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Praxislabor im Z-MVZ: Dürfen die das?

Rechtsform kann die GmbH, etwa als „Ein-Mann MVZ GmbH“, sein. Laut KZV Nordrhein gibt es aktuell 40 Z-MVZ. Die Frage ist nun, darf eine MVZ GmbH eigentlich ein Eigenlabor betreiben?

Zahntechnikerinnen

Die Berufsordnung regelt zwar nicht, dass ein Praxislabor in einer MVZ GmbH gestattet ist, es existiert aber auch kein Verbot.

Die Verwaltung der KZV Nordrhein scheint dies in einer groben und vorläufigen Einschätzung – unter Hinweis auf die Berufsordnung für Zahnärzte – zu verneinen. Begründung: Nach der Berufsordnung dürfen dentaltechnische Leistungen nur im Eigenlabor eines Zahnarztes erbracht werden. Die Berufsordnung regele nicht, dass dies einer MVZ GmbH gestattet sei. Es sei im Gesetz auch sonst nicht geregelt, dass die Führung eines Eigenlabors einer MVZ GmbH erlaubt sei. Außerdem könne eine MVZ GmbH, die mehrere Praxen betreibe, die labortechnischen Leistungen von einem Standort nicht an einen anderen Standort liefern, denn das sei nur einem gewerblichen Labor vorbehalten, weil dann andere beliefert würden.

Alle Arbeiten also ans gewerbliche Labor?

Demzufolge stellt sich zurzeit die Frage, ob eine Z-MVZ GmbH überhaupt zahntechnische Leistungen erbringen darf oder ob sie als Folge eines eventuellen Verbots alle zahntechnischen Leistungen an ein gewerbliches Dentallabor vergeben muss.

Grundlegende Überlegungen: Hinsichtlich des freiberuflich tätigen Zahnarztes gilt seit jeher, dass das Erbringen zahntechnischer Leistungen in einem Praxislabor integraler und untrennbarer Teil der Zahnheilkunde ist.

Der selbstständige Zahnarzt hat die Option, den im Rahmen der zahnärztlichen Heilbehandlung erforderlichen Zahnersatz wahlweise in seinem praxiseigenen Labor oder in einem gewerblichen Dentallabor herstellen zu lassen. Soweit der Zahnarzt mithilfe eines praxiseigenen Labors persönliche Dienstleistungen höherer Art erbringt, übt er weiterhin einen freien Beruf aus. Dies zeigt sich auch darin, dass er keine Gewerbesteuer zahlen muss.

Die wesentlichen berufsrechtlichen Regelungen für die zahnärztliche Tätigkeit sind im Gesetz über die Ausübung der Zahnheilkunde (ZHG) vom 31. März 1952 (Bundesgesetzblatt I, Seite 221 – zuletzt geändert am 21. Juli 2014) festgelegt. Das ZHG wird aufgrund einer Vielzahl von Vorschriften ergänzt, unter anderem durch die Berufsordnung (BO) der zuständigen Zahnärztekammern. Für den als Vertragszahnarzt zugelassenen Zahnarzt werden diese Bestimmungen durch das SGB V und die auf seiner Grundlage ergangenen Vereinbarungen und Beschlüsse ergänzt.

Keine Gewerblichkeit, solange nur eigene Patienten versorgt werden

In Ergänzung der gesetzlichen Vorschriften regelt die Musterberufsordnung der Zahnärzte (Paragraf 11 MBO-Z), dass die Herstellung von Zahnersatz im praxiseigenen Labor zulässig ist. Auch zum Beispiel die Berufsordnung der Zahnärzte in Nordrhein erkennt dies an. Dort ist in Paragraf 16 geregelt: „Der Zahnarzt ist berechtigt, ausschließlich für die Versorgung seiner eigenen Patienten ein zahntechnisches Labor zu betreiben.“ Damit ist sichergestellt, dass der Zahnarzt keine Laborleistungen für Patienten erbringt, die nicht seiner Praxis zugeordnet sind. Dadurch wird die zahnärztliche Tätigkeit nicht gewerblich.

