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So wird die Geheimsprache im Arbeitszeugnis übersetzt
Die Rechtsprechung der deutschen Arbeitsgerichte gibt vor, dass ein Arbeitszeugnis immer „wohlwollend“ formuliert sein muss. Ein Arbeitgeber darf den ausscheidenden Mitarbeiter also nicht einfach im Klartext bewerten.

Die Rechtsprechung der deutschen Arbeitsgerichte gibt vor, dass ein Arbeitszeugnis immer „wohlwollend“ formuliert sein muss. Ein Arbeitgeber darf den ausscheidenden Mitarbeiter also nicht einfach im Klartext bewerten.

Freuen Sie sich nicht zu früh, wenn in Ihrem Arbeitszeugnis von „bemühen“, „bestreben“ oder „versuchen“ die Rede ist. Dabei kann es sich durchaus um eine verbale Täuschung handeln. Aufhorchen sollten Sie auch, wenn Sie die Worte „meistens“, „in der Regel“ oder „im Wesentlichen“ lesen. Finden Sie in Ihrem Arbeitszeugnis solche Formulierungen, deutet das darauf hin, dass aus Sicht des Arbeitgebers Ihre Leistungen nicht kontinuierlich gut waren.

So manches Arbeitszeugnis klingt in seinen Formulierungen fast schon nach überschäumender Begeisterung. Das bedeutet aber keineswegs, dass der ehemalige Arbeitgeber der Meinung ist, der betreffende Arbeitnehmer sei ein Supertalent, weiß die Orizon GmbH, ein deutschlandweit operierendes Personalunternehmen. Orizon weiter:

Die Rechtsprechung der deutschen Arbeitsgerichte gibt vor, dass ein Arbeitszeugnis immer „wohlwollend“ formuliert sein muss. Ein Arbeitgeber darf den ausscheidenden Mitarbeiter also nicht einfach im Klartext bewerten.

Stattdessen bedienen sich die Personalchefs eines ausgeklügelten Sprachsystems. Dieses System hat sich in der Arbeitswelt etabliert und ist für alle „Eingeweihten“ verständlich. In der Praxis bedeutet das: Das Arbeitszeugnis verwendet Codes, mit denen der Mitarbeiter auf einer Skala von 1 bis 6 bewertet wird. Es handelt sich also um nichts anderes als um ein verschlüsseltes Notensystem.

Verwirrspiel für Arbeitnehmer

In der Praxis führt das bei vielen Arbeitnehmern immer wieder zu Verwirrung. Denn nicht selten verbirgt sich hinter den vermeintlich freundlichen Worten ein nicht besonders schmeichelhaftes Urteil. 

Wenn Sie beim Lesen Ihres Arbeitszeugnisses also plötzlich den Eindruck gewinnen, Ihr Personalchef sei Ihr größter Fan, dann sollten Sie sehr genau hinsehen. Doch keine Sorge: Da sich die geheimen Botschaften in einem Arbeitszeugnis hinter standardisierten Formulierungen verbergen, lassen sie sich schnell entschlüsseln.

Um Ihnen einen besseren Eindruck davon zu geben, welche kleinen Details mitunter einen Unterschied ausmachen können, haben wir einige Beispiele aus verschiedenen Bereichen zusammengestellt.

Arbeitsweise

  • sehr gut: Aufgaben führte sie/er immer äußerst selbstständig, effizient und sorgfältig aus
  • gut: Aufgaben führte sie/er immer selbstständig, effizient und sorgfältig aus
  • befriedigend: Aufgaben führte sie/er selbstständig, effizient und sorgfältig aus
  • ausreichend: Aufgaben wurden mit Sorgfalt und Genauigkeit ausgeführt
  • ungenügend: Aufgaben wurden im Allgemeinen mit Sorgfalt und Genauigkeit ausgeführt

Fachwissen

  • sehr gut: aufgrund umfangreichem und besonders fundiertem Fachwissen immer weit überdurchschnittliche Erfolge
  • gut: wendete gute Fachkenntnisse laufend mit großem Erfolg an
  • befriedigend: besitzt solide Kenntnisse in ihrem/seinem Fachgebiet
  • ausreichend: zeigte bei der Bearbeitung der übertragenen Aufgaben notwendiges Fachwissen und setzte dieses entsprechend ein
  • ungenügend: zeigte bei der Ausführung ihrer/seiner Aufgaben das nötige Fachwissen, das wiederholt erfolgversprechend eingesetzt wurde

Leistungen

  • sehr gut: Leistungen waren stets zu unserer vollsten Zufriedenheit
  • gut: Leistungen waren stets zu unserer vollen Zufriedenheit
  • befriedigend: Leistungen fanden unsere volle Zufriedenheit
  • ausreichend: Leistungen fanden unsere Zufriedenheit
  • unbefriedigend: war bemüht, Aufgaben zu unserer Zufriedenheit zu erfüllen

Verhalten

  • sehr gut: Verhalten gegenüber Kunden, Vorgesetzten und Kollegen war jederzeit vorbildlich
  • gut: Verhalten gegenüber Kunden, Vorgesetzten und Kollegen war einwandfrei
  • befriedigend: Verhalten gegenüber Kunden, Vorgesetzten und Kollegen war gut
  • ausreichend: Verhalten gegenüber Kunden, Vorgesetzten und Kollegen gab keinen Anlass zu Beanstandungen
  • ungenügend: Verhalten war insgesamt angemessen

Bereitschaft

  • sehr gut: zeigte stets hohes Maß an Eigeninitiative und Leistungsbereitschaft
  • gut: zeigte stets hohe Leistungsbereitschaft und Pflichtbewusstsein
  • befriedigend: zeigte Einsatzbereitschaft
  • ausreichend: waren mit ihrem/seinem Arbeitseinsatz zufrieden

Dank/Bedauern

  • sehr gut: wir bedauern ihr/sein Ausscheiden sehr und danken für die stets sehr gute Zusammenarbeit
  • gut: wir bedauern ihr/sein Ausscheiden und danken für die stets gute Zusammenarbeit
  • befriedigend: wir bedauern ihr/sein Ausscheiden und danken für die gute Zusammenarbeit
  • ausreichend: wir danken für ihre/seine Mitarbeit
  • ungenügend: wir bedanken uns für das Streben nach guten Leistungen

Zukunftswünsche

  • sehr gut: wir wünschen für den weiteren Berufs- und Lebensweg alles Gute und weiterhin viel Erfolg
  • gut: wir wünschen für den weiteren Berufs- und Lebensweg alles Gute
  • befriedigend: wir wünschen privat und beruflich alles Gute
  • ausreichend: wir wünschen für die Zukunft alles Gute
  • ungenügend: wir wünschen alles erdenklich Gute, insbesondere Erfolg