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(Rest-)Urlaub in Zeiten von Corona und Kurzarbeit

Sie sind zurück an Ihrem Arbeitsplatz, und Ihr Unternehmen gehört zu denen, die jetzt wieder durchstarten. Dann stellt sich die Frage: Was passiert eigentlich mit meinem Urlaub?

Der Chef braucht mich im Herbst, und ich kann auch nicht dorthin reisen, wohin ich möchte. Darf mein Chef mir diesen einfach so versagen? Kann mein Urlaub sogar gekürzt werden, wenn ich mich streckenweise in Kurzarbeit befunden habe oder der Betrieb kurzzeitig geschlossen werden musste? Und wie steht es um die Übertragbarkeit meines Urlaubsanspruchs ins nächste Jahr?

Resturlaub ins Folgejahr?

Ist in dem Betrieb einfach zu viel zu tun, als dass der Arbeitgeber auf Ihre Arbeitsleistung verzichten kann, können Sie Ihren Resturlaub in das Folgejahr mitnehmen.

Grundsätzlich hat jeder Arbeitnehmer in Deutschland einen gesetzlichen Mindesturlaub von 20 Tagen im Jahr. Darüber hinaus gibt es zumeist vertraglich zugesicherten weiteren Urlaub. Die derzeitige Corona-Krise ändert daran nichts. Allerdings sieht das Gesetz auch Sonderreglungen vor, die dem Umstand Rechnung tragen, dass dringende betriebliche Gründe oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe vorliegen, die eine Übertragung des Urlaubsanspruchs aufs Folgejahr rechtfertigen. Dies ist explizit in Paragraf 7 Abs. 3 Satz 2 BurlG so geregelt. Findet seine Übertragung statt, ist der Urlaub spätestens bis zum Ende des dritten Kalendermonats des Folgejahrs zu nehmen, also bis zum 31. März 2021.

Einen speziellen Übertragungsgrund „Corona“ gibt es deshalb trotzdem nicht. Dies gilt auch für die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers. Konnte dieser etwa seine Traumreise in die USA wegen der geltenden Einreisebeschränkungen nicht wahrnehmen, rechtfertigt dies nicht den Übertragungsgrund „in der Person des Arbeitnehmers liegend“! Anderes kann für den vertraglich gewährten zusätzlichen Urlaub gelten. Aber auch hier müssen die Vertragsparteien die Verkürzung vereinbaren.

Dem Arbeitgeber ist jedoch in jedem Fall zu raten, seine Arbeitnehmer explizit drauf hinzuweisen, dass der Urlaub am Ende des Jahres entfällt, und diese anzuhalten, ihren Urlaub rechtzeitig zu nehmen. Tut er dies nicht, führt dies nach den Urteilen des EuGH und des BAG unter Umständen dazu, dass der gesamte Urlaub auf das Folgejahr übertragen werden kann.  

„Kurzarbeit null“

Was passiert bei „Kurzarbeit null“? Haben Sie bereits, bevor Ihr Arbeitgeber Kurzarbeit (auf „null“) angeordnet hat, einen Urlaubsantrag gestellt und würde Ihre Urlaubszeit in die Kurzarbeit (auf „null“) fallen, ist zunächst der Urlaub anzutreten. Es gibt hinsichtlich der Vergütung keine Benachteiligung.

Weiter stellt sich die Frage, wie sich die Kurzarbeit auf meinen Urlaubsanspruch auswirkt. Es gilt, dass der Urlaubsanspruch nur erfüllt werden kann, wenn der Arbeitnehmer aufgrund der Urlaubserteilung der Arbeit fernbleibt. Der Urlaubsanspruch kann nicht erfüllt werden, wenn er zum Zeitpunkt des Urlaubsbeginns schon aus anderen Gründen, die nach der Urlaubsgewährung entstanden sind, von der Arbeitspflicht befreit ist. Bei der Kurzarbeit auf „null“ entfällt die Arbeitspflicht ja vollständig, weshalb währenddessen kein Urlaub gewährt oder genommen werden kann.  

