pflegeberufegesetz wurde im Juni 2017 beschlossen und regelt die Zusammenführung der Kranken- und Altenpflege. Es soll für eine hochwertige Pflegeausbildung sorgen. Eine jüngst vom BMG und BMFSFJ eingesetzte ehrenamtliche Fachkommission soll nun die Rahmenlehr- und Rahmenausbildungspläne erarbeiten. Hier gilt es, das Thema Mundgesundheit zu etablieren. Ab 2020 soll die neue Pflegeausbildung dann an den Start gehen.

DGAZ und BZÄK haben dazu curriculare Bausteine zur „Mundhygiene in der Pflegeausbildung“ entwickelt. Im ersten Ausbildungsjahr sind neun Schulstunden à 45 Minuten vorgesehen, in denen theoretisches Wissen über Mundhöhle und Mundpflege sowie zum Zahnersatz vermittelt wird. Hinzu kommen praktische Lerninhalte zur Umsetzung von Pflegeritualen und Anwendungsübungen. „Klares Ziel ist es, im Rahmen der Erarbeitung der Rahmenlehrpläne zur Pflegefachkraft diese curricularen Bausteine zur ‚Mundhygiene in der Pflegeausbildung‘ einzubringen, damit die Vermittlung von Mundhygiene­inhalten in der Pflegeausbildung einen größeren Raum einnehmen kann. Die Ausbildung soll die Pflegefachkräfte dazu befähigen, wiederkehrende Maßnahmen zur Zahn- und Mundhygiene auch im Pflegealltag zu etablieren, denn Mundgesundheit und orale Lebensqualität sind wichtige Faktoren für die Allgemeingesundheit“, fasst Prof. Dr. Dietmar Oesterreich, Vizepräsident der BZÄK, das Engagement der Zahnärzteschaft zusammen.

Zahnmedizinische Inhalte werden zunehmend auch von der Pflegewissenschaft berücksichtigt. „Ein deutliches Zeichen dafür ist, dass die Zahnärzte bei der Entwicklung der Expertenstandards zur Erhaltung und Förderung der Mundgesundheit in der Pflege einbezogen werden. Denn zahnmedizinische Prävention in der Pflege richtig umzusetzen, bedeutet auch, Pflegefachkräfte einzubinden sowie sie zur entsprechenden Umsetzung zu befähigen“, so Oesterreich weiter.

In der kommenden dzw 26/19 und bald online lesen Sie unseren Schwerpunkt zum Thema „Seniorenzahnmedizin“.