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Chancen nutzen und der Armut entfliehen

Bäckermeister Heiner Lucks (Mitte) mit zwei Auszubildenden aus Vietnam

Heiner Lucks (Mitte) freut sich mit seinen beiden Schützlingen aus Vietnam über die bestandene Abschlussprüfung zum Bäckergesellen.

Die Erfolgsgeschichte eines Projekts und zweier junger Männer

Voller Freude und sichtlich stolz schreibt Heiner Lucks, Bäckermeister, Berufsschullehrer und Mitglied des Senior Expert Service – Stiftung der Deutschen Wirtschaft für internationale Zusammenarbeit (SES) an das Hilfswerk Deutscher Zahnärzte (HDZ): „Ha und Phuoc sind ab heute Bäckergesellen!“

Die beiden jungen Vietnamesen, für die er eine berufliche Patenschaft übernommen hat, stammen aus ärmsten Verhältnissen, sind Waisenkinder und mussten schon einige schlimme Schicksalsschläge im Laufe ihres Lebens bewältigen. Dennoch haben sie etwas geschafft, das nicht vielen Menschen aus Armutsvierteln gelingt: eine Ausbildung im Gastronomiebereich an einer renommierten Schule in Vietnam und eine erfolgreiche Abschlussprüfung als Bäckergesellen in Deutschland.

Jedes Jahr gibt es deutlich mehr Bewerber als Plätze

Aber nicht nur ihr Durchhaltewille, ihre Anpassungsfähigkeit, ihr Mut und ihre Lernbereitschaft haben zu diesem Erfolgsweg beigetragen, auch die Unterstützung einiger ganz besonderer Menschen und Organisationen, haben ihnen dazu verholfen. So hatten die beiden das Glück, an der Gastronomiefachschule von Francis van Hoi in Saigon aufgenommen zu werden, die überwiegend aus Spendenmitteln des HDZ finanziert wird. Jugendliche aus mittellosen Familien werden hier zu Köchen und Hotelfachkräften ausgebildet. Jedes Jahr gibt es deutlich mehr Bewerber als Plätze. Für diejenigen, die genommen werden, ist es eine wertvolle Chance, der Armut zu entkommen – Ha und Phuoc haben sie genutzt.

Die dreijährige Ausbildung nach deutschem Standard ist hart, aber ein guter Job im Anschluss daran ist sicher. An die Kochschule ist ein öffentliches Restaurant angeschlossen, in der europäische Küche serviert wird und die Schülerinnen und Schüler im Service das Erlernte sozusagen „auf den Tisch bringen können“. Während der Ausbildung müssen sie zudem ein Praktikum in einem Fünf-Sterne-Hotel absolvieren.

„Die jungen Menschen werden nicht nur beruflich qualifiziert, sondern auch in ihrer Persönlichkeitsentwicklung gefördert“, erklärt Dr. Klaus Winter, stellvertretender Vorsitzender der Stiftung Hilfswerk Deutscher Zahnärzte. Die Stiftung hat den Auf- und Ausbau der Schule mit Spenden in sechsstelliger Höhe gefördert und freut sich über den nachhaltigen Erfolg dieses Vorzeigeprojekts und Erfolgsgeschichten wie die von HA und Phuoc.

HDZ Vietnam Gastronomiefachschule Saigon

Dr. Klaus Winter (rechts), HDZ, bei seinem letzten Besuch in der Gastronomiefachschule von Francis von Hoi (2. v. l.). Das Foto entstand 2019 bei der Einweihungsfeier der 2. Gastronomiefachschule in Saigon, an der auch die beiden jungen Vietnamesen gelernt haben.

Weitere Personen, die im Leben der beiden jungen Vietnamesen eine wichtige Rolle spielten, waren Heiner Lucks aus Hannover und seine Frau Ulla. Heiner Lucks war im Rahmen seiner SES-Mitgliedschaft für mehrere Monate in Vietnam, um dort eine Berufsausbildung für Bäcker zu etablieren und lernte das Projekt von Francis van Hoi „kennen und lieben“ wie er sagt. Gemeinsam entstand die Idee, Schüler aus Vietnam in Deutschland zum Bäcker ausbilden zu lassen. „Ziel ist, dass sie nach ihrem Abschluss in ihr Land zurückkehren und an ihrer ehemaligen Gastronomiefachschule Leitungsfunktionen übernehmen, um ihr Wissen weiterzugeben und den Fortbestand des Projekts langfristig zu sichern“, erläutert Heiner Lucks.

Theorie und Praxis mit Bravour bestanden

Bei der Auswahl geeigneter Kandidaten seien ihm die beiden jungen Männer gleich positiv aufgefallen. Und so übernahm er eine Patenschaft für Ha und Phuoc, im Rahmen derer er und Francis van Hoi viele Einzelmaßnahmen für die beiden organisieren und finanzieren mussten. Dazu zählten Flug- und Unterbringungskosten, Deutschkurse, aber auch Alltägliches wie Kontakte zu Landsleuten knüpfen, Arztbesuche, Kleidung kaufen und vieles mehr. Parallel dazu erwarben die beiden Fachkenntnisse in einem Bäckerei-Betrieb und büffelten in der Berufsschule für die theoretische Prüfung. „Aufgrund ihrer äußerst positiven Leistungen sowohl in der Berufsschule als auch im Betrieb wurden sie nach nur 28 Monaten Aufenthalt in Deutschland zur vorzeitigen Prüfung zugelassen“, erzählt Heiner Lucks. „Auch hier bewältigten sie sowohl die theoretischen Aufgaben als auch den praktischen Teil mit Bravour“.

Das Engagement von Francis von Hoi und die Investitionen des HDZ haben sich also gelohnt, aber was viel wichtiger ist: der Abschluss wird das Leben von Ha und Phuoc für immer verändern. Ihre nächsten Schritte in ein besseres Leben haben beide schon geplant. Sie haben sich verpflichtet, an die Gastronomiefachschule von Francis van Hoi zurückzukehren, um dort Leitungsfunktionen zu übernehmen, aber zuvor möchten sie noch einige Zeit Erfahrungen sammeln.

Ha wird ein paar Monate in einer Industriebäckerei als Geselle arbeiten, Geld verdienen und damit seinen Geschwistern in Vietnam helfen. Phuoc möchte seinen fachlichen Background erweitern und einen Meisterkurs besuchen, um nach seiner Rückkehr an die Schule in Vietnam noch kompetenter als Lehrer auftreten zu können. Der Meisterkurs dauert sechs Monate. Auch wenn die Finanzierung noch nicht in trockenen Tüchern ist, so stehen die Chancen gut, dass die beiden auch diesmal ihre Ziele erreichen und die nächsten Kapitel ihrer Erfolgsgeschichten schreiben.

Yvonne Schubert

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