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GKV-Selbstverwaltungsstärkungsgesetz: Was die KZBV und der FVDZ sagen

Spitzenorganisationen sollen vor "Selbstblockade" geschützt werden

Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe erklärt dazu: „Die Selbstverwaltung im Gesundheitswesen hat eine Vielzahl von verantwortungsvollen Aufgaben zu erfüllen, um eine gute Gesundheitsversorgung für die Patientinnen und Patienten sicherzustellen. Mit dem heute beschlossenen Gesetzentwurf sorgen wir dafür, dass die Spitzenorganisationen der Selbstverwaltung künftig noch besser ihrer großen Verantwortung nachkommen können und vor Selbstblockaden geschützt sind. Das umfasst beispielsweise schlüssige Vorgaben für das Aufsichtsverfahren, klare Vorgaben für die Haushalts- und Vermögensverwaltung sowie eine Stärkung der internen Transparenzpflichten und Kontrollmechanismen.“

Das beinhaltet der Gesetzesentwurf

  • Interne Kontrollmechanismen sind für eine funktionierende Selbstverwaltung von großer Bedeutung. Damit Kompetenzüberschreitungen und Unregelmäßigkeiten in der Geschäftsführung frühzeitig erkannt werden können, sollen insbesondere die Kontrollrechte der Mitglieder der Selbstverwaltungsorgane gestärkt werden und die Transparenz im Verwaltungshandeln erhöht werden. Deshalb werden die Einsichts- und Prüfrechte der Mitglieder der Selbstverwaltungsorgane auch als Minderheitenrechte ausgestaltet und die Berichtspflichten des Vorstands gegenüber den Selbstverwaltungsorganen gesetzlich verankert; Es werden Regelungen zu Abwahlmöglichkeiten der oder des (stellvertretenden) Vorsitzenden der Selbstverwaltungsorgane aufgenommen.
     
  • Transparenz im Verwaltungshandeln stärkt die interne und externe Kontrolle. Deshalb werden auch die Regelungen in diesem Bereich geschärft. Dies betrifft zunächst die Erweiterung der Prüfungs- und Mitteilungspflichten in Bezug auf Beteiligungen an und die Gründung von Einrichtungen. Auch soll eine regelmäßige externe Prüfung der Geschäfts-, Rechnungs- und Betriebsführung anstelle der bisherigen Prüfung durch das Bundesministerium für Gesundheit bzw. das Bundesversicherungsamt etabliert werden. Schließlich ist eine Verpflichtung zur Einrichtung interner Kontrollmechanismen vorgesehen, insbesondere eine Innenrevision, die festgestellte Verstöße auch an die Aufsichtsbehörde zu berichten hat.
     
  • Außerdem werden besondere Verfahren geregelt, die ein effektives aufsichtsrechtliches Instrumentarium zur Beseitigung von Rechtsverstößen vorsehen. Dies umfasst zunächst  einheitliche Regelungen für besondere Fallkonstellationen, wie zum Beispiel die aufsichtsrechtliche Durchsetzung von Satzungsänderungen oder die Aufhebung von rechtswidrigen Beschlüssen der Selbstverwaltungsorgane. Zudem wird ein zusätzliches aufsichtsrechtliches Instrumentarium zur Wiederherstellung eines rechtmäßigen Zustands (entsandte Person für besondere Angelegenheiten) geschaffen.
     
  • Struktureller Weiterentwicklungsbedarf besteht bei der Kassenärztlichen Bundesvereinigung zu den Regelungen über den Vorstand. Es wird verpflichtend ein Vorstand mit drei Mitgliedern geregelt, dessen Vorstandsvorsitzender mit einer qualifizierten Mehrheit gewählt werden muss. Nur für den Fall, dass in den beiden ersten Wahlgängen keine qualifizierte Mehrheit zu Stande kommt, soll im dritten Wahlgang die einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen ausreichend sein.

    Eines der drei Mitglieder des Vorstands darf weder dem hausärztlichen noch dem fachärztlichen Versorgungsbereich angehören. Dies soll die notwendige Versorgungsbereichsübergreifende Interessenvertretung im Vorstand sicherstellen sowie die Akzeptanz des Vorstandsvorsitzenden stärken. Mit den vorgesehenen strukturellen Änderungen sollen die in der KBV bestehenden Konflikte zwischen den Versorgungsbereichen und die damit einhergehenden Blockaden aufgehoben werden.

Zudem werden mit dem Gesetz im Rahmen einer Angleichung einzelne Regelungen auf den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) übertragen. Soweit sich bestimmte Vorgaben aufgrund der besonderen Aufgabenstellung des G-BA und seiner von den anderen Selbstverwaltungskörperschaften abweichenden Organisationsstruktur für den G-BA nicht eignen, wurde dies berücksichtigt.

