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Zahnärztinnen in der Standespolitik: Interview mit Dr. Peter Engel, BZÄK (2)
Dr. Peter Engel, Präsident der BZÄK

Dr. Peter Engel, Präsident der BZÄK

„Ich wünsche mir mehr Zahnärztinnen in unseren Gremien“

Zahnärztinnen in der Standespolitik: Interview mit Dr. Peter Engel, Präsident der Bundeszahnärztekammer (2)

Im Sommer hatte die DZW Gelegenheit, Dr. Peter Engel, Präsident der Bundeszahnärztekammer, zu den großen Herausforderungen zu befragen, vor der Zahnärzteschaft und Standespolitik stehen. Nach dem Thema „Investoren-MVZ“ stehen in Teil 2 die Themen Frauen in der Standespolitik und die Approbationsordnung im Fokus.

2. Frauen in der Standespolitik

Herr Dr. Engel, die Feminisierung der Zahnmedizin ist ein Fakt, kürzlich wurde der Verband der ZahnÄrztinnen (VdZÄ) gegründet: Zeit für eine Feminisierung der Standesorganisationen?


Dr. Peter Engel: Im Koalitionsvertrag der vergangenen Legislaturperiode, also 2013 bis 2017, hatte man sich vorgenommen, „das repräsentative Verhältnis von Frauen und Männern in der Selbstverwaltung zu optimieren“. Vor Kurzem stellten Bündnis 90/Die Grünen eine Kleine Anfrage im Bundestag, in der sie nach dem Ergebnis dieser „Optimierung“ fragten. Die Antwort war nicht nur für die Zahnmedizin verheerend. Das Thema ist auf dem Radar der Politik. Wenn wir das Heft des Handelns noch in der Hand behalten wollen, müssen wir jetzt zügig standesinterne Lösungen finden, bevor wir aufgrund des politischen Drucks nur noch reagieren können. Die BZÄK hat seit Jahren eine Kooperation mit dem „Dentista e.V.“, die der Feminisierung unseres Berufs Rechnung trägt. Ich halte es aber für sehr sinnvoll, dass jetzt der Verband der ZahnÄrztinnen gegründet worden ist, weil sich auf diese Weise das Aufgabenspektrum aufteilen lässt. Wir sind bereits mit dem Vorstand des VdZÄ in Kontakt. Fast die Hälfte der Kollegenschaft ist mittlerweile weiblich. Ich würde mir sehr wünschen, dass wir es schaffen, mehr Kolleginnen für die Standespolitik zu motivieren. Wir brauchen in unseren Gremien und Ausschüssen dringend mehr Zahnärztinnen, um die Bedürfnisse dieser Gruppe besser zu berücksichtigen und noch zielorientierter handeln zu können. Ich persönlich würde mir auch wünschen, im Vorstand der BZÄK demnächst wieder eine Zahnärztin begrüßen zu können.

Der klassische Weg durch Gremien und Ausschüsse ist weit. Gibt es Alternativen?


Engel: Also, ich glaube, dass wir in der Tat anders denken müssen. Vor 30, 40 Jahren war es üblich, die Leiter über lange Zeit zu erklimmen – ohne je zu wissen, wo der Weg enden wird. Wenn sich heute politisch interessierte Kolleginnen mit politischem Gestaltungswillen engagieren, sollte ihnen der Weg geebnet werden. Wir können jedenfalls keine 30 Jahre mehr warten.

3. Novellierung der Approbationsordnung

Die Novellierung der Approbationsordnung schien 2017 fast im Ziel zu sein. Wie sieht der Zeitplan aktuell aus?


Engel: Das weiß kein Mensch. Es ist wirklich ein Drama, was zurzeit mit der Approbationsordnung passiert. Bereits vor zwei Jahren hatten wir die Novelle durch alle Gremien durch, einschließlich des Medizinischen Fakultätentags. Kritik gab es dann beim vorletzten Medizinischen Fakultätentag im Frühjahr 2017. Zum Hintergrund: Viele der dort Anwesenden stammten hauptsächlich aus der Vorklinik – und diese Vorklinik soll bei der neuen Approbationsordnung zusätzlich belastet werden.


