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Nebensächliches und Wichtiges: Kleiner Praxis-Knigge

Horst Willeweit über „A wie Akquise bis Z wie Zahlung“ (Teil 3)

Die von Patienten erhoffte und gelobte Fachlichkeit bei der Wahl „ihrer“ Praxis basiert in Wahrheit zumeist auf äußeren Wahrnehmungen, weniger auf tatsächlich fachlichen Kriterien. Im Folgenden soll beschrieben werden, welche vermeintlichen Nebensächlichkeiten in Wirklichkeit die Hauptwirkung der (Vor-)Beurteilung eines Zahnarztbesuchs in Ihrer Praxis bewirken.

Zunächst einmal der simple Hinweis: Niemand kann nicht nicht kommunizieren! Zuvor wurde hier bereits auf das Ausschlusskriterium eines geeigneten, offenen und ehrlichen, der Persönlichkeit der Praxisinhaberschaft angepassten Internetauftritts hingewiesen. Dabei sind verstaubte Informationen genau so wie überbordende und üppig herausgestellte Ansammlungen beruflicher Zusatzbezeichnungen eher kontraindiziert. Sie verwirren. Letztere tragen unter Umständen dazu bei, den Gedanken „dort wird es teuer“ zu implizieren.

Stimmung und Klima der Praxis

Zuerst ist das Empathievermögen des gesamten Praxisteams eine Abstimmung wert. Da sind zunächst die Stimme und die Stimmung an Ihrer Rezeption. Und die gleich dreimal pro Sitzungstermin bei der Terminvergabe, beim Ein- und beim Ausgang. Es folgt der Eindruck des Raumklimas. Wer dort quietschig, locker, mondän auftritt, baut sich, gleich dem zumeist mit hintergründiger Sorge zur bevorstehenden Behandlung vorstelligen Patienten, selbst eine Hürde. Eingangs eher Moll, aber ausgangs, nach „überstandener“ Sitzung, darf es dann Dur sein. Wie solchen Gefühlen farblich differenziert, eventuell unterstützt durch Hintergrundmusik, zu begegnen ist, kann in dem in Weimar etablierten Teil des Bauhausmuseums angesehen werden. Eine gute Durchlüftung beziehungsweise an warmen Tagen eine Absenkung der Raumtemperatur gegenüber der Außentemperatur von lediglich zwei oder drei Grad sei genannt. Das genügt bereits, um Wohlempfinden zu erzeugen, und es kostet auch nicht zu viel Energie. Es hilft zudem, die Leistungsfähigkeit im Team hochzuhalten.

Mann im Empfangsbereich einer Praxis

Nach der Behandlung ist vor der Behandlung: Folgetermine können gleich nach Abschluss des Ersttermins erläutert werden.

Einladen statt wegsperren

Wird der Patient in einen zur Verwaltung hin offenen Bereich, die Wartezone, geleitet, fühlt er sich nicht wie in einem von der Zimmertür abgeschlossenen Raum weggesperrt. Vielmehr entsteht ein Gefühl des Aufgenommenseins. Die Bewegungen weiterer Personen können beobachtet werden. Die akustische Intimsphäre kann mittels dezenter Hintergrundmusik durch abgehängte Lautsprecher erreicht werden. Ein mittelbarer Sichtschutz mag durch Pflanzen oder ein Aquarium gestaltet sein.

Warten mehrere Patienten auf die Behandlung, tritt unweigerlich eine ganz merkwürdige Stille unter den Wartenden ein. Liegen Zeitschriften aus, kann unentwegt deren Blick über den Zeitungsrand auf die Tür, auf das Gegenüber, beobachtet werden. Ein sich bewegender Blickfang wie die Fische im eben erwähnten Aquarium schaffen gedanklichen Halt durch angenehme Ablenkung. Und bei der Aufforderung zum Eintritt in den Behandlungsraum fühlt sich niemand aufgescheucht. Gott sei Dank hat sich die Unart des Wartezimmer-Fernsehens mit eingestreuten zahnmedizinischen Hinweisen totgelaufen.

Warten ja, aber bitte bequem

Ein Warteberich kann jahreszeitlich dekoriert sein. Aber bitte nicht mit aus dem Keller geholten verstaubten Kunststoffblumen oder Ähnlichem. Bei der Auswahl der Sitze ist gut beraten, wer an die unterschiedlichen Bedürfnisse der verschiedenen Wartenden denkt: Eine kleine Bank für Mutter und Kind, Sitzgelegenheiten mit hoher Sitzfläche und Armstützen für ältere Patienten, ein niedriger Bequemsessel für junge Menschen im Dauer-Smartphone-Gebrauch.

Ein Beispiel für mangelndes Einfühlungsvermögen sind die allerorts anzutreffenden sogenannten Kinderecken im Warteberich. Hingeschmissen gammelt dort Abgegriffenes aus dem Spielzeug- und Bücherschrank von vorgestern vor sich hin. Dabei kann ein Maltisch mit Buntstiften zum Ausmalen oder mit vorgedruckten Praxissituationen auf einem Abreisstapel aus der betreffenden Praxis auch als Marketinginstrument zum Mitnehmen nach Hause funktionieren. Bei der Gelegenheit: Jedwede Darstellung von Zähnen oder gar Behandlungsgerätschaften, und seien sie noch so historisch, verstärken die ohnehin ungünstige Gedankenwelt der Patientenschaft vor der Behandlung.

