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Ein Meilenstein für Patienten und Praxen

Von Chefredakteur Marc Oliver Pick

Von Chefredakteur Marc Oliver Pick

Auch jenseits der aktuellen und voraussichtlich noch weiter andauernden ­Bedrohung durch das Corona-Virus gibt es Erkrankungen, die aufgrund von Langzeitschäden eine noch verheerendere Bilanz aufzeigen. Und damit ist keine von Viren oder mutierten Viren ausgelöste Erkrankung gemeint, sondern die „große Volkskrankheit“ Parodontitis, wie sie der KZBV-Vorsitzende Dr. Wolfgang Eßer zurecht benennt (siehe dzw-Interview).

Anders als bei COVID-19, wo es (noch) keinen großen Durchbruch gibt, auch wenn die Impfkampagne angelaufen ist und die Infektionszahlen seit ­Tagen rückläufig sind, ist im Falle der ­­Parodontitis ein wichtiges Ziel erreicht worden: Die KZBV hat die neue PAR-Richtlinie zur systematischen Parodontitistherapie erfolgreich auf den Weg gebracht. Damit ist es ab Juli dieses Jahres möglich, Patienten nach aktuellem wissenschaft­lichen Stand zahnmedizinischer Erkenntnisse zu behandeln.

Große Widerstände überwunden

Laut Dr. Wolfgang Eßer mussten insbesondere große Widerstände seitens der Krankenversicherungen überwunden werden, ­bevor man sich im Gemeinsamen Bundesausschuss im Dezember 2020 zu einem Beschluss durchringen konnte. Es war nicht der erste Vorstoß: Bereits 2003 hatte der damalige Bundesausschuss der Zahnärzte und Krankenkassen die Anpassung aus finanziellen Gründen abgelehnt. 2013 schließlich brachte ein Antrag der Patientenvertretung den Stein wieder ins Rollen.

Seitdem ist – neben der Verhandlungs­arbeit der KZBV – viel passiert. Auf wissenschaftlicher Seite stellte die DG Paro gleich vier neuen S3-Leitlinien für die parodontologische Arbeit in der Zahnarztpraxis vor. 2018 wurden dann die neuen Parodontitis-Klassifikationen – ebenfalls unter ­maßgeblicher Beteiligung der DG Paro – anlässlich der Europerio 9 in Amsterdam vorgestellt.

Der Kreis ist also geschlossen: Von der Klassifikation über Therapieleitlinien bis hin zur PAR-Richtlinie sind alle Voraus­setzungen geschaffen worden, der Volkskrankheit Parodontitis besser denn je beizukommen. Jetzt stehen im Bewertungsausschuss noch die ebenso wichtigen ­Verhandlungen zur Vergütung an, und zwar unter einigem Zeitdruck, wenn den Patienten die neuen Leistungen ab 1. Juli 2021 zur Verfügung gestellt werden sollen.

Zusammenhang zwischen Parodontitis und COVID-19

Wie wichtig die Richtlinie ist, zeigen immer mehr nachgewiesene Zusammenhänge zwischen parodontalen Erkrankungen und Allgemeingesundheit. Noch relativ frisch ist die Erkenntnis, dass eine Parodontitis auch ein Risikofaktor für einen schweren ­COVID-19-Verlauf sein kann. Darauf weisen gleich zwei Studien hin, die den Zusammenhang zwischen Parodontitis und COVID-19 untersucht ­haben. So zeigt laut einer DG-Paro-Pressemitteilung eine in Katar durchgeführte Studie, dass nach Berücksichtigung von Alter, Geschlecht, Nikotinkonsum und ­Body-Mass-Index COVID-19-Patienten mit Parodontitis 3,5-mal häufiger intensiv­medizinisch behandelt werden mussten, 4,5-mal häufiger ein Beatmungsgerät ­benötigten und fast neunmal häufiger sterben als Patienten ohne Parodontal­erkrankung.

Eine britische Studie konnte zwar keinen direkten Zusammenhang zwischen Parodontitis und einer COVID-19-Erkrankung feststellen, aber auch hier konnte eine signifikant höhere Mortalität bei an COVID-19 erkrankten Patienten, die zugleich an Parodontitis erkrankt waren, belegt werden.

Insofern hätte man für den diesjährigen Tag der Zahngesundheit – „Gesund beginnt im Mund – Zündstoff!“ – kein besseres Motto finden können. Eine passende Ergänzung übrigens zu einer weiteren ­Facette der beschlossenen PAR-Richtlinie, die zum ersten Mal die „sprechende Zahnmedizin“ zu einem essenziellen Teil der Behandlung macht. Für betroffene Patienten ist die PAR-Richtlinie ein Meilenstein. Und wenn es gelingt, eine adäquate Leistungsbewertung durchzusetzen, auch für die Praxen.