Aber dann haben Länderfinanzausschuss und Kultusausschuss des Bundesrats anders entschieden.


Engel: Ja, dann gab es die Sitzung des Bundesrats, in der die Approbationsordnung schließlich ausgesetzt wurde. Und zwar nicht etwa aus inhaltlichen Gründen, sondern weil die Kostentransparenz für die einzelnen Bundesländer als nicht ausreichend bemängelt wurde. Selbstverständlich muss man versuchen, die Länder individuell zu berücksichtigen und entsprechende Ausgleiche zu schaffen. Brandenburg hat zum Beispiel gar keine Universität, das Saarland hat eine Uni, Nordrhein-Westfalen hat allein fünf, die ein Zahnmedizinstudium anbieten. Die Frage war also, wie viel Geld muss in den verschiedenen Ländern aufgebracht werden, um die neue Approbationsordnung überhaupt implementieren zu können.

Es ging also um eine gerechte Verteilung der Lasten?


Engel: Es ging um zweierlei: Zuerst einmal musste die neue Kostenstruktur natürlich transparent gemacht werden. Das verlangten auch die Finanz- und Wirtschaftsministerien der Länder, die die Hauptlast zu tragen haben, natürlich zu Recht. Zum anderen sind Veränderungen – und in der Vorklinik sind sie schon zum Teil einschneidend, machen wir uns da nichts vor – auch immer schmerzhaft. Dass sie aber notwendig sind, davon sind wir überzeugt. Weitergehende Änderungen, wie sie jetzt einige von der Novelle besonders Betroffene fordern, würden die Approbationsordnung formaljuristisch zum Scheitern verurteilen und inhaltlich keinen Fortschritt bringen. Darum halten wir an der bestehenden Vorlage fest.


Wie könnte eine Lösung aussehen?


Engel: Da zur bisherigen Novelle inhaltlich bereits allseitige Zustimmung existierte, bin ich der Meinung, dass man diesen Kurs unbedingt weiterfahren sollte. Allerdings muss der Bundesregierung gleichzeitig vermittelt werden, dass für die neue Approbationsordnung auch die notwendigen Finanzmittel zur Verfügung gestellt werden müssen. Ich befürchte, dass die neue Approbationsordnung gar nicht mehr kommt, wenn sie nicht schnell auf den Weg gebracht wird. Dann wird die Zahnmedizin im Masterplan Medizinstudium 2020 „verfrühstückt“ werden, ihre Rolle darin ist aber eine eher kleine. Das würde der Zahnmedizin nicht gerecht werden. Das große Problem der mangelnden Regelungen zur Gleichwertigkeitsprüfung für Zahnärztinnen und Zahnärzte aus Drittstaaten müsste in dem Fall von der Novelle abgekoppelt und separat eingebracht werden, damit wir wenigstens diese Baustelle – vor allem im Sinne unserer Patienten – schließen können.


Um Kostenneutralität zu gewährleisten, wurde vorgeschlagen, die Studierendenzahlen zu reduzieren.


Engel: Die Rechnung, durch eine sechsprozentige Absenkung der Studierendenzahlen die Mehrkosten der Approbationsordnung auffangen zu können, wird nicht aufgehen. Sie wäre mittelfristig sogar extrem kontraproduktiv für die Sicherstellung der zahnmedizinischen Versorgung. 26 Prozent der Zahnärzte sind mittlerweile älter als 55 Jahre. Das bedeutet, dass wir in absehbarer Zeit einen ge­walti­gen Generationenwechsel in der Zahnärzteschaft erleben werden. Und ausgerechnet dann, wenn wir verstärkt Zahnärzte brauchen, sollen Ausbildungsplätze abgebaut werden? Das sollen uns die Zuständigen erst einmal schlüssig erklären – für mich ist das kontraproduktiv und wird auf lange Sicht eine schwer zu schließende Lücke in die zahnärztliche Versorgung reißen.