Scharfe Kritik von der KZBV

Anlässlich der Anhörung im Bundestag zum GKV-Selbstverwaltungsstärkungsgesetz am 16.01.2016  äußert sich die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) in ihrer aktuellen Stellungnahme unverändert kritisch:

„Auch wenn einige ursprünglich vorgesehenen Regelungen und Repressalien mittlerweile nicht weiter verfolgt werden, lehnen wir auch den derzeitigen Entwurf nach wie vor klar ab. Die Grundkonzeption einer Kontroll- und Bevormundungsobrigkeit bleibt schließlich bestehen – unabhängig davon, dass der Hinwendung zu einer formalen Fachaufsicht zwischenzeitlich eine Absage erteilt wurde", sagt Dr. Wolfgang Eßer, Vorsitzender des Vorstandes der KZBV.

Wie die KZBV weiter mitteilt, würden die verbleibenden Maßnahmen die Selbstverwaltungskörperschaften erheblich schwächen und für ein funktionierendes Gesundheitswesen notwendige Entscheidungsprozesse lähmen. Damit wir unsere gesetzlichen Aufgaben aber erfüllen können, benötigen wir den dafür unverzichtbaren Handlungs- und Gestaltungsspielraum", so Eßer.

Besonders kritisch sieht die KZBV nach wie vor

  • die Pflicht zur namentlichen Abstimmung in der Vertreterversammlung, durch die sachwidrig in die freie Ausübung des Mandats der Mitglieder eingegriffen und damit gegen demokratische Grundsätze verstoßen wird
     
  • die haushaltsrechtlichen Vorgaben, welche die Haushaltsautonomie als wesentlichen Bestandteil der Selbstverwaltungshoheit aushöhlen und die Finanzplanung erheblich erschweren würde, sowie den möglichen Einsatz eines so genannten "Entsandten für besondere   Angelegenheiten", der unter bestimmten Voraussetzungen die Körperschaften von innen heraus lenken kann.

Die KZBV appelliert  mit Nachdruck an den Gesetzgeber, den Gesetzentwurf vollständig zurückzuziehen. Laut ihrer Ansicht richte das GKV-SVSG mehr Schaden an, als dass es nutzt. Darüber hinaus sollen die geplanten Regelungen praxistauglicher gestaltet werden. "Nur dadurch würde verhindert, dass durch eine Verschärfung aufsichtsrechtlicher Kompetenzen die bislang bewährte Statik der gesamten Selbstverwaltung und das vertrauensvolle Arbeitsverhältnis mit der Aufsicht ohne Not beeinträchtigt werden", heißt es in einer Mitteilung der KZBV.

Auch der Freie Verband Deutscher Zahnärzte (FVDZ) warnt nachdrücklich vor überzogenen Eingriffen in die Autonomie des zahnärztlichen Berufsstandes durch das GKV-SG. Anlässlich der Anhörung im Gesundheitsausschuss am 16.01.2016 betont FVDZ-Bundesvorsitzende Harald Schrader: "Das geplante Gesetz greift fundamental in die Handlungsspielräume der Selbstverwaltungsorgane ein. Dies kann nicht im Sinne der Funktionstüchtigkeit eines gewachsenen Systems sein."

Für den FVDZ widerspricht der vorgesehene Eingriff in das Haushaltsrecht der Selbstverwaltungsorgane dem demokratischen Verständnis von frei gewählten Vertreterversammlungen und Parlamenten. Die im GKV-SVSG festgeschriebenen namentlichen Abstimmungen bei haftungsrechtlichen Entscheidungen würden zudem nicht zu einer Stärkung der Selbstverwaltung führen, sondern zeugten von tiefem Misstrauen gegenüber den Selbstverwaltungsgremien.

"Als Konsequenz wird das berufspolitische Engagement für noch weniger Kolleginnen und Kollegen attraktiv und immer weniger Zahnärzte setzen sich für die Interessen des zahnärztlichen Berufsstandes gegenüber der Politik ein", befürchtet der FVDZ-Bundesvorsitzende. 

Der FVDZ fordert vom Gesetzgeber ein gestuftes Verfahren. "Vor der externen Kontrolle durch den Staat sollte die Verantwortung in die Hände der Selbstverwaltung gelegt werden", sagt Schrader. Stärkere Kontrollrechte für die Mitglieder der Selbstverwaltungsorgane in Verbindung mit abgestufter aufsichtsrechtlicher Kontrolle seien der bessere Weg, um die Handlungsfähigkeit der Berufsorganisationen zu stärken.

 

Weitere Informationen zum GKV-SVG finden Sie auf der Webseite des Bundesgesundheitsministeriums

Dr. Wolfgang Eßer