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Bei uns passiert schon nichts!

Offene Flammen, heiße Öfen, kreischende Trimmer, scharfe Werkzeuge--- das alles gehört zum Alltag eines Zahntechnikers. Doch für andere klingt es eher nach einem gefährlichen Arbeitsplatz- und so ist es auch! Denn auch wenn der Alltag den einen oder anderen etwas argloser werden lässt, sollte man immer daran denken!
Doch so lange nichts passiert, sind Wörter wie „Unfallverhütungsvorschrift“, „Berufsgenossenschaft“, „Arbeissicherheit“ Reizwörter die nur einen Gedanken mit sich bringen: Papierkram!

Aber wenn dann doch mal was passiert, wird es schnell als „Ach das passiert schon mal“, abgetan.  Doch auch der kleinste Unfall, kann ein Arbeitsunfall sein und sollte gemeldet werden.

Kurz: Laut § 8 Abs. 1 SGB VII, ist ein Unfall ein, von außen auf den menschlichen Körper einwirkendes, unfreiwilliges Ereignis, das zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führt. Ein Arbeitsunfall ist dann gegeben, wenn der Arbeitnehmer im Rahmen seiner versicherungspflichtigen Tätigkeit einen Unfall erleidet.
Grundsätzlich gilt: Bei privaten Tätigkeiten, auch wenn sie im Betrieb stattfinden, besteht kein Versicherungsschutz.

Es ist passiert und nun?

Ein Arbeitsunfall sollte innerhalb von drei Tagen dem Versicherungsträger gemeldet werden. In der Regel wird der Arbeitsunfall automatisch von den Durchgangsärzten dem Versicherungsträger gemeldet. Durch einen Arbeitsunfall können zivilrechtliche Ansprüche gegen einen Schädiger vermindert oder ausgeschlossen sein, meistens Arbeitskollegen oder der  Arbeitgeber, angehört.

Was passiert nach einem Arbeitsunfall im Labor?

Nach einem Arbeitsunfall mit Körperschaden wird das Labor von Personen besucht, die dem Unternehmer Fragen stellen, Unterlagen einsehen wollen und die Organisation im Bereich des Arbeits- und Gesundheitsschutzes überprüfen.
So interessieren sich gleich drei verschiedene Institutionen für den Vorfall, denen auf Anfrage entsprechende Nachweise vorgelegt und ausgehändigt werden müssen:

  1. Die Staatsanwaltschaft wird aktiv, sobald der Verdacht besteht, dass ein Gesetz verletzt wurde. Bereits eine Verletzung am Körper des Mitarbeiters stellt meistens mindestens den Straftatbestand der fahrlässigen Körperverletzung dar.
  2. Die Gewerbeaufsicht überwacht als staatliche Behörde den Arbeitsschutz. Sie ist eine Länderbehörde und wird in jedem Bundesland mit einer eigenen Bezeichnung versehen. In NRW ist es z.B. die Bezirksregierung.
  3. Der Technische Aufsichtsbeamte der Berufsgenossenschaft Energie Textil Elektro Medienerzeugnisse (BG ETEM) ist für das gewerbliche Dentallabor zuständig. Handelt es sich um ein Praxislabor, ist die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) der zuständige Versicherungsträger, da die (Zahnarzt-)Praxis und das Praxislabor als eine Einheit gesetzlich unfallversichert sind.

Arbeitsschutz, jetzt sollte gehandelt werden

Ein Arbeitgeber sollte für sichere und gesundheitsgerechte Arbeitsplätze sorgen. Was beim Arbeitsschutz zu beachten ist, ist in Deutschland durch zwei Institutionen geregelt, und zwar zum einen durch den Staat mit entsprechenden Gesetzen, Verordnungen, Technischen Regeln (staatliches Recht), zum anderen durch die Berufsgenossenschaften, den Träger der gesetzlichen Unfallversicherung (Selbstbestimmungsrecht). Dazu gibt es Unfallverhütungsvorschriften, die die staatlichen Gesetze und Verordnungen konkretisieren und ergänzen. Sie sind für alle Mitgliedsbetriebe rechtsverbindlich und jeder muss sich daranhalten.

