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Und täglich grüßt Jens Spahn
Bei der ersten Lesung des Digitale-Versorgung-Gesetzes im Bundestag zeigte sich: Es gibt sie noch – ein bisschen Opposition.

Bei der ersten Lesung des Digitale-Versorgung-Gesetzes im Bundestag zeigte sich: Es gibt sie noch – ein bisschen Opposition.

Am Freitag war es soweit: Das Digitale-Versorgung-Gesetz kam zur ersten Lesung in den Bundestag – und mit ihm ein Antrag der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/ Die Grünen „Der Digitalisierung im Gesundheitswesen eine Richtung geben und sie im Interesse der Nutzerinnen und Nutzer vorantreiben“.

Die Grünen lassen in ihrer Kritik die kleinen Tassen im Schrank und bedienen sich oktoberfestgerecht der Maßkrüge: „Eine kohärente Strategie für die weitere Digitalisierung des Gesundheitswesens ist noch immer nicht in Ansätzen erkennbar.“ Uppercut. Das arbeitswuselige Kleinklein der vielen Spahnschen Gesetze, die auf schnelle Umsetzung abzielen, fällt bei den Grünen also wenig auf fruchtbaren Boden. Digitalisierung sei kein Selbstzweck. Spahn werfen sie indirekt vor, er erzeuge gesundheitspolitischen Druck durch Fristen, um in seiner Außenwirkung im guten Lichte zu erscheinen. Patientinnen und Patienten stünden dabei nicht im Fokus, sie würden auch nicht einbezogen und mitgenommen, der Datenschutz bei der elektronischen Patientenakte sei nicht ausreichend berücksichtigt.

Auf Kritik stößt auch die Übernahme der Mehrheitsbeteiligung der Gematik, während das Bundesgesundheitsministerium gleichzeitig „die Durchsetzung der Interoperabilität einem bestimmten Einzelakteur aus der Selbstverwaltung mit erheblichen Eigeninteressen überträgt“. Wieder auf die Zwölf.

Der nächste Streich erfolgt sogleich. Der Gemeinsame Bundesausschuss solle ein „Evidenzkonzept für die Erstattung digitaler Gesundheitsanwendungen durch die gesetzliche Krankenversicherung erarbeiten“. Derzeit formuliert das BMG das marketinggerecht als „Anspruch auf digitale Gesundheitsanwendungen“, die durch ein Verfahren beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte ermittelt werden. Doch wie soll das passieren? Digitale Anwendungen, also Apps, sind Medizinprodukte. Deren CE-Zertifizierung sagt aber nur etwas über Funktionalität und Datensicherheit aus – nicht über deren Evidenz. Die Linken bezeichnen das DVG daher schon als „Förderprogramm für die IT-Industrie“. Dr. Achim Kessler von der Fraktion Die Linke ging in der Bundestagsdebatte noch einen Schritt weiter: „Es ist kein Zufall, dass erstmals eine Bundesbehörde über die Erstattungsfähigkeit in der Gesetzlichen  Krankenversicherung entscheiden soll. Die am medizinischen Nutzen orientierte Zulassung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss wird ersetzt durch lasche Prüfkriterien per Anweisung direkt aus dem Gesundheitsministerium.“

Das sieht Tino Sorge, MdB (CDU) und Spahn-Buddy, naturgemäß anders. Das DVG ermögliche endlich die Nutzung der Gesundheitsdaten. „Wir hatten zuletzt einen Skandal wegen unsachgemäßen Umgangs mit sensiblen Gesundheitsdaten“, so Sorge. „Aber der wahre Datenskandal liegt darin, dass wertvolle Daten in der Versorgung und Forschung viel zu oft ungenutzt bleiben – obwohl genau dies für die Patienten so wichtig wäre.“ Diesen Argumentationsweg kann man, muss man aber nicht mitgehen.

Christine Aschenberg-Dugnus, gesundheitspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, begrüßt zwar die Ausrichtung des DVG, vermisst aber ebenfalls eine Gesamtstrategie. Jörg Schneider von der AfD-Fraktion befürwortet das DVG: „Wir als AfD werden diesen Prozess wohlwollend begleiten, aber natürlich auch ein bisschen kritisch.“

Zu guter Letzt noch ein Spahn-Signal an die TI-Verweigerer: „Die Bundesregierung lehnt den Vorschlag des Bundesrats ab, die Erhöhung der Sanktion für den nicht erfolgten Anschluss an die TI von 1 Prozent auf 2,5 Prozent ab dem 1. März 2020 nicht vorzunehmen. Probleme, die auf einen fehlenden Breitbandausbau zurückzuführen sind, sind beim Anschluss an die TI für die Anwendung VSDM nicht zu erwarten.“