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Zugang zum Studium: Reform dringend nötig

Seit Jahren gibt es mit schöner Regelmäßigkeit Appelle, die Zugangsbedingungen zu den begehrten Medizin- und Zahnmedizinstudienplätzen endlich zu reformieren. Vor allem der strenge NC als nach wie vor wichtiger Faktor ist den Kritikern ein Dorn im Auge. Denn dieser bewirke, dass für die Medizin/Zahnmedizin begabte Studierende mit einem schlechteren Abiturdurchschnitt das Nachsehen haben gegenüber den Einser-Abiturienten.

Angesichts des deutlich gestiegenen Anteils junger Frauen unter den Studienanfängern in beiden Fächern und ersten rein weiblichen Jahrgängen war sogar von einer Benachteiligung junger Männer gegenüber den in der Schule „stärkeren“ Frauen beim Studienzugang die Rede.

Versuche, den NC abzuschaffen oder in seiner Wirkung für die Studienzulassung abzuschwächen, gab es viele. Auswahlgespräche und Tests sollten die wirklich Befähigten auswählen helfen – so manche Universität hat bald vor dem damit verbundenen Aufwand und den folgenden Klagen kapituliert.

Numerus Clausus: Durch den hohen NC gehen mit Sicherheit viele gute Ärzte verloren – eine Reform ist dringend nötig.

Numerus Clausus: Durch den hohen NC gehen mit Sicherheit viele gute Ärzte verloren – eine Reform ist dringend nötig.

Note 1,0 oder 14 Wartesemester

Aktuell ist die Abiturnote in der Medizin und Zahnmedizin nach wie vor ein maßgebliches Kriterium für die Zulassung zum Studium an den staatlichen Universitäten. Und er ist das Kriterium, das sich nun einmal auch juristisch objektiv beurteilen lässt. Immerhin drei von 34 staatlichen Hochschulen haben die Abiturnote als einziges Kriterium für die Zulassung zum Medizinstudium im Wintersemester 2017/18 benannt (Quelle: Centrum für Hochschulentwicklung, CHE).

Der Grenzwert für die Abiturbestennote liegt aktuell in 14 von 16 Bundesländern bei der Note 1,0, für eine Zulassung über die Wartezeitquote benötigt man für das kommende Studienjahr 14 Semester. Immerhin liegt die Abbrecherquote beim Medizinstudium nur zwischen 5 und 10 Prozent – und alle Absolventen bekommen nach dem Staatsexamen eine Stelle.

Wie viele Ärzte arbeiten am Ende wirklich am Patienten?

Spannend wird es aber bei der Frage, wie viele der ausgebildeten Ärzte auch ihre Facharztausbildung durchziehen und danach tatsächlich weiter als Ärzte in der Patientenversorgung tätig sind – und wie lange. Dass es künftig nicht ausreichend Hausärzte gerade in ländlichen und/oder strukturschwachen Regionen geben wird, hat die Politik ja schon zu massiven Eingriffen in die Souveränität der Selbstverwaltung motiviert. Und wie gut die Einser-Abiturienten dann als Ärzte tatsächlich sind, dazu haben der ärztliche Kollegenstammtisch und auch viele Patienten eine ganz eigene Meinung.

33.000 Euro pro Jahr: Eines der teuersten Studienfächer

Gefühlt jedenfalls verlassen viele über kurz oder lang die Arbeit am Patienten und wenden sich anderen Berufen zu. Nun soll jeder nach Möglichkeit den Beruf ausüben können, der ihm besonders liegt – bei einem im Zugang so beschränkten, für die Allgemeinheit so wichtigen und mit fast 33.000 Euro pro Jahr und Student teuersten Studium in Deutschland wie Medizin hat die Allgemeinheit ein durchaus berechtigtes Interesse daran, dass die Absolventen diesen Beruf dann auch ausüben.

Der Masterplan Medizinstudium 2020 sieht immerhin mindestens zwei weitere Auswahlkriterien neben der Abiturnote vor, dazu kommt eine „Landarztquote“ von 10 Prozent für die, die sich schon bei Studienbeginn verpflichten, danach als Landarzt zu arbeiten.

Auch wenn viele junge Menschen den Beruf des Arztes/Zahnarztes heute zunächst so angehen, als sei es ein Beruf wie jeder andere: Beruf und Berufung liegen hier doch enger zusammen, und viele erfolgreiche Mediziner verstehen ihren Beruf tatsächlich als Berufung. Nicht alle haben diese Berufung schon vor Studienbeginn gefühlt – bei vielen aber war sie da, und nicht immer war die Abiturnote entsprechend. Es gehen uns mit Sicherheit viele gute (Zahn-)Ärzte wegen des NC verloren, eine Reform ist nötig – ganz gleich, wie die Karlsruher Richter entscheiden.

Dr. Marion Marschall, DZW-Chefredakteurin

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