Auch ein in der Rechtsform einer GmbH tätiges MVZ hat „eigene Patienten“, nämlich die, die sich in der MVZ GmbH von den dort angestellten Zahnärzten betreuen lassen. Das ergibt sich daraus, dass die GmbH Träger von Rechten und Pflichten ist (Paragraf 13 Absatz 1 GmbH-Gesetz) und daher in gleicher Weise wie ein Zahnarzt über „eigene Patienten“ verfügt.

Verbot möglicherweise rechtswidrig

Verfassungsrechtliche Aspekte: Die Verweigerung der Möglichkeit für eine MVZ GmbH, ein Eigenlabor zu betreiben und seine einzelnen Standorte zu beliefern, stellt sich unter dem Aspekt der Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes (Artikel 3 Grundgesetz – GG) und der Berufsfreiheit (Artikel 12 GG) nach Auffassung des Autors als rechtswidrig dar.

Grundsatz der Berufs- und Gewerbefreiheit

Nach Artikel 19 Absatz 3 GG stehen Grundrechte auch juristischen Personen, mithin auch einer MVZ GmbH zu, soweit die Grundrechte nach ihrem Wesen auf die juristischen Personen anwendbar sind. Dort ist genau geregelt: „Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.“

Eine GmbH ist ein wirtschaftliches Unternehmen, welches in einer freiheitlichen demokratischen Grundordnung auf faire Rahmenbedingungen angewiesen ist und diese auch ausnutzen darf. Daher sind auf die Gesellschaftsform einer GmbH sowohl der Gleichbehandlungsgrundsatz als auch die Berufsfreiheit anwendbar. Ansonsten wäre der Grundsatz der Berufs- und Gewerbefreiheit in Deutschland nicht durchführbar. Die Anwendung der oben angeführten Grundrechte gilt demzufolge auch für die MVZ GmbH.

Unterscheidung nicht plausibel

Vor diesem Hintergrund ist es schon aus Gleichheitsgründen nicht nachvollziehbar, warum Zahnarztpraxen von Zahnärzten und Zahnarztpraxen einer MVZ GmbH unterschiedlich behandelt werden sollen. Insbesondere hat der Bundesgesetzgeber die Gleichbehandlung im SGB V sogar positiv ausformuliert. Paragraf 72 SGB V lautet: „Ärzte, Zahnärzte, Psychotherapeuten, medizinische Versorgungszentren und Krankenkassen wirken zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung der Versicherten zusammen. Soweit sich die Vorschriften dieses Kapitels auf Ärzte beziehen, gelten sie entsprechend für Zahnärzte, Psychotherapeuten und medizinische Versorgungszentren, sofern nichts Abweichendes bestimmt ist.“

Recht auf freie Wahl der Art der Berufsausübung

Dies belegt eindeutig, dass der Bundesgesetzgeber keine Unterschiede zwischen dem einzelnen Zahnarzt und einem MVZ – auch in der Rechtsform einer GmbH – sieht. Hinzu kommt, dass ein Eingriff in die Ausübung des Berufs nach dem Grundgesetz eindeutig eine gesetzliche Regelung vorschreibt. Artikel 12 GG lautet: „(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.“

Artikel 12 I GG schützt sowohl die Berufswahl als auch die Berufsausübung. Der Schutz der Berufsausübung umfasst im Wesentlichen Form, Mittel, Inhalt und Umfang der beruflichen Tätigkeit. Berufsausübungsregelungen sind Bedingungen und Modalitäten, unter denen beziehungsweise in denen sich die berufliche Tätigkeit vollzieht (beispielsweise Aufenthalts- und Anmeldepflichten, Vergütungsbestimmungen, Werbebestimmungen, Ladenöffnungszeiten).

Keine Verbotsregelung vorhanden

Soweit es um die Frage geht, ob eine MVZ GmbH ein Eigenlabor betreiben darf, geht es um eine solche Berufsausübungsregelung. Da solche gesetzlichen Verbotsregelungen nicht vorliegen, kann es einer MVZ GmbH nicht genommen werden, die Zahnarztpraxis mit einem Eigenlabor zu betreiben.

