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Wissen und Können Hand in Hand

„Alles bleibt anders – die Verantwortung bleibt bei uns“: Mit diesen Worten begrüßten Johannes Wolters (Verlagsleiter des Quintessenz-Verlages) und Friedhelm Klingenburg (Geschäftsführer, Merz Dental) die Teilnehmer des 22. Prothetik Symposiums in Berlin.

„Alles bleibt anders – die Verantwortung bleibt bei uns“: Mit diesen Worten begrüßten Johannes Wolters (Verlagsleiter des Quintessenz-Verlages) und Friedhelm Klingenburg (Geschäftsführer, Merz Dental) die Teilnehmer des 22. Prothetik Symposiums in Berlin.

13 Referenten, 450 Zuhörer aus Zahnarztpraxis und zahntechnischem Labor und jede Menge praxis- und laborrelevante Themen: Das 22. Prothetik-Symposium, das am 1. Dezember 2018 von Merz Dental (Lütjenburg) und dem Quintessenz-Verlag (Berlin) als Kooperationspartner im Hotel Pullman Berlin Schweizerhof veranstaltet wurde, stellte die Verknüpfung der klassisch analogen mit der digitalen Prothetikfertigung in den Mittelpunkt.

„Alles bleibt anders – die Verantwortung bleibt bei uns“ – so lautete der Leitgedanke. Merz Dental Geschäftsführer Friedhelm Klingenburg und der scheidende Quintessenz-Verlagsleiter Johannes Wolters freuten sich über die große Resonanz. Privatdozent Dr. Jan-Frederik Güth (München) und ZTM Hans-Jürgen Stecher (Wiedergeltingen) moderierten das Symposium.

450 Teilnehmer erlebten ein spannendes Prothetik Symposium am 1. Adventswochenende in Berlin.

450 Teilnehmer erlebten ein spannendes Prothetik Symposium am 1. Adventswochenende in Berlin.

Das Patientenbild als Erfolgskriterium

Den Eröffnungsvortrag hielt ZTM Jan-Holger Bellmann (Oldenburg) zum Thema „Statik – Dynamik – Prothetik“ und legte dabei den Fokus auf die Entstehung von Kieferform und Zahnstellung in der Entwicklungs- und Wachstumsphase des Menschen. Bellmann stellte dabei heraus, wie wichtig für ihn der Patientenkontakt ist, um eine typgerechte individuelle Zahnprothetik zu gestalten. Dies sei allein über die Modellsituation und Fotografien nicht darstellbar. Man müsse sich mit den Patienten befassen, sich dafür auch Zeit nehmen und erfassen, wie sie gehen und ihren Kopf halten, wie ihre Gesichtshälften wirken, wie die Augen liegen und welchen Sprechabstand (Zunge/Zähne), welche Sprechdynamik sie haben. Dies alles sollte – besser: muss! – später in der Größe der Zahngestaltung sowie der Zahnstellung der Prothetik berücksichtigt werden.

Wie individuell „richtig“ dabei das jeweilige Gerüstdesign oder die Aufstellung ist, ermittelte der Referent durch Phonetikproben. Er ging auf viele Aspekte ein, die der Prothetikplanung vorausgehen und in der Umsetzung berücksichtigt werden müssen. Dazu gehöre auch eine interdisziplinäre Zusammenarbeit, wie mit Physiotherapeuten, die zu einem für die Patienten optimalen prothetischen Ergebnis beiträgt. Auch in dem Beitrag „Total genial – CranioPlan 3-D-kephalometrische Analyse zur Planung und Herstellung von Zahnersatz und Therapiehilfsmitteln“ von Dipl.-Ing. und -Informatiker Frank Hornung (Chemnitz), Dr. Jörg Mudrak (Ludwigsau) und ZTM Pawlos Stilos (Eutin) wurde sichtbar, wie wichtig vorbereitende Prozessschritte für die spätere Realisation von Zahnprothetik sind.

Aus der Trias von Entwickler, Zahnarzt und Zahntechniker entsteht ein abgestimmter Workflow, der sich aus Kenntnissen und Daten zusammensetzt, wie von embryonaler Entwicklung, bilateraler Symmetrie, Gleichgewichtssinn, innerer und äußerer Harmonie sowie eines „Intra Oral Balance Guides“. Hornung entwickelte daraus ein strukturiertes Vorgehen zur Schädelvermessung, dessen Ergebnisse in DVT-Aufnahmen integriert und beispielsweise in die Prothesenrohlinge des Baltic Denture Systems (BDS, Merz, Lütjenburg) integriert werden können. So entstehe hieraus zahntechnisch eine funktionell und ästhetisch ausgewogene Prothetik.

Das Moderatorenduo PD Dr. Jan-Frederik Güth und ZTM Hans-Jürgen Stecher begeisterten mit ihrer Moderation und Vorbereitung auf die einzelnen Vorträge.

Das Moderatorenduo PD Dr. Jan-Frederik Güth und ZTM Hans-Jürgen Stecher begeisterten mit ihrer Moderation und Vorbereitung auf die einzelnen Vorträge.