Verkürzung des Urlaubsanspruchs bei Kurzarbeit?

Ob sich mein Urlaubsanspruch durch die Kurzarbeit der Höhe nach schmälert, hängt davon ab, wie sich die Kurzarbeit auf meine Regelarbeitszeit auswirkt.
Wie es sich aus dem Begriff selbst schon ergibt, ist ein Urlaubstag darauf ausgelegt, an einem gewählten Tag der Arbeit fern zu bleiben, da ich von meiner Arbeitspflicht befreit werde. Ist die Kurzarbeit bei mir so ausgestaltet, dass ich beispielsweise anstatt ganzer Tage nur halbe Tage arbeite, es also bei einer gleichbleibenden Anzahl der Wochenarbeitstage bleibt, wirkt sich dies auf die Höhe der mir zustehenden Urlaubstage nicht aus.

Anders ist es jedoch zu beurteilen, wenn sich aufgrund der Kurzarbeit die Anzahl der Wochenarbeitstage verringert. Der EuGH hat in einer Entscheidung die Kurzarbeit mit Teilzeitarbeit verglichen und eine Kürzung von Urlaubsansprüchen möglich gemacht. Es kann während der Kurzarbeit (auf „null“) zwar kein Urlaub genommen werden, jedoch wird in dieser Zeit auch kein Urlaub „gesammelt“. Plump gesagt: Da ich keine Arbeitsleistung erbringen musste, bestand auch kein Bedarf, mich davon zu erholen. Es ist demnach zwischen den einzelnen „Phasen“ im Kalenderjahr zu unterscheiden. Zur Berechnung bedient sich die Rechtsprechung folgender Formel: X = (24 Werktage × Anzahl der Wochenarbeitstage im Zeitabschnitt × Wochenzahl des Zeitabschnitts)/312 Werktage

Keine zwingende Verpflichtung zur Verkürzung

Es gibt aber keine rechtliche Verpflichtung nach europäischem Recht, dass die Urlaubsansprüche gekürzt werden müssen. Zwar hat der EuGH schon 2012 (Urteil vom  8. November 2012 – Az.: C-229/11, C-230/11) entschieden, dass das europäische Recht einer anteiligen Kürzung des Jahresurlaubs nicht entgegensteht. Dazu bedarf es aber einer entsprechenden nationalen oder internen Regelung, wie einem Sozialplan. Das bedeutet, dass eine anteilige Kürzung vereinbart werden kann, vor allem, wenn diese Regelung eine volle Freistellung („Kurzarbeit null“) der Arbeitnehmer von der Arbeitsleistung beinhaltet, die urlaubsgleich ist – aber es gibt keine Verpflichtung, das zu tun.
Eine Verringerung des Urlaubsentgelts durch die Umstellung auf Kurzarbeit findet nicht automatisch statt.

Auswirkungen auf das Urlaubsentgelt

Die Vergütung in Urlaubszeiten ist wie üblich. Das Gesetz schreibt genau vor, wie die Vergütung während des Urlaubs festzusetzen ist. Nach Paragraf 11 Abs. 1 Satz 1 BUrlG bemisst sich das Urlaubsentgelt grundsätzlich nach der Vergütung der zurückliegenden 13 Wochen vor dem Urlaubsantritt. Die Kurzarbeit, die in diesen Zeitraum fallen und das Urlaubsentgelt schmälern würde, ist jedoch gemäß Paragraf 11 Abs. 1 Satz 3 explizit aus dem Berechnungszeitraum ausgenommen.
Sollte Ihr Urlaubsanspruch aufgrund von Kurzarbeit gekürzt werden, sollten Sie dies unbedingt durch einen Anwalt prüfen lassen.

RA Ansgar Dittmar, Frankfurt