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Wenn der Zahnarzt versehentlich die ZFA verletzt: Haftung von Angestellten untereinander

Es kommt immer wieder vor, dass sich Mitarbeiter in Zahnarztpraxen (angestellte Zahnärzte, ZFAs, Lehrlinge) untereinander schädigen, beispielsweise indem der angestellte Zahnarzt die ZFA mit dem Skalpell oder einem Bohrer verletzt. Wenn es keine großen Schmerzen und keine bleibenden Folgen gibt, lässt man das meist auf sich beruhen, das heißt, der Geschädigte stellt keine Ansprüche, da man sich ja gut versteht.

Anders sieht es aus, wenn es um bleibende oder schwerere Schäden geht, zum Beispiel um Narben oder Infektionen. Dann wird der Geschädigte Ansprüche gegen den Schädiger geltend machen. So etwas ist natürlich dem Betriebsklima sehr abträglich.

Um Rechtsstreite unter Arbeitnehmern möglichst zu vermeiden, hat der Gesetzgeber in Paragraf 105 SGB VII einen Haftungsausschluss geschaffen. Danach haften „Personen, die durch eine betriebliche Tätigkeit einen Versicherungsfall von Versicherten desselben Betriebes verursachen“, nur, wenn sie vorsätzlich handeln. Stattdessen haftet die gesetzliche Unfallversicherung nach Paragrafen 26 ff. SGB VII.

In Zahnarztpraxen kommt es immer wieder zu Verletzungen unter Kollegen, beispielsweise indem der angestellte Zahnarzt die ZFA mit dem Skalpell oder einem Bohrer verletzt.

In Zahnarztpraxen kommt es immer wieder zu Verletzungen unter Kollegen, beispielsweise indem der angestellte Zahnarzt die ZFA mit dem Skalpell oder einem Bohrer verletzt.

Allerdings muss man – wie so oft – den Gesetzestext genau lesen: Die zitierte Regelung gilt nur, wenn die Schädigung „durch eine betriebliche Tätigkeit“ erfolgt. Dazu reicht es nicht, dass sie im Betrieb, also in der Zahnarztpraxis, erfolgt. So sind zum Beispiel Schädigungen in der Mittagspause grundsätzlich nicht erfasst. Das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein hatte jetzt einen Grenzfall zu entscheiden (Az.: 1 Sa 247/15).

Es ging darum, dass der Fahrer eines Gabelstaplers im Rahmen seiner Arbeit einen Kollegen aus Spaß in die Brust zwicken wollte und dazu dicht an ihn heranfuhr. Dabei fuhr er ihm über den Fuß, was zu Knochenbrüchen führte. Das Gericht entschied, dass es sich dabei nicht um eine betriebliche Tätigkeit gehandelt hat, vielmehr geschah dies nur „anlässlich“ einer betrieblichen Tätigkeit – schließlich war dem Gabelstaplerfahrer ja von seinem Chef aufgetragen worden, mit dem Gabelstapler Waren zu transportieren und nicht seinen Kollegen in die Brust zu zwicken. Deshalb musste der Gabelstaplerfahrer dem geschädigten Arbeitskollegen ein Schmerzensgeld zahlen.

Deshalb sollte jeder Angestellte überprüfen, ob er ausreichend haftpflichtversichert ist und die Versicherung auch solche Unfälle im Betrieb erfasst, die nur „anlässlich“ seiner Berufstätigkeit passieren.

Dr. Wieland Schinnenburg, Hamburg


Der Autor dieses Beitrags, Dr. med. dent. Wieland Schinnenburg, ist Zahnarzt und Rechtsanwalt, Fachanwalt für Medizinrecht und Mediator. Kontakt zum Autor unter www.rechtsanwalt-schinnenburg.de.