Für alle Betriebe gilt die Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge, kurz ArbMedVV.
Mit der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV) aus dem Jahr 2008 wurden die Pflichten von Arbeitgebern und Betriebsärzten sowie die Rechte des Beschäftigten bei der arbeitsmedizinischen Vorsorge geregelt. Hat der Arbeitgeber einen Betriebsarzt bestellt, so sollte er diesen mit der arbeitsmedizinischen Vorsorge beauftragen. Dabei muss berücksichtigt werden, dass die arbeitsmedizinische Vorsorge, somit auch die Wunschvorsorge, zur betriebsärztlichen Tätigkeit gehört; nach den Vorschriften der Unfallversicherungsträger (DGUV Vorschrift 2) gehört die arbeitsmedizinische Vorsorge zum betriebsspezifischen Teil.

 

Arbeitsmedizinische Vorsorge zielt auf individuelle Aufklärung, Beratung und Untersuchung des Beschäftigten in Bezug auf die Wechselwirkungen zwischen seiner Arbeit und seiner Gesundheit. Dadurch sollen arbeitsbedingte Erkrankungen verhütet und frühzeitig erkannt werden. Arbeitsmedizinische Vorsorge dient zugleich der Feststellung, ob bei Ausübung einer bestimmten Tätigkeit eine erhöhte gesundheitliche Gefährdung für den Betreffenden besteht.

Vorsorgetermine beinhalten ein individuelles Beratungsgespräch mit dem Arzt zur Abklärung der gesundheitlichen Situation und den individuellen Arbeitsplatzbedingungen/ Anamneseerhebung. Durch eine Anamneseerhebung können mögliche, vom Mitarbeiter de- terminierte Infektionsrisiken erkannt werden.

Mit der Novellierung der ArbMedVV 2013 wurde auf Seiten der Beschäftigten

  • die individuelle Beratung
  • das Recht auf Wunschvorsorge und
  • das Selbstbestimmungsrecht (§ 618 BGB) der Beschäftigten sowie
  • der persönliche Datenschutz

gestärkt. Arbeitgeber sind verpflichtet die Vorsorge regelmäßig aktiv und schriftlich anzubieten und die Beschäftigten vom Sinn der Vorsorge zu überzeugen, die der Schweigepflicht des Betriebs-/Arbeitsmediziners unterliegt.

Die arbeitsmedizinische Vorsorge gliedert sich auf in die Pflichtvorsorge, die Angebotsvorsorge und die Wunschvorsorge.

Die Pflichtvorsorge

Pflichtvorsorge ist arbeitsmedizinische Vorsorge, die der Arbeitgeber bei bestimmten besonders gefährdenden Tätigkeiten zu veranlassen hat. Diese Tätigkeiten sind im Anhang der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge konkret aufgeführt.

Der Arbeitgeber darf eine Tätigkeit nur ausüben lassen, wenn zuvor eine Pflichtvorsorge durchgeführt worden ist. Dies führt dazu, dass Beschäftigte verpflichtet sind daran teilzunehmen. Auch bei der Pflichtvorsorge dürfen körperliche oder klinische Untersuchungen nicht gegen den Willen des oder der Beschäftigten durchgeführt werden. Dann beschränkt sich die Pflichtvorsorge auf ein ärztliches Beratungsgespräch mit Anamnese einschließlich Arbeitsanamnese.
Wird Pflichtvorsorge nicht oder nicht rechtzeitig veranlasst, droht dem Arbeitgeber ein Bußgeld und unter bestimmten Umständen sogar eine Strafe.
Man muss als Unternehmer nicht alle aufgezählten Pflichtvorsorgen anbieten. Diese Auflistung zeigt nur, welche Pflichtvorsorgen im Zahntechnikerhandwerk vorkommen können. Grundsätzlich ergibt sich die Notwendigkeit für das Angebot von arbeitsmedizinischen Vorsorgen aus der vorliegenden und für das Unternehmen individuell erstellten Gefährdungsbeurteilung.

