Anzeige

Transparenz und Verständnis

Zahnarzt berät Patientin am Stuhl

Der Schmerzpatient kommt ohne Termin und will sofort behandelt werden. Ein anderer möchte eine Narkose statt einer Injektion. Oder er ist mit der Wurzelbehandlung nicht einverstanden. Wer mit einer festen Vorstellung in die Praxis kommt, ist enttäuscht, wenn sein Wunsch nicht erfüllt wird. Hat der Zahnarzt Bedenken, das Wohlwollen seines Patienten bei einer Absage zu verlieren, wird ihm ein „Nein“ immer schwerfallen. Viele Patienten informieren sich im Internet über ihre Situation. Internetinformationen werden leider oft nicht richtig verstanden, oder sie treffen nicht auf die individuelle Situation des Patienten zu.

Ausführlich erklären

Wenn einem Patientenwunsch widersprochen werden muss, ist eine ausführliche Begründung der Ablehnung unumgänglich. Man kann dem Patienten die Voraussetzungen nennen, unter denen eine Zusage möglich gewesen wäre. Nur der detaillierte Erklärungshintergrund macht die Situation für den Patienten transparent. Kann er den Grund für die Absage nachvollziehen, wird er mehr Verständnis aufbringen. Er muss so viele Informationen erhalten, dass es ihm rational und emotional unmöglich wird, weiterhin seinen Wunsch nach einer anderen Behandlung aufrechtzuerhalten. Das ist wirkungsvoller, als an sein Einsehen zu appellieren („Ich bitte um Verständnis“).

Man sollte den Patienten nicht um Verständnis bitten, sondern Verständnis für seine Situation haben. („Ich verstehe Ihre Enttäuschung, wenn ich Ihre Vorstellungen nicht erfüllen kann.“) Der Patient darf sich bei einer Absage nicht als Verlierer fühlen. Das würde die Beziehungen empfindlich stören und dazu führen, dass er sich eine Zweitmeinung einholt und die Praxis wechselt, auch wenn der Kollege ebenfalls ablehnt.

Bei den hartnäckigsten hilft nur die "Worst-Case-Methode"

Fühlt sich der anspruchsvolle Patient anerkannt, geschätzt und verstanden, nimmt er die Absage positiver und gelassener auf. Schweigt der Patient bei der Absage, heißt das noch nicht, dass er überzeugt ist, sondern nur darüber nachdenkt, ob er woanders Zustimmung erhalten könnte.

Die „Worst-Case-Methode“ hat sich bei hartnäckigen Patienten bewährt. Danach wird der Patient darauf hingewiesen, was schlimmstenfalls passieren kann, wenn die Behandlung so durchgeführt wird, wie er sich das wünscht. In hartnäckigen Fällen muss der Arzt sogar mit den negativen Folgen übertreiben, damit der Patient ihn versteht. Die Argumente für die Absage sollten leicht verständlich rübergebracht werden, damit der Patient nach dem Praxisbesuch noch weiß, weshalb sein Wunsch zurückgewiesen wurde.

Negative Mundpropaganda verhindern

Die typische Aussage „Tut mir leid“ kann entfallen, denn sie erhöht nicht die Wirkung beim Patienten, sondern kann sie sogar reduzieren. Man kann Patienten darauf hinweisen, dass sie sich vor der Entscheidung über die Behandlung auch eine Zweitmeinung einholen sollen. Ist der Patient insgesamt mit „seinem Zahnarzt “ zufrieden, hält sich seine Enttäuschung bei einer Absage in Grenzen. Es ist daher von großer Bedeutung, das Vertrauen des Patienten in vollem Umfang zu gewinnen, damit Absagen glaubwürdig sind.

Absagen sind immer eine besondere Herausforderung, wenn Patienten hartnäckig ihre Meinung vertreten. Der fachkompetente Rat des Zahnarztes kann noch so gut sein, aber das letzte Wort hat der Patient. Enttäuschte Patienten könnten negative Mundpropaganda machen. Denn wer sich mit seinen Wünschen zurückgesetzt fühlt, ist nicht zufrieden, und verbreitet negative Werbung. Schon aus diesem Grund muss die Zurückweisung eines Wunsches mit großer Sorgfalt erfolgen. Unter Zeitdruck leidet oft das nötige Fingerspitzengefühl.

Die Patientenreklamation

Reklamationen sind unberechtigt, wenn der Patient seine Zahnpflege vernachlässigt oder Kontrolltermine versäumt. Die Nachlässigkeit des Patienten ist keine berechtigte Reklamation und wird begründet, aber vorwurfsfrei zurückgewiesen. Der Behandlungserfolg kann nur garantiert werden, wenn man sich an die Empfehlungen des Zahnarztes hält. Anspruchsvolle Patienten beschweren sich über die Behandlung und suchen den Schuldigen. Bei der Ablehnung kommt es auf jedes Wort an.

Jeder Patient hat eine persönliche „Reizschwelle“ gegenüber einer Ablehnung. Die Formulierung „Sie sind aber sehr nachlässig bei der Zahnpflege“ kann sachlich gemeint sein, sie hört sich jedoch für den Betroffenen sehr persönlich an. Besser: „Wenn die Zähne gut gepflegt sind, vermeiden Sie Zahntaschen.“ Wenn ein Wunsch nicht erfüllt werden kann, sollte die Absage nicht hinausgezögert werden.

Dipl.-Betriebswirt Rolf Leicher,
Heidelberg