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Wer wohnt schon gern alleine?

Frösche in Haus

Immer weniger Wohnraum + immer mehr Studierende = Die WG ist das häufigste Wohnmodell in Deutschland.

Wer in Deutschland studiert, lebt immer seltener alleine. Die Wohngemeinschaft hat die private Studentenwohnung als häufigste Wohnform abgelöst. 2018 wohnt ein knappes Drittel der Studierenden in einer WG, rund ein Viertel noch bei den Eltern. Dies ergab eine Auswertung der Befragung von rund 150.000 Studierenden im Rahmen des CHE Hochschulrankings. In Hinblick auf die Tatsache, dass in München 2018 erstmals die 600-Euro-Grenze für WG-Zimmer überschritten wurde und es in nahezu allen Hochschulstädten an bezahlbarem Wohnraum mangelt, sind die Ergebnisse der Studie keineswegs überraschend.

Im Vergleich zu 2003 stieg die WG-Quote um rund 9 Prozentpunkte. In gleichem Maße ging der Anteil an Privatwohnungen zurück. Gab vor 15 Jahren noch jeder dritte Befragte an, allein oder mit dem Partner in einer Mietwohnung zu leben, war es 2018 nur noch ein Viertel. Leicht gestiegen ist dagegen der Anteil der Studierenden, die noch zu Hause bei ihren Eltern wohnen (von 22,4 auf 25,2 Prozent).

Aktuell nutzt ein Viertel aller Befragten noch das „Hotel Mama“ als Unterkunft, wie das Wohnen bei den Eltern oft unfairerweise bezeichnet wird. Dies hängt vermutlich in den meisten Fällen weniger mit übermäßiger Bequemlichkeit zusammen, sondern vielmehr mit der Tatsache, dass es sich, sofern das Elternhaus einigermaßen nahe am Studienort liegt, finanziell in den wenigsten Fällen lohnt, eine Wohnung direkt am Campus zu suchen. Entscheidend für die gewählte Wohnform ist laut der CHE-Untersuchung nämlich auch die Entfernung zum Hochschulort.

 

Nah dran: WG – Weit weg: Elternhaus

Am Hochschulort selbst wohnen nur rund 8 Prozent der Studierenden noch bei ihren Eltern, dafür 41 Prozent in einer WG – was Sinn ergibt, wenn man davon ausgeht, dass aufgrund von unterschiedlichen Studiengangsangeboten und Bewerbungsverfahren längst nicht jeder einen Studienplatz direkt vor der elterlichen Haustür bekommt.

Liegt der Wohnort allerdings bis zu 50 Kilometer vom Hochschulort entfernt, kehrt sich das Bild um. In diesem Fall wohnen rund zwei Drittel aller Befragten bei ihren Eltern und nur jeder zehnte in einer WG. Die meisten „Noch-zuhause-Wohner“ gibt es übrigens in Brühl und Wetzlar mit Quoten von knapp 70 Prozent. Insgesamt wohnten 2018 zwei Drittel aller Studierenden auch am Hochschulort und ein Viertel in einem Radius von 50 Kilometer Entfernung. Sechs Prozent pendeln aktuell mehr als 50 Kilometer zu ihrem Campus.

Das Unterhaltsrecht könnte ebenfalls dazu führen, dass weiter entfernt lebende Studierende bei ihren Eltern wohnen bleiben. Zum einen enthält der Elternunterhalt einen Anteil von 280 Euro für die Unterkunft (der gleiche Bedarfssatz gilt für das BAföG), was fast überall zu wenig sein wird, um eine komplett eigene Wohnung zu mieten. Statt Geld für die Unterkunft zu zahlen, dürfen die Eltern dem Kind andererseits aber auch anbieten, weiterhin in der elterlichen Wohnung zu wohnen, sofern keine schwerwiegenden Gründe dagegen sprechen. Als zumutbar für den Nachwuchs gilt dabei übrigens eine tägliche Gesamtfahrzeit von drei Stunden für Hin- und Rückfahrt zur Hochschule.

Immer mehr Studierende

„Der Ausbau an Wohnheimplätzen und das Angebot an bezahlbarem Wohnraum hat mit dem Anstieg der Studierendenzahlen in den letzten Jahren offenbar nicht Schritt gehalten“, begründet Cort-Denis Hachmeister die Entwicklung den Trend zum gemeinsamen Wohnen in WG oder Familie. Gab es 2003  rund 2 Millionen Studierende an deutschen Hochschulen, so ist die Zahl bis zum Wintersemester 2017/18 auf etwa 2,8 Millionen angestiegen.

Auch ist in dieser Zeit durch den Wegfall der Wehrpflicht und die Umstellung auf G8 in vielen Bundesländern das Durchschnittsalter der Studierenden von 22,1 auf 19,7 Jahre gesunken. Ein Erklärungsansatz ist daher, dass jüngere Menschen eher bereit sein könnten, zumindest anfangs eine Wohnung zu teilen als es die Studenten vor 15 Jahren waren – die noch dazu eine größere Auswahl bei der Wohnungssuche hatten. Die Studie geht ebenfalls darauf ein, dass mittlerweile immer mehr Menschen alleine in kleineren Wohnungen leben, wodurch diese Wohnungen eher an Berufstätige mit einem geregelten Einkommen, anstelle an Studenten vergeben werden.

Zur Studie „Studentisches Wohnen 2003 und 2018“ von Sonja Berghoff und Cort-Denis Hachmeister.