Folgende Pflichtversorgungsuntersuchungen kommen in Frage:

ArbMedVV Anhang Teil 1 Abs. 2a - Sonstige Tätigkeiten mit Gefahrstoffen
Feuchtarbeit von regelmäßig vier Stunden Tragedauer flüssigkeitsdichter Schutzhandschuhe je Tag  G 24 Hauterkrankungen (mit Ausnahme von Hautkrebs).
Die erste Vorsorge muss innerhalb von drei Monaten vor Aufnahme der Tätigkeit veranlasst oder angeboten werden. Die zweite Vorsorge muss sechs Monate nach Aufnahme der Tätigkeit veranlasst bzw. angeboten werden.
Hierbei handelt es sich um eine Pflichtvorsorge. Der Arbeitgeber darf eine Tätigkeit nur ausüben lassen, wenn zuvor eine Pflichtvorsorge durchgeführt worden ist. Dies führt dazu, dass Beschäftigte verpflichtet sind daran teilzunehmen. Ob diese Pflichtvorsorge angeboten werden muss, ergibt sich aus der Gefährdungsbeurteilung.

ArbMedVV AnhangTeil 1 Abs.1 - Tätigkeiten mit Gefahrstoffen
Alveolengängiger Staub (A-Staub), Einatembarer Staub (E-Staub) und Silikogener Staub (quarz- und cristobalithaltiger Einbettmassen beim Einbetten, Ausbetten und Strahlen)
G 1.1 Mineralischer Staub, Teil 1: Silikogener Staub - Die erste Vorsorge muss innerhalb von drei Monaten vor Aufnahme der Tätigkeit veranlasst oder angeboten werden. Die zweite Vorsorge muss sechs Monate nach Aufnahme der Tätigkeit veranlasst bzw. angeboten werden.

Ebenso handelt es sich bei der G 1.1 um eine Pflichtvorsorge. Der Arbeitgeber darf eine Tätigkeit nur ausüben lassen, wenn zuvor eine Pflichtvorsorge durchgeführt worden ist. Dies führt dazu, dass Beschäftigte verpflichtet sind daran teilzunehmen.
Allerdings gibt es hier ein „Schlupfloch“. Bei der Umsetzung/Einhaltung definierter Schutzmaßnahmen, wird aus dieser Pflichtvorsorge eine Angebotsvorsorge!!!

Schutzmaßnahmen die einzuhalten sind:

Beim Einbetten: Verwendung von Portionsbeuteln, Nutzung eines Vakuumrührgerätes, regelmäßige Reinigung des Arbeitsbereiches durch Feuchtreinigung oder Absaugen.

Beim Ausbetten: Anfeuchten der Form vor dem Ausbetten, kann eine Staubfreisetzung nicht vermieden werden, müssen technische Schutzmaßnahmen (z.B. Absaugeinrichtungen) angewendet werden, die dem Stand der Technik entsprechen oder es muss Anschluss an eine Zentralanlage bestehen, bestimmungsgemäßer Betrieb der Absaugeinrichtungen regelmäßige Reinigung, Wartung und Prüfung der Wirksamkeit der Absaugtechnik entsprechend den Herstellervorgaben mit Dokumentation, regelmäßige Reinigung des Arbeitsbereiches durch Feuchtreinigung oder Absaugen.

Beim Strahlen: bestimmungsgemäßer Betrieb der Strahleinrichtungen entsprechend den Herstellervorgaben, regelmäßige Reinigung, Wartung und Prüfung der Strahleinrichtungen, Einsatz von Absauganlagen nach dem Stand der Technik oder Anschluss an eine Zentralanlagen bestimmungsgemäßer Betrieb der Absaugeinrichtungen, regelmäßige Reinigung, Wartung und Prüfung der Wirksamkeit der Absaugtechnik entsprechend den Herstellervorgaben mit Dokumentation, regelmäßige Reinigung des Arbeitsbereiches durch Absaugen.

Die vorgenannten Schutzmaßnahmen dienen dem Minimierungsgebot und dem aufgesattelten Schutzkonzept bei krebserzeugenden Gefahrstoffen gemäß Gefahrstoffverordnung.

Weitere potentielle Gefahren gehören zur Pflichtvorsorge:

ArbMedVV Anhang Teil 2 Abs. 1 Nummer: 3 bb - Tätigkeiten, bei denen es regelmäßig und in größerem Umfang zu Kontakt mit Körperflüssigkeiten, Körperausscheidungen oder Körpergewebe kommen kann - Hepatitis-B-Virus (HBV) oder Hepatitis-C-Virus (HCV).

