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Stark schmerzhafte CMD Hinweis auf psychosoziale Ursache

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Oralmedizin kompakt: Frisches Wissen für Ihre Praxis

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Stark schmerzhafte CMD Hinweis auf psychosoziale Ursache

Chronischer Schmerz hat neben der somatischen eine wichtige psychische Komponente, das entsprechende Entstehungsmodell wird als „bio-psychosozial“ bezeichnet [6]. Entsprechend umfasst die Diagnostik craniomandibulärer Dysfunktionen (CMD) neben physischen auch psychosoziale Untersuchungen [7, 8]. Eine aktuelle klinische Studie mit 737 Patienten kam zu dem Ergebnis, dass somatische Befunde, zum Beispiel Funktionseinschränkung, muskulärer Schmerz oder Diskusverlagerung, nicht mit psychosozialen Faktoren wie Depression oder Stress zusammenhängen [9]. Dagegen hatten Patienten mit starken ­craniomandibulären Schmerzen signifikant häufiger auch psychosoziale Diagnosen.

Interessant sind auch die prozentualen Anteile der Einzelbefunde. So hatten gut zwei Drittel aller untersuchten Patienten Muskelbeschwerden, die aber zu einem ebenso großen Prozentsatz mild ausgeprägt waren. Nur 6 Prozent hatten starke Schmerzen und damit verknüpfte schwerwiegende Einschränkungen. Schwere psychosomatische Symptome oder Depressionen hatten 47 und 42 Prozent der Patienten, und diese waren zugleich signifikant häufiger durch Schmerzen schwer eingeschränkt.

Die Autoren folgern, dass psychosoziale Erkrankungen und Schmerzen untereinander verknüpft sind – aber nicht psychosoziale mit somatischen Befunden oder Erkrankungen [9]. Dies bestätige das bio-psychosoziale Schmerzmodell und spreche gegen lokale Ursachen wie Muskelverspannungen oder Gelenkprobleme bei diesen Patienten als entscheidende ätiologische Faktoren. Da der Schmerzstatus von CMD-Patienten wichtige Hinweise auf psychosoziale Faktoren gibt, sollte er sehr sorgfältig erhoben werden. Dafür eignet sich zum Beispiel der Depression, Anxiety, Stress Scale (DASS) im Fragebogen der Deutschen Schmerzgesellschaft (DGSS) oder im Fragebogen Belastungsfaktoren aus dem dentaConcept-Verlag.

Patienten mit starker schmerzbedingter Einschränkung profitieren laut Autoren relativ wenig von funktionstherapeutischen Maßnahmen. Dagegen ließen sich die übrigen Patienten mit relativ einfachen, zum Beispiel physiotherapeutischen Maßnahmen erfolgreich behandeln. Die Erfahrung zahlreicher funktionsorientierter Zahnärzte dürfte mit den Ergebnissen dieser Studie wissenschaftlich eindrucksvoll bestätigt worden sein.

Literatur

6. Loeser, J. D., et al.; Chronic Pain In: Carr JE (ed.). Elsevier. 1983. Seiten 331-346.
7. Schiffman, E., et al.; J Oral Facial Pain Headache 2014. 28 (1): 6-27.
8. Ahlers, M. O., et al.; CMDcheck. Ed. 4, dentaconcept 2015.
9. De la Torre Canales, G., et al.; Int J Prosthodont 2020. 33 (2): 155-159.

 

Titel des Journal of Craniomandibular Function

Quelle: Quintessenz