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Wirksamkeit von Alignern schwach dokumentiert
Pioniersystem Invisalign

Das Pioniersystem Invisalign wird – in Verbindung mit einem Online-Diagnosesystem – zunehmend für die Allgemeinpraxis positioniert.

Viele Menschen wünschen sich aus ästhetischen Gründen regelmäßig angeordnete Zähne. Hinzu kommt, dass sich „gerade“, also nicht rotierte, verschachtelte, ex- oder intrudierte Zähne leichter pflegen lassen. Für den orthodontischen, also dento-alveolären Teil einer Behandlung stehen seit Anfang der 2000er Jahre transparente Kunststoffschienen (Aligner) zur Verfügung. Diese werden auf Basis von intraoralen oder Modellscans mit CAD/CAM-Methoden hergestellt und bis zum Erreichen des Therapieziels regelmäßig gewechselt [1].

Eine chinesische Arbeitsgruppe hat die klinische Wirksamkeit (Effektivität) und Wirtschaftlichkeit (Effizienz) der Methode anhand der vorliegenden Literatur bewertet [2]. Demnach erfordern Aligner für die Korrektur milder bis moderater Fehlstellungen eine signifikant kürzere Gesamtbehandlungsdauer (rund eineinhalb Stunden, bezogen auf die Stuhlzeit) und weniger Sitzungen [4] als die Behandlung mit konventionellen Edgewise-Brackets.

Dünne Bretter bei Vergleichsstudien

Dagegen ist die Wirksamkeit von Alignern – trotz mehr als 15 Jahren klinischer Anwendung – überwiegend durch Fallserien dokumentiert. Die Literaturauswertung ergab nur eine Studie, in der Aligner mit der Standardtherapie Edgewise-Brackets verglichen wurden [3]. Nach dem Bewertungssystem des American Board of Orthodontics zeigte darin das Pioniersystem Invisalign (Align Technologies) weniger erfolgreiche Ergebnisse als ein Bracket-System. Das galt besonders für die Korrektur sagittaler Abweichungen und okklusaler Kontakte. Dagegen wurde die Wirksamkeit der Aligner bei Lückenschluss und Korrektur anteriorer Rotationen als günstig beurteilt. Da die Studie rückblickend (retrospektiv) und mit geringer Fallzahl durchgeführt wurde, ist ihre Aussagekraft jedoch begrenzt [2].
Auch die Stabilität der mit Invisalign erreichten Ergebnisse wurde als weniger günstig eingeschätzt als ein Bracket-System [4]. Nach drei Jahren wurden für den anterioren Unterkiefer in beiden Gruppen statistisch bedeutsame Abweichungen gefunden. Im Oberkiefer waren diese aber nur in der Aligner-Gruppe signifikant. Da auch in dieser Studie Patientenkohorten retrospektiv und ohne Randomisierung untersucht wurden, halten die Autoren des hier besprochenen Reviews den Vergleich nur für bedingt aussagekräftig [2].

Aligner weniger invasiv?

Während Brackets in der Regel nach vier bis sechs Wochen angepasst werden, sollen klassische Invisalign Schienen alle zwei Wochen ausgetauscht werden. Die Berechtigung dieser Frist halten die Autoren des Reviews für nicht bewiesen, klinisch-biomechanische Daten fehlten [2]. Andererseits ergab ein weiteres systematisches Review mit Metaanalyse, dass das Risiko für Wurzelresorptionen mit Alignern möglicherweise geringer ist als mit Brackets [5]. Die Aussage bezieht sich auf Fälle ohne Extraktionstherapie und basiert auf nur drei Studien.
In der Zwischenzeit sind mehrere Anbieter von Aligner-Systemen hinzugekommen. Die meisten Produkte funktionieren mutmaßlich nach demselben Prinzip wie Invisalign (zum Beispiel Permadental, Rainer Dental). Ein weiteres kombiniert Aligner-Schienen mit Druckschrauben für die transversale Zahnbogenerweiterung (Dr. Hinz Dental). Es kann auch zur Vorbereitung einer Aligner-Behandlung verwendet werden.
Ein neu eingeführtes Schienensystem ist laut Anbieter für einfachere Fälle in nicht spezialisierten Praxen geeignet (Align Technologies). Zahnärzte werden mit eintägigen Seminaren in die Technik eingewiesen, die Diagnose stellt der Anbieter auf Basis online eingesandter Modelldaten. Die Schienen werden im Abstand von nur einer Woche gewechselt, ein Ergebnis sei fallbezogen nach drei Monaten erreichbar [6].

Fazit  

Die Datenlage zu Aligner-Systemen ist schwach, kontrollierte Studien mit ausreichender statistischer Power fehlen. Das gilt teilweise auch für die etablierten Bracket-Systeme, die deutlich häufiger in Bezug auf adhäsive Befestigung oder Fragen der Mundhygiene untersucht wurden als auf klinische Effektivität. Auf der Basis von Fallserien und Kongressberichten funktionieren jedoch Aligner-Systeme durchaus, auch in Kombination mit aufwändigeren Behandlungsmethoden (7). Die Autoren der besprochenen Literaturübersicht halten, dessen ungeachtet, eine bessere Dokumentation für wünschenswert.

Hinweis

Beiträge in der Rubrik ZahnMedizin kompakt können in keinem Fall die klinische Einschätzung des Lesers ersetzen. Sie sind keine Behandlungsempfehlung, sondern sollen – auf der Basis aktueller Literatur – die eigenverantwortliche Entscheidungsfindung unterstützen.

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Literatur

[1] Vlaskalic, V., et al.; Aust Orthod J 2001. 17 (1): 41-46.
[2] Zheng, M., et al.; Orthod Craniofac Res 2017. 20 (3): 127-133.
[3] Djeu, G., et al.; Am J Orthod Dentofacial Orthop 2005. 128 (3): 292-298; discussion 298.
[4] Kuncio, D., et al.; Angle Orthod 2007. 77 (5): 864-869.
[5] Elhaddaoui, R., et al.; Int Orthod 2017. 15 (1): 1-12.
[6] Align Technologies. https://www.invisalign-go.de/discover-go/three-steps-process
[7] Drechsler, T.; die zahnarzt woche 2017 (3): 12-13.