G 42 Tätigkeiten mit Infektionsgefährdung - Die Vorsorge muss innerhalb von drei Monaten vor Aufnahme der Tätigkeit veranlasst oder angeboten werden. Die zweite Vorsorge muss 24 Monate nach Aufnahme der Tätigkeit veranlasst bzw. angeboten werden.

Wann ist es ein Pflichtvorsorge und wann eine Angebotsvorsorge?

Auch unter diesen vorgenannten Voraussetzungen, ist eine Pflichtvorsorge schriftlich anzubieten. Allerdings soll hierzu eine entsprechende Aussage in der Gefährdungsbeurteilung erfolgen. Wenn z.B. in einem größeren Labor ein Mitarbeiter eingestellt wurde, um überwiegend in der Arbeitsvorbereitung zu arbeiten und alle eingehenden Abrücke auspackt, regelrecht desinfiziert und ausgießt, wäre hier eine Pflichtvorsorge anzubieten.

Wenn es hierfür aber keine feste Arbeitskraft gibt und mehrere Beschäftigte hin und wieder mal ein Paar Abdrücke auspacken, desinfizieren und ausgießen, würde es in diesem Fall reichen, lediglich eine Angebotsvorsorge schriftlich anzubieten.
Anhand dieses Beispiels sieht man, wie wichtig es ist eine kompetente und individuelle Gefährdungsbeurteilung für das Unternehmen zu erstellen. Wenn man bei der Gefährdungsbeurteilung präzise Angaben macht, ist gewährleistet, dass der Unternehmer dem Betriebsarzt gegenüber exakten Angaben zum Untersuchungsumfang machen kann. So können nichtzutreffende Untersuchungen eingespart werden.

Wolfgang J M Kohlhaas

Zum Autor: 

Herr Wolfgang J. M. Kohlhaas ist Sicherheitsmeister, Brandschutzbeauftragter und Zahntechniker mit einer langjähriger Berufserfahrung. Sein Tätigkeitsschwerpunkt sind Zahnarztpraxen und Dentallabore.

Als Vertragspartner der Zahntechniker Innung Düsseldorf, betreut er alle Mitglieder (ca. 300) in sicherheitstechnischen Bereichen wie:

Arbeitsschutz: Individuelle Gefährdungsbeurteilungen mit Aussagen zum Umfang der arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen (für die Zahnarztpraxis und das Dentallabor), Beleuchtungsstärkemessung aller Betriebsbereiche und Arbeitsplätze, Alarmplan, Umfang der Ersten Hilfe, spezielle Gefährdungsbeurteilung für die schwangere Mitarbeiterin, regelrechte Beschilderung des Desinfektionsplatzes sowie am Laserschweißgerät, Sicherheitskennzeichnung, Erstellen aller Betriebsanweisungen, der Arbeitsmittelliste, Gefahrstoffverzeichnis, Beschaffung der Sicherheitsdatenblätter, Prüfung der elektrischen Betriebsmittel gemäß DGUV V3, Teilnahme an Arbeitsschutzausschusssitzungen – ASA, Zusammenarbeit mit dem Betriebsarzt, Beratung bei Beschäftigungsbeschränkungen und zum Raumklima, etc.

Brandschutz: Ausbildung von Brandschutzhelfern, Erstellen der Brandschutzordnung mit den Teilen A, B und C (sowohl für die Zahnarztpraxis wie auch für das Dentallabor), Berechnung der notwendigen Löschmittelmenge für Ihren Betrieb, Flucht- und Rettungswegkennzeichnung, Aussage zum Löschmittel für die Handfeuerlöscher, Beurteilung der Brandgefährdung gemäß Gefahrstoffverordnung und TRGS 800, etc.

Gesundheitsschutz: Beratung zu allen Desinfektionsmitteln gemäß VAH, Erstellen der Hautschutz- und Hygienepläne, Infektionsprävention, Hautschutz, etc.

Mehr unter: kohl-sulo.de
Und unter der 
Rubrik FORMULARE sind alle notwendigen Vorlagen für die Vorsorgeuntersuchungen eingestellt. Ebenso finden Sie hier alle notwendigen Mitarbeiterunterweisungen für die Zahnarztpraxis und das Dentallabor.