Dass die Kieferrelationsbestimmung strukturiert erfolgen sollte, stellte auch ZTM Volker Hamm (Meschede) mit seinem Vortrag „Der Biss ist nicht alles, aber ohne Biss ist alles nichts“ heraus. Am Einsatz des IPR-Systems (Intraoral Process Registration, Dental Balance, Potsdam) zeigte Hamm, wie Patienten mit nachweisbar gestörter Funktion des Kauapparats (nach seinen Angaben ca. 60 Prozent der Patienten) sowie den akut CMD-Betroffenen (ca. 5 Prozent) über den von ihm vorgestellten strukturierten Weg geholfen werden kann.

Eine Zusammenarbeit zwischen Zahnärzten und Zahntechnikern, die eventuelle Hinzuziehung von Physiotherapeuten oder Osteopathen sowie die unverzichtbare Mitwirkung der Patienten – wie deren ständiges Tragen der Schienen – seien dabei die Voraussetzungen für den Therapieerfolg, so der Referent.

 

Veranstalter, Moderatoren und Referenten blicken auf ein gelungenes 22. Prothetik Symposium zurück.

Veranstalter, Moderatoren und Referenten blicken auf ein gelungenes 22. Prothetik Symposium zurück.

Digitale Verfahren als Mittel zum Zweck

Einem aktuellen fertigungstechnischen Thema widmete sich Dipl.-Ing. Dr. Christin Arnold (Halle [Saale]) in ihrem Vortrag „3-D-Druck. Genauigkeit versus Passgenauigkeit – kompatibel mit dem MPG?“. Sie berichtete aus eigenen Untersuchungsergebnissen über das Verfahren, genauer über den 3-D-Kunststoffdruck. Mit Daten und Abbildungen belegte sie, wie Material, Objektlage sowie Druckgeschwindigkeit, aber auch die Nachbearbeitung (cave: Nachpolymerisation) die Qualität der gefertigten Werkstücke – hier Modelle – beeinflussen. Laut Arnold müssen die Druckparameter individuell auf die zu druckenden Objekte und deren Indikationskriterien abgestimmt werden. Besondere Aufmerksamkeit sollte auf die Haltbarkeit und Sprödigkeit gedruckter Teile sowie auf deren Mundbeständigkeit gelegt werden. Zu Letzterem wären die Vorschriften des Medizinproduktegesetzes (MPG) unbedingt zu beachten; insbesondere die ab 2020/2022 geltenden EU-Verordnungen, die verschärfte Basisanforderungen/Zulassungskriterien, eine Höherklassifizierung vieler Produkte sowie Veränderungen in der Berichtspflicht und Marktüberwachung mit sich bringen.

Mit ihrem Vortrag „Mensch und Maschine – tradiertes Wissen trifft auf Technologie“ wechselten die Moderatoren (und Therapiepartner) PD Dr. Jan-Frederik Güth und ZTM Hans-Jürgen Stecher kurzzeitig in die Referentenrolle. In enger gemeinsamer Abstimmung legen sie patientenindividuell den Workflow von Diagnose und Monitoring, möglicher (konservierender) Vorbehandlungen, der Fertigung provisorischer sowie definitiver Restaurationen fest und arbeiten dabei streng konzep­tionell zusammen. Hierzu können, therapieabhängig, die Herstellung von Wax-ups/Mock-ups, eine (Polykarbonat-)Schienentherapie sowie additive Restaurationen aus Resin-Nano-Keramik gehören.

Anhand einer Ästhetik-Checkliste überprüfen sie die Umsetzung ihrer abgestimmten Prothetikparameter und sichern so zusätzlich die Qualität der Prothetik. Güth und Stecher nutzen die digitalen dentalen Verfahren und CAM- Werkstoffe immer dort, wo sie Vorteile für die Rehabilitation bieten – ob in Praxis, Labor oder für den Patienten.

„Alles bleibt anders – die Verantwortung bleibt bei uns“

Seine Ansichten zur Anwendung von „Komposit oder Keramik in 2018“ stellte MDT Shahab Esfarjani (Jenbach, Österreich) vor, in dem er auch auf seine zahntechnische Entwicklung und (internationale) Prägung einging. Esfarjani war es ein Anliegen, weiterzugeben, wie wichtig Passion und Beständigkeit, aber auch der Austausch kollegialen Wissens sind. Und auch, dass die Zusammenarbeit von Patient, Zahnarzt und Zahntechniker in gegenseitigem Verständnis und Respekt erfolgt. Durch neue Kundenkontakte lernte Esfarjani auch seine Grenzen kennen – und verschob diese, in dem er sich mit neuen Wünschen auseinandersetzte.