Dabei macht es auch keinen Unterschied, ob sich das Eigenlabor an einem anderen Platz befindet als die Praxis oder die Praxen der MVZ GmbH. Es liegt insoweit keine Belieferung eines Dritten vor. Vielmehr bleiben auch bei verschiedenen Standorten die Patienten solche der MVZ GmbH, sodass keine Belieferung Dritter anzunehmen ist. Die Laborleistung bleibt vielmehr integrativer Bestandteil der Zahnbehandlung der MVZ GmbH.

Sozialrechtliche Überlegungen

Dem SGB V lässt sich neben den verfassungsrechtlichen Argumenten der gesetzgeberische Wille entnehmen, dass das MVZ ein Eigenlabor betreiben darf. Dies folgt bereits aus dem Wortlaut des SGB V, der in den entscheidenden Auszügen lautet: „Paragraf 28 SGB V Ärztliche und zahnärztliche Behandlung […] (2) Die zahnärztliche Behandlung umfasst die Tätigkeit des Zahnarztes, die zur Verhütung, Früherkennung und Behandlung von Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten nach den Regeln der zahnärztlichen Kunst ausreichend und zweckmäßig ist; sie umfasst auch konservierend-chirurgische Leistungen und Röntgenleistungen, die im Zusammenhang mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen erbracht werden.“

Ergänzend bestimmt Paragraf 73 Absatz 2 SGB V: „(2) Die vertragsärztliche Versorgung umfasst die […] 2a.Versorgung mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen, soweit sie Paragraf 56 Absatz 2 SGB V entspricht.“

Paragraf 95 SGB V regelt hierzu auszugsweise und ergänzend: „(1) An der vertragsärztlichen Versorgung nehmen zugelassene Ärzte und zugelassene medizinische Versorgungszentren […] teil.“

Erbringung dentaltechnischer Leistungen der zahnärztlichen Behandlung zugeordnet

Aus den zitierten sozialrechtlichen Vorschriften ist herzuleiten, dass nicht nur Zahnärzte, sondern auch die MVZ im zahnärztlichen Bereich die Versorgung mit zahntechnischen Leistungen zu erbringen haben, denn um solche handelt es sich bei den in Paragrafen 28 und 56 SGB V bezeichneten Kronen, Zahnersatz und Superkonstruktionen. Aus den Vorschriften folgt eindeutig, dass die Erbringung dentaltechnischer Leistungen der zahnärztlichen Behandlung zugeordnet ist. Insofern muss das zahnärztliche MVZ auch diese Leistung mit anbieten dürfen. Nimmt man auch die bereits zitierte Vorschrift des Paragraf 72 SGB V hinzu, wonach Zahnärzte und MVZ gleich zu behandeln sind, dann folgt daraus eindeutig, dass auch eine MVZ GmbH ein Praxislabor betreiben darf.

Ganz im Sinn der Versichertengemeinschaft

Auch aus Paragraf 85 Absatz 3 SGB V folgt, dass dieses Ergebnis auch dem Sinn der Versichertengemeinschaft entspricht, denn die Leistungen im Praxislabor sind im Verhältnis zu Leistungen aus dem gewerblichen Labor um 5 Prozent im Preis reduziert.

Paragraf 85 Absatz 3 SGB V lautet: „Preise für zahntechnische Leistungen nach Absatz 1 ohne die zahntechnischen Leistungen beim Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen, die von einem Zahnarzt erbracht werden, haben die Preise nach Absatz 2 Satz 1 und 2 um mindestens 5 vom Hundert zu unterschreiten.“ Die Leistungen sind mithin für die Versichertengemeinschaft günstiger.

Ausblick: Der Betrieb eines Eigenlabors durch eine MVZ GmbH ist aus verfassungsrechtlichen und sozialrechtlichen Vorschriften zulässig. Mag sein, dass sich die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen weniger als Vertreter der „Großlabore“ von großen MVZ sehen. Das kann aber nicht die Auswirkung haben, dass sie sich gegen die gesetzgeberische Intention stellen und contra legem argumentieren.