Abholen und begleiten

Zur Behandlung in den Behandlungsraum gebeten, soll unser Patient selbstverständlich begleitet werden. Möglichst von der ihn in der Sitzung betreuenden Assistenz. Nun wissen wir alle, dass der uns häuslich besuchende Klempner schon vor dem Klingeln an der Haustür Einmalschutz über seine Schuhe streift, so könnte dies auch dem Patienten angedient werden. Neben dem tatsächlichen Hygieneschutz soll auch der demonstrierte Hygieneschutz den Patienten in dessen Praxiswahl bestärken.

Dazu gehören weitere Punkte. Die Kopfstütze soll eine Hygieneschutzhülle bekommen. Dafür werden am Markt solche aus kochfestem Textilgewebe wie auch Einmalkopfschutztaschen aus Papier angeboten. Erstere nehmen den Schweiß gerade bei Langzeitsitzungen gut auf. Soweit überhaupt eingesetzt, wird der Mundspülbecher selbstverständlich erst dann ausgepackt, hingestellt und befüllt, wenn der Patient Platz genommen hat. Ebenso werden die Sterilverpackungen der Übertragungsinstrumente vor den Augen des Patienten abgenommen. Gleiches gilt für den Spritzenschnabel der Sprayspritze.

Vor der Platzierung in der Behandlungsliege werden Frauen wie Männer es begrüßen, eine in Sichtweite positionierte Ablage für Hosentascheninhalte (Handy, Autoschlüssel, Geldbörsen sowie Brillen und Schmuck) vorzufinden. Auch der Haken für die Handtasche, beispielsweise an der Lampenaufbaustange, ist hilfreich.

Barrierefreiheit konsequent umsetzen

Ein sauberes WC allein reicht nicht aus. Im WC-Raum sollte ein frei zugängliches Handwaschbecken zusätzlich zum Handwaschbecken installiert sein. Wenn und soweit die Praxis wirklich für Rollstuhlfahrer:innen barrierefrei (das heißt ohne jede Stufe vom Bürgersteig an) eingerichtet wurde, ist ein Behinderten-WC nach DIN geboten. Eigentlich ein Selbstverständnis für Dienstleister im Bereich der Medizin. Muss doch bis hin zum Wechsel von Inkontinenzmitteln durch Begleitpersonen gedacht werden. Auch an dieser Stelle sollten Praxisübernehmer:innen sehr auf die Genehmigung/den Bestandsschutz zur Fortnutzung der Praxisräume bei einem Betreiberwechsel achten.

Ein WC-Vorraum kann so ausgestaltet werden, dass das dort eingebaute Handwaschbecken eine Ablage für Handtaschen berücksichtigt, gegebenenfalls ergänzt um einen Sitzhocker. Es geht um das Abschminken vor und das Schminken nach der Sitzung. Benutzungsfertig mit Zahnputzmittel versehene Einmalzahnbürsten werden dort ebenfalls angeboten.

Ankommen und reinkommen

Ein besonderes Thema sind die Gebäudezugänge zu den Praxen der Zahnmedizin. Diesem Bereich wird allerdings beim Aushandeln der Mietverträge viel zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Zeichnen wir zunächst das Negativbild: Keine Parkplätze verfügbar, kein Abstellplatz für Fahrräder und Kinderwagen, der Aufzugskorb bietet nicht genügend Raum für Rollstühle, Personen am Rollator mit Begleitung, Kinderwagen plus Mutter passen nicht hinein.

Ein Praxisgebäude, zumal wenn, wie oft gesehen, mehrere medizinische Disziplinen im Gebäude ansässig sind, sollte in jedem Fall über einen Aufzugskorb für Liegendkranke mit zwei Begleitpersonen verfügen. Allein schon, um in Notfällen die Hilfe zu beschleunigen. Die Wenderäume und Abstände zwischen Aufzug und Praxiseingangstür in Verbindung mit zu geringen Abständen zur hinabführenden Treppenstufe sind oft gefährlich klein. Bauherren sparen eben gern an Quadratmetern, die nicht zu Mietumsätzen führen.

Pluspunkt aus Patientensicht

Der Situationstest ist durch Sie selbst als Behandler:in leicht machbar. Nehmen Sie sich einen sogenannten Sport- oder Selbstfahrer-Rollstuhl und testen Sie damit als Mensch mit Behinderung Ihre Praxis außen und innen selbst. Sie erfahren den Anpassungsbedarf nachhaltig! Beginnen Sie gleich am Parkplatz mit dem Öffnungsbereich der Autotür. Gerade in ländlicheren Regionen wird positiv vermerkt werden, wenn am Pkw-Parkplatz eine Ladestation angeboten wird. Ebenso eine Lademöglichkeit für Fahrradakkus. Sind wettergeschützte Abstellflächen für Fahrräder und Kinderwagen vorhanden, ist aus Patientensicht ein weiterer Pluspunkt gewonnen. Eine Überlegung wert ist es auch, einen Fahrzeugabstellplatz für Dienste der Praxisversorgung zu reservieren, denken wir an Taxis, die Post, tägliche Paketzustellungen, Krankentransportfahrzeuge, den Handwerker etc. All diese Dinge begünstigen die Beurteilung Ihrer Praxis nachhaltig.