Materialvielfalt bewusst nutzen

Für ihn gehört dazu, dass in der Vorarbeit alles stimmen muss – „damit es keine Bauschmerzen gibt, ob die spätere Prothetik passt“. Wiederholungen wären „tödlich“ – für den Ruf der Praxis sowie das Labor. Am Fallbeispiel einer PEEK-basierten Rehabilitation zeigte der Referent, wie aus Patientenwünschen, zahnmedizinischer Behandlung, der Materialwahl sowie zahntechnischem Können eine individuell perfekte Prothetik entstehen kann. Auch Esfarjani betonte, wie wichtig es ist, den Patienten kennenzulernen. Nicht zuletzt auch deshalb, um dessen haptische Fähigkeiten zu erfassen und diese im Prothetikdesign zu berücksichtigen. „Alles Digitale ist toll, aber Kreativität ist meine Stärke und Waffe“ – mit diesen Worten bedankte sich Esfarjani für die Aufmerksamkeit des Auditoriums.

Plastikbombe oder Hochleistungswerkstoff?

Passend zu der von Esfarjani vorgestellten Prothetik überschrieb PD Dr. Dipl.-Ing. (FH) Bogna Stawarczyk, MSc (Universität München), ihren Vortrag mit der Frage: „PAEK – Plastikbombe oder Hochleistungswerkstoff?“ Dazu stellte die Referentin zunächst die Varianten von PAEK (Polyacryletherketon) vor: PEEK (Polyetheretherketon) – ungefüllt, grau, für herausnehmbare und bedingt abnehmbare Prothetik, oder gefüllt, grau, perlweiß, dentin- oder gingivafarben, für festsitzende oder herausnehmbare Prothetik; PEKK (Polyetherketonketon) – gefüllt, grau oder dentinfarben, für festsitzende oder herausnehmbare Prothetik, sowie AKP (Acrylketonpolymer) – gefüllt, dentinfarben, für herausnehmbare Prothetik. Alle diese Werkstoffe würden sich durch „geringe Löslichkeit/Wasseraufnahme/Verfärbungen“, „hohe mechanische Eigenschaften“ sowie eine „hohe Abrasionsbeständigkeit“ auszeichnen.

Nachteilig könnten die fehlende Transluzenz sowie die geringe Oberflächenspannung sein sowie, dass die Werkstoffe chemische inert sind, sodass daraus Probleme beim Verbund mit anderen Kunststoffen entstehen können. Um diesen Verbund zu verbessern, empfahl wie Esfarjani auch Stawarczyk das Abstrahlen mit Aluminiumoxid (erhöht die Oberflächenspannung) sowie das Bondern/Opakern. Diese Gerüstkonditionierung wäre in enger zeitlicher Abfolge durchzuführen. Obwohl die klinische und wissenschaftliche Datenlage zur Bewährung der PAEK-Werkstoffe heute noch unzureichend sei, werden weitere Indikations- und Verarbeitungsmöglichkeiten geprüft. Für Stawarczyk, die PAEK als Hochleistungswerkstoff sieht, mag das nur folgerichtig sein.

Wie sich „Totalprothetik im digitalen Prozess“ fertigen lässt, stellte PD Dr. Jeremias Hey (Halle/Saale) anhand der „Entwicklung und Bewährung eines neuen Workflows“ vor – des Baltic Denture Systems (BDS, Merz, Lütjenburg). Hey nutzte dieses System in Form einer „Replicadenture“. Hierbei werden vor allem die Funktionsränder bestehender Prothesen in die jeweilige Neuanfertigung integriert, wodurch deren muskuläre Patientenadaption sehr erleichtert wird. Der Workflow von Analyse, Registrierung/Optimierung, Scan, Konstruktion und Fertigung mache nur zwei Patientensitzungen notwendig und eine schnelle Neurehabilitation der Totalprothesenträger möglich.

„Vom Schlappen zum Erfolgsmodell – Unkonventionelle totalprothetische Lösungen im direkten Patientenkontakt“: Diesen Weg zeigte ZTM Björn Czappa (Oldenburg) in seinem Vortrag. Wie dies gehen kann, demonstrierte er zusammen mit den Zahntechnikern seines Teams an einem Patienten, in dem sie mit ihm sprachen und seine Wünsche und Vorstellungen in ihre jeweilige Arbeit integrierten. Daraus entstanden acht in ihrer Ästhetik sehr unterschiedliche Totalprothesen.

Obwohl jede Einzelne von ihnen eine schöne, makellose Arbeit war, führte nur eine zu einem gesamtharmonisch stimmigen Bild des Patienten (und doch trägt dieser heute drei der Prothesen im Wechsel). Czappa machte in seinem Vortrag auch mit diesem Beispiel deutlich, wie wichtig der Zahntechnikerkontakt zu den Patienten ist, und welchen Einfluss das zahntechnische Wissen und Können auf eine perfekte Funktion und Ästhetik von Zahnprothetik hat. Die Rot-Weiß-Ästhetik patientenindividuell zu gestalten, ist dabei für den Zahntechniker und sein Team unverzichtbar.
In seinem Schlusswort kündigte Merz-Geschäftsführer Dr. Friedhelm Klingenburg das 23. Prothetik-Symposium für den 30. November 2019 an.

Jürgen Pohling, Hamburg