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Auf dem Prüfstand: BGH zum Paypal-Käuferschutz

Online einkaufen – wer mit Paypal zahlt, sollte seine Rechte kennen.

Online einkaufen – wer mit Paypal zahlt, sollte seine Rechte kennen.

Für Käufer ist mit dem neuen BGH-Urteil der Paypal-Käuferschutz nicht wertlos geworden. Sie stehen gegenüber Händlern noch immer in einer guten Verhandlungsposition, wenn es wegen defekter oder falsch gelieferter Ware zu Problemen mit dem Händler kommt. Nachstehend die Details der Gerichtsentscheidung und wertvolle Tipps, wie der Käuferschutz zukünftig am sinnvollsten zu nutzen ist.

BGB und Paypal bieten unterschiedliche Lösungen:
Wie vertragen sich das Kaufrecht des bald 120 Jahre alten Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) und das Konfliktmanagementsystem des Bezahldienstleisters Paypal miteinander? Das ist die Rechtsfrage, die der Bundesgerichtshof zu beantworten hatte. Die Frage ist wichtig, denn das BGB und Paypal bieten unterschiedliche Lösungen für die Klärung folgender Rechtsfrage: Was gilt, wenn ein Verbraucher online einkauft, per Vorkasse bezahlt und schließlich defekte oder falsche Ware geliefert bekommt?

Das BGB sieht vor:
Der Verkäufer darf den per Vorkasse gezahlten Kaufpreis zunächst behalten, er ist aber zur Nacherfüllung verpflichtet. Das heißt: Der Verkäufer muss die defekte Ware reparieren oder dem Käufer ganz neue Ersatzware liefern. Weigert er sich oder scheitern mehrere Reparaturversuche, darf der Käufer vom Kaufvertrag zurücktreten. Erst dann erhält er sein Geld wieder. Das kann Wochen dauern.

So läuft es beim Paypal-Käuferschutz:
Bei Paypal bekommt der Käufer sein Geld nach der Paypal-Käuferschutzrichtlinie sehr viel schneller wieder. Erhält der Käufer falsche oder defekte Ware, beantragt er Käuferschutz bei Paypal. Kann er die Falschlieferung etwa mit Fotos oder einem Gutachten belegen, und schickt er die Lieferung wieder an den Verkäufer zurück, bekommt der Kunde von Paypal innerhalb weniger Tage die Kaufsumme wieder gutgeschrieben. Ergebnis: Der Kunde hat ohne langes Warten auf Reparaturversuche und Ersatzlieferungen sein Geld wieder.

Händler kann auf Reparatur oder Ersatzlieferung bestehen:
Mit dem Urteil von Donnerstag, 22. November 2017, haben die Richter des Bundesgerichtshofs in zwei Verfahren die BGB-Regeln und die Position der Händler gestärkt (Aktenzeichen VIII ZR 83/16 und VIII ZR 213/16). Das Urteil behandelt rechtsdogmatische Fragen und ist auf den ersten Blick schwer verständlich. Klar wird aber: Dreh- und Angelpunkt ist der juristische Begriff der „Erfüllung“. Die Richter haben festgestellt, dass der Kunde mit einer Paypal-Zahlung den Kaufpreisanspruch des Verkäufers zwar erfüllt. Sobald er aber erfolgreich Paypal-Käuferschutz beantragt hat, entfällt die Erfüllung – wie bei der Rückgabe einer Banklastschrift auch – rückwirkend (Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs, bit.ly/2AsyjL4).

Zwei Rechtsansichten – erklärt an einem Beispiel
Ein Verbraucher kauft für 500 Euro online ein Handy, dass laut Artikelbeschreibung einen Speicher von 32 Gigabyte hat. Er bezahlt per Paypal. Geliefert wird nur ein Gerät mit 16 Gigabyte. Er macht bei Paypal erfolgreich einen Käuferschutz-Fall geltend. Paypal verlangt, dass er das falsch gelieferte 16-GB-Gerät an den Händler zurückschickt und schreibt ihm dann umgehend sein Geld wieder gut.

