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Beißen statt Brüllen

„Angemessene Finanzierung oder Praxen als Auslaufmodell – dazwischen gibt es keine Wahrheit mehr!“, lässt sich der Bundesärztekammerpräsident Dr. Klaus Reinhardt in seiner Rolle als Vorsitzender des Hartmannbundes zitieren.

Honorarverhandlungen: Erfolgsaussichten in Zeiten klammer Kassen

„Es ist fünf vor zwölf – die Praxen in Deutschland arbeiten längst über dem Limit. Deshalb fordern wir die Politik auf: Halten Sie Ihre Versprechen und handeln Sie endlich! Verhindern Sie das Aus der ambulanten Versorgung“, so der KBV-Vorstandsvorsitzen­de Dr. Andreas Gassen auf einer Krisensitzung, bei der sich die Ärzteschaft in Berlin unter dem Hashtag #Praxenkollaps versammelte. An lautem Drama fehlt es hier also nicht.

Fatales Framing

Nur war da ein denkwürdiges Klassenfoto Teil der Botschaft der von der KBV und KVen initiierten Protestaktion. Es zeigt die Protestierenden in edler Kulisse mit Goldrahmen, Kronleuchtern und schweren Teppichen. Da wirkt die politische Botschaft, dies sei keine „Funktionärsdebatte“, wenig glaubwürdig. Vielmehr ist dieses Setting dazu geeignet, alle Spitzenverdienertotschlagargumente zu befeuern.

Und – sei es Zufall oder nicht – erscheinen zeitgleich neueste Zahlen des Statistischen Bundesamtes zur Kostenstruktur im medizinischen Bereich. Genüsslich hat sich prompt Stefanie Stoff-Ahnis, Vorstand beim GKV-Spitzenverband, eine herausgepickt und auf ihre Art interpretiert: „Demnach haben Praxisinhaberinnen und -inhaber 2021 im Durchschnitt jeweils einen Reinertrag von 237.000 Euro erwirtschaften können, monatlich somit 19.700 Euro.“ Das entspräche einem jährlichen Wachstum von 5 Prozent. Und der GKV-SV legt in seiner Mitteilung noch einen drauf: „Aus dem Reinertrag werden die Praxisinhabenden quasi entlohnt, er ist annähernd vergleichbar mit dem Bruttolohn von angestellten Beschäftigten zuzüglich Arbeitgeberbeiträgen zur Sozialversicherung.“

Ein Schelm, der Böses dabei denkt. Dass sich freiberuflich Niedergelassene auch krankenversichern müssen samt Arbeitgeberanteil – auch (Zahn-)Ärzte behandeln sich in der Regel nicht selbst –, Altersvorsorge betreiben, Versicherungen bezahlen und für Investitionen ansparen müssen, fällt beim GKV-SV unter den Tisch. Ist ja auch zu komplex für eine Spitzenverdienergeschichte. Und auch Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach tat den Forderungskatalog der Ärzteschaft prompt mit einem Tweet ab: „Im Bereich der Hausärzte ist eine Aufhebung der Budgets durchaus denkbar. Aber es ist nicht das Einkommen, was die Versorgung gefährdet. In den Pra­xen brauchen wir weniger Bürokratie und mehr Digitalisierung, die funktioniert.“

Kluge Strategie der zahnärztlichen Standespolitik

Die stilleren und sachlicheren Töne der KZBV und der KZVen vermeiden die reflexartige Neiddebatte. Die kluge Kampagne „Zähne zeigen“ nimmt die Patienten mit und zeigt deutlich auf, dass durch die Budgetierung der präventionsorientierten PAR-Leistungen mittelfristig die Ausgaben der GKV auf Kosten der Patientengesundheit steigen werden. Im Land Brandenburg demonstriert die Zahnärzteschaft, weil die flächendeckende Versorgung auf dem Lande akut bedroht ist. Und auch in Niedersachen zeigt die KZVN Zähne und organisiert eine zielgerichtete Protestveranstaltung. Das ist strategisch brillant und dürfte mehr bewirken als die ewig gleichen Gemeinplätze der ärztlichen Standes­politik.

Ein Bild, das das Gesicht einer Frau zeigt, die sich eine Lupe vor den geöffneten Mund mit ihren Zähnen hält

Prävention, Patientenwohl, Praxisstärkung – das sind gute Argumente, um Zähne zu zeigen.