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Versicherungen versteigern Patientenvertrauen

Mit der Novellierung der Gebührenordnung für Zahnärzte zum 1. Januar 2012, immer mehr Zahnzusatzversicherungen und steigenden Ausgaben der Privaten Krankenversicherungen für zahnärztliche Behandlungen sind sie in vielen Praxen schon Alltag geworden: Patienten, die mit Schreiben ihrer Versicherung an der Rezeption stehen und sich im besten Fall Rat und Hilfe vom Zahnarzt erhoffen, im schlimmsten Fall die Rechnung oder den Heil- und Kostenplan an die Vorstellungen des Erstatters angepasst sehen wollen.

Laborempfehlung inklusive

Oft bekommen die Patienten gleich die Empfehlung für ein günstigeres Vertragslabor der Versicherung und die Material- und Laborkostenlisten mit, zu denen das alles bitte berechnet werden soll. Die Versicherungsverträge mit dem Kleingedruckten hat kaum ein Patient parat und verstanden. Gerade Zahnzusatzversicherungen (ZZV) fordern immer wieder auch noch zusätzliche Unterlagen an.

Der richtige Umgang mit solchen Ansinnen der Versicherungen und Kostenerstatter füllt ganze Bücher und in der DZW nicht nur in der Kolumne "In puncto Abrechung" immer wieder manche Seite. Das kostet in den Praxen Zeit und Nerven und belastet auch das gute Verhältnis zwischen Zahnarzt und Patient. Kommen Zahnärzte zusammen und fällt ein passendes Stichwort, kann jeder dazu seine Geschichten berichten.

Die Ergo Direkt Krankenversicherung, die jetzt von der Bundeszahnärztekammer für ihren neuen Service kritisiert wird (siehe Seite 1), hat sich in den vergangenen Jahren hierbei immer wieder für die Zahnärzte unerfreulich hervorgetan. Seit einigen Jahren arbeitet die Versicherung – der Platzhirsch unter den Anbietern von ZZV – mit dem Internetportal "2te Zahnarztmeinung" zusammen, auf dem Zahnärzte die von den Patienten eingestellten Heil- und Kostenpläne mit ihren Offerten unterbieten können, um so den Zuschlag für die Versorgung zu bekommen.

Ein Dorn im Auge

Dass diese Portale rechtlich zulässig sind, auch wenn sie vielen Standespolitikern und Zahnärzten ein Dorn im Auge sind, hat das Bundesverfassungsgericht vor Jahren bereits festgestellt. Das Argument der Zahnärzte, dass eine so komplexe Therapieentscheidung wie die für eine Versorgung mit Zahnersatz nicht state of the art ohne Befundung und Kenntnis des individuellen Falls per Ferndiagnose getroffen werden kann, war für die Richter offensichtlich weniger wichtig.

Immer wieder aber gab und gibt es Berichte von Zahnärzten und Patienten, dass HKP – anders als von der Versicherung erklärt – auch ohne explizite Zustimmung der Versicherten auf dem Online-Portal eingestellt worden sein sollen und die günstigeren Angebote dann dem Versicherten schmackhaft gemacht werden sollten. Sollte dem so sein, wäre das ein grober Verstoß gegen den Daten- und Patientenschutz und ein Fall für die Aufsicht.

Es ist legitim, Patienten über die Möglichkeit zu informieren, sich eine zweite Meinung einzuholen. Angebote dazu gibt es in qualifizierter Form bei den Patientenberatungsstellen der Kassenzahnärztlichen Vereinigungen und Zahnärztekammer und bei Institutionen wie der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland (UPD) oder Krankenkassen. Gerade Krankenkassen, Patientenberater und Verbraucherschützer weisen gerne wegen der Kosten auch auf die Auktionsportale hin.

Aber die Form von "Service", den die Ergo Direkt hier offeriert, geht deutlich über diese Information hinaus – die Versicherten werden sehr deutlich aufgefordert, ihren HKP dort einzustellen beziehungsweise von den freundlichen Versicherungsexperten einstellen zu lassen. Für die Zahnärzte ist das ein Eingriff in das Arzt-Patienten-Verhältnis, quasi eine Versteigerung von Patientenvertrauen, der zu weit geht.

Die BZÄK hat das deutlich formuliert, jetzt ist die Ergo Direkt am Zug.