• Das Landgericht Saarbrücken hatte in einem der Verfahren als Vorinstanz angenommen, dass eine Paypal-Bezahlung stets zur Erfüllung des Kaufpreisanspruchs führt, selbst wenn Käuferschutz bewilligt wird (Urteil im Volltext unter bit.ly/2jUIIIq). Das würde für den Beispielsfall bedeuten: Der Verkäufer bekommt vom Kunden zwar das falsch gelieferte Handy zurück. Er hat nach Rechtsauffassung der Saarbrücker Richter dann aber keine Möglichkeit mehr, ihm noch ein 32-GB-Handy zur liefern und ihn so zur Abwicklung des Geschäfts zu zwingen. Es fehlen ihm rechtliche Druckmittel. Gut für den Kunden. Er kann die von Paypal zurückerstattet Kaufsumme sofort nutzen, um sich das Handy woanders zu besorgen.

Der Bundesgerichtshof sieht die ganze Sache anders: Nach Ansicht der höchsten Richter entfällt die Erfüllungswirkung der am Anfang geleisteten Zahlung des Kunden, sobald der Käuferschutz bewilligt wird. Der Kunde hat zwar sein Geld von Paypal schnell wieder. Die Rechtsbeziehung zum Verkäufer ist aber trotz Falschlieferung nicht beendet. Es gelten die BGB-Regeln für die Lösung des Problems: Der Verkäufer kann weiter auf die Kaufpreiszahlung pochen, sofern er willens und in der Lage ist, das in der Artikelbeschreibung versprochene Handy zu liefern.

Das dürfen Paypal-Kunden nicht mehr:
Paypal-Kunden befinden sich mit dem Käuferschutz übrigens noch immer in einer günstigen Lage. Denn durch die Rückbuchung des Paypal-Betrags bei Nicht- und Falschlieferung können sie weiterhin schnell ihr Geld erst einmal wiederbekommen, wenn irgendetwas beim Geschäft nicht stimmt. Daran ändert auch das jüngste BGH-Urteil nichts. Aber: Wer bei Paypal etwa wegen einer Falschlieferung erfolgreich Käuferschutz beantragt hat, sollte die anschließenden Bemühungen des Verkäufer, das Geschäft doch noch ordentlich abzuwickeln, nicht ignorieren. Sonst ist man schnell im Verzug mit der Kaufpreiszahlung und kann ebenso schnell einen Prozess in dieser Angelegenheit verlieren. Riskant wäre es außerdem, dass von Paypal zurückgebuchte Geld vorschnell woanders für dasselbe Produkt auszugeben. Es kann ja sein, dass der Verkäufer, der das falsche Gerät geschickt hatte, nun doch noch richtig liefert. Kunden haben in diesem Fall die Ware zweimal – und müssen sie auch zweimal bezahlen.

Belege:
Kunden, die wegen defekter oder falsch gelieferter Ware Käuferschutz beantragen, sollten die Ware unbedingt mit einem „gültigen Versandbeleg“ zurückschicken, sonst bewilligt Paypal den Käuferschutz nicht.

Tipp: Welche Belege von Paypal akzeptiert werden, steht in der „Verkäuferschutzrichtlinie“ (dort unter Punkt 4.2.2). Laut Paypal reichen Belege folgender Unternehmen: GLS, DPD, Hermes, UPS, FedEx und TNT. Auch Deutsche Post und DHL werden akzeptiert. Ausnahme: Beleg für ein Päckchen ohne Nachweis, Brief, Warensendung, Büchersendung und Maxibrief. Ein Einschreibebeleg mit Einlieferungsdatum und Empfängername reicht auch.

Den Verkäufer zu Reparatur oder Ersatzlieferung zwingen:
Schicken Kunden Ware zurück, können sie vom Händler auch die Nacherfüllung verlangen – also die Zusendung neuer Ersatzware oder die Reparatur des Defekts. Wichtig: Da Paypal dem Käufer die Kaufsumme wegen des Käuferschutzes zurückgebucht hat, kann er nun die Kaufpreiszahlung dem Verkäufer solange vorenthalten, bis dieser die einwandfreie Ware geliefert hat. Der Händler ist zur Vorleistung verpflichtet. Liefert er nicht, kann der Käufer dem Verkäufer eine Frist setzen und nach deren Ablauf den Rücktritt vom Kaufvertrag erklären. Damit ist dann auch nach den BGB-Regeln die Pflicht zur Kaufpreiszahlung hinfällig.

Tipp: Der Käufer- und Verkäuferschutz von Paypal kann von Internetbetrügern ausgehebelt werden. Was es zu beachten gilt, damit das nicht passiert, steht im Special „Sicher im Netz einkaufen: So schützen Sie sich vor Internet-Betrug“ der Stiftung Warentest (bit.ly/2BiHGtE).

Quelle: Stiftung Warentest