Anzeige

Premium Article

Premium Article
0

Advertorial

Advertorial
0

Praxistrennung (4): Laufende Praxisverträge?

Dieser Beitrag soll einen Überblick darüber schaffen, welche Verträge hier besonders im Blick behalten werden müssen und was im Falle der Trennung von rechtlicher Seite zu beachten ist, wenn einer der Partner die bisherige Praxis alleine fortführt.

Arbeitsverträge

Eine Praxistrennung wirkt sich vor allem auf bestehende Arbeitsverträge aus. Dies ist jedenfalls dann besonders relevant, wenn die Trennung auch dazu führt, dass der Praxisbetrieb gänzlich und ohne Weiteres eingestellt wird. Nur in diesem Fall ist eine betriebsbedingte Kündigung unter Einhaltung der Kündigungsfristen denkbar. Ansonsten gehen die Arbeitsverhältnisse auf den fortführenden Praxisinhaber über. Sofern also ein Partner aus der Praxis aussteigt und der andere Partner die laufende Praxis übernimmt, ist fortan nicht mehr die bisherige Gesellschaft Arbeitgeber, sondern allein der verbleibende Partner. Arbeitsrechtlich stellt dies einen „Betriebsübergang“ gegenüber den Arbeitnehmern gemäß Paragraf 613a BGB dar. Der verbleibende Partner tritt damit allein in alle Rechte und Pflichten aus den bestehenden Arbeitsverträgen ein. Eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses wegen des Betriebsübergangs durch die bisherige Gesellschaft oder durch den „neuen“ Arbeitgeber ist unwirksam. Arbeitnehmer sind zudem vorab über den Betriebsübergang in Textform zu unterrichten. Das Gesetz regelt hierzu in Paragraf 613a Absatz 5 BGB, welche Angaben hinsichtlich des Zeitpunkts, des Grundes und der Folgen des Übergangs im Unterrichtungsschreiben enthalten sein müssen. Weiterhin ist zu beachten, dass Arbeitnehmern ein schriftliches Widerspruchsrecht innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung zusteht. Auch hierüber ist aufzuklären. In jedem Fall sollte die Unterrichtung sorgfältig vorbereitet werden, zum einen, um gegenüber den Arbeitnehmern Transparenz und Vertrauen zu schaffen und damit einen reibungslosen Übergang zu ermöglichen. Zum anderen beginnt ohne entsprechende Unterrichtung die Widerspruchsfrist nicht zu laufen, was rechtliche Schwierigkeiten mit sich bringen kann.

Händeschütteln

Was ist im Falle der Trennung von rechtlicher Seite bei Verträgen und Verbindlichkeiten, die im Namen der Praxis mit Dritten geschlossen wurden, zu beachten?

Praxismietvertrag

Befindet sich die Praxis in angemieteten Praxisräumlichkeiten und soll sie von einem der Partner dort weitergeführt werden, ist mit dem Vermieter die Übernahme des Praxismietvertrags zu klären. Nicht alle Mietverträge enthalten bereits eine Klausel, die die Übertragung des Mietvertrags auf einen Nachfolger automatisch ermöglicht, sodass die Übertragung des Mietvertrags mit dem Vermieter verhandelt werden muss. Möglicherweise reicht eine Ergänzungsvereinbarung zum bestehenden Praxismietvertrag, in dem klar geregelt wird, dass der verbleibende Praxispartner alleiniger Mieter der Praxisräumlichkeiten wird, womit auch eine etwaige Nachhaftung des ausscheidenden Partners gegenüber dem Vermieter vermieden werden kann. Möglicherweise wird es allerdings erforderlich sein, gegebenenfalls sogar anzubieten, den bestehenden Praxismietvertrag zu kündigen und einen neuen Mietvertrag mit dem Vermieter abzuschließen. Hier ist vorab zu prüfen, ob bestimmte Kündigungsfristen zu beachten sind, zumal Mietverträge für Praxen in aller Regel lange Festlaufzeiten haben, in denen eine ordentliche Kündigung ausgeschlossen ist. In jedem Fall ist es erforderlich, den Praxismietvertrag genau zu prüfen und frühzeitig mit dem Vermieter in Kontakt zu treten, um über die anstehenden Änderungen zu informieren und so einen reibungslosen Übergang des Mietverhältnisses zu ermöglichen.

Versicherungen und Dienstleister

Alle bestehenden Versicherungsverträge, insbesondere Berufshaftpflichtversicherungen und Rechtsschutzversicherungen, die im Namen der Praxis für die bisherige Gesellschaft geschlossen wurden, sind für den Zeitpunkt nach Ausscheiden eines Praxispartners umzustellen. Einige Versicherungen gehen kraft Gesetzes auf den Nachfolger über, jedoch gilt das nicht für alle Verträge. Entsprechend sind die betroffenen Versicherungen möglichst frühzeitig über die bevorstehenden Änderungen der Verhältnisse zu informieren, damit geklärt werden kann, ob die laufenden Versicherungsverträge vom verbleibenden Partner übernommen werden können und sollen oder ob bestehende Verträge gekündigt und neue Versicherungsverträge mit dem verbleibenden Partner abgeschlossen werden sollten.
Weiterhin sollte geklärt werden, ob noch weitere Verträge mit externen Dienstleistern bestehen, die über den Inhaberwechsel zu informieren sind. Auch laufende Leasingverträge und deren Laufzeiten sind daraufhin zu überprüfen, ob sie ganz oder zum Teil von einem der Partner übernommen werden können und sollen und welche Anpassungen erforderlich sind.

Praxistipp

Im Falle einer Praxistrennung geht es in der Regel in erster Linie um die Klärung der Gesellschaftsverhältnisses unter den bisherigen Praxispartnern. Darüber hinaus sollten allerdings auch die laufenden Verträge der Gesellschaft mit Dritten auf den Prüfstand gestellt werden, um hier klare Verhältnisse für die Zeit nach der Trennung zu schaffen. Dies gilt vor allem im Verhältnis zu den Praxismitarbeitern, die über die anstehenden Änderungen unterrichtet werden müssen. Möchten beide Partner die Praxistätigkeit am bisherigen Standort aufgeben und getrennte Wege gehen, müssen vor allem diverse Kündigungsfristen beachtet werden, um einen sinnvollen Ausstieg überhaupt planen zu können. Verbleibt dagegen ein Partner in der bisherigen Praxis, wird es für den ausscheidenden Partner relevant sein, dass auch gegenüber Dritten die bisherigen Vertragsbeziehungen enden, um etwaige Nachhaftungen zu vermeiden. Für den verbleibenden Partner wird es vor allem darum gehen zu prüfen, ob neuere oder bessere Vertragskonditionen etwa beim Praxismietvertrag oder bei Versicherungsverträgen möglich sind. In jedem Fall sollten alle bestehenden Verträge möglichst frühzeitig und umfassend in den Blick genommen werden, um überhaupt erst einmal eine Einschätzung zu ermöglichen, welche rechtliche Folgen sich aus den geplanten Änderungen ergeben und wo es ergänzenden Regelungsbedarf gibt, um fortlaufende vertragliche Pflichten, Ungewissheiten und Streitigkeiten zu vermeiden. Denn laufende Verträge enden nicht automatisch, wenn die Praxispartner getrennte Wege gehen.

Jennifer Jessie, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Medizinrecht, Bad Homburg

Mehr zum Thema Praxistrennung: Der Gesellschaftsvertrag
Mehr zum Thema Praxistrennung: Die Gewinnverteilung
Mehr zum Thema Praxistrennung: Homepage, Telefonnummer, ­Briefkopf