Geduld ist eine Tugend, aber nicht weit verbreitet

Mit jeder Minute unerwarteter Wartezeit steigt der Blutdruck Ihrer Patienten und vergrößert sich die Sorge vor möglicherweise bevorstehenden Schmerzen. Eine ordentlich und zwischendurch vorgetragene Entschuldigung für unvorhersehbare Wartezeiten trägt zur Entspannung bei.  Praxisabläufe erlauben nicht immer eine besetzte Rezeption. Es kann daher eine Lösung sein, wenn vor der Praxistür geläutet werden muss. Ausgelöst werden kann der Türöffner nur aus der Position der Rezeptionsmitarbeiterin. Wenn es sich um ein platzsparendes Stehpult handelt, hat der Eintretende gleich auf Augenhöhe eine auf ihn fokussierte Mitarbeitende vor sich – angenehm für beide Seiten. Besser noch: Auf den Klingelton geht eine Mitarbeitende der Praxis zur Tür, öffnet, begrüßt den Eintretenden gleich mit dessen Namen und bietet Hilfe beim Ablegen der Straßengarderobe an. Eben so, wie man seinen privaten Besuch zu Hause empfangen würde. Nach dem Einchecken kann es eine Selbstverständlichkeit sein, den Patienten in den Wartebereich zu begleiten.

Ganz gut ist es auch, wenn jeder Mitarbeitende der Praxis ein auf 1,5 Meter gut lesbares Namensschild mit der Funktionsbeschreibung / dem Arbeitstitel trägt. So versteckt sich niemand in der Anonymität, auch tritt mehr Verbindlichkeit ein. Nichts hören wir Menschen lieber als unseren eigenen Namen, ausgesprochen vom Gegenüber.

Blick nach oben

Und da ist dann noch der Blickbereich der geneigten Patientenschaft aus deren Sitz- und Liegeposition im Behandlungsraum: Tote Insekten aus dem vergangenen Sommer auf der Leuchtenabdeckung an der Decke, eingetrocknete Flecken auf den Reflektoren oder Abdeckungen der Behandlungsleuchte, eine ausgeleierte Schiebegardine und eine staubige Fensterbank sowie auf den Fußboden abgestellte Kartons oder Kanistergebinde lassen an Sorgfalt zweifeln.

Die Folgesitzung beginnt bei der ersten Sitzung

Ist eine Sitzung abgeschlossen, kann dem Patienten Ziel und Arbeitsinhalt der Folgesitzung ausführlich dargelegt werden. Bei dieser Gelegenheit kann auch die Teilzahlungsrechnung für die eingangs vereinbarte Selbstzahlerleistung ausgehändigt werden. „Sie haben die Möglichkeit, den Betrag an unserer Rezeption per EC-Karte bequem sofort zu begleichen, können ihn aber auch innerhalb 14 Tagen überweisen.“

Ganz besonders wertgeschätzt fühlen sich Patienten, wenn sie vom Behandler persönlich dessen Mobilfunknummer ausgehändigt bekommen. Etwa mit dem Hinweis: „Sollte wider Erwarten eine Nachblutung auftreten oder Schmerzen signifikant werden, können Sie mich jederzeit erreichen.“ So wird Vertrauen aufgebaut und Zuneigung erreicht.

Überhaupt, ein Zahlungsvorgang ist dann abgeschlossen, wenn Sie sich aus Ihrer Praxis nach finalem Geldeingang, mindestens ab vierstelligen Zahlungsgrößen, bedanken. Dafür stehen die Wege Mobiltelefon, E-Mail oder auch ein Brief zur Verfügung. Eine Arbeit, die durchaus an das Verwaltungspersonal delegiert werden kann. Bei der Gelegenheit kann dann gleich an den nächsten IP-Besuch erinnert werden und die Nachsorge bei auftretenden Beschwerden angeboten werden.  
Eigentlich alles ganz einfache Dinge, die zwar ein ausgewogenes, abgestimmtes Vorgehen im Team verlangen, aber nicht einmal Geld kosten. Im Teamgespräch herausgefordert, werden sich Ihre Assistenzen relevante Verbesserungspunkte durchaus selbst erarbeiten. „Par ordre de Mufti“ vom Chef ist nicht unbedingt notwendig.

Horst Willeweit, Bielefeld

(wird fortgesetzt)

Lesen Sie dazu auch die Beiträge:

Wie viel Freundlichkeit ­unterstützt die Patientenbindung?

Was GKV-Patienten über ­vermeintlich teure ­Zahnbehandlungen denken

 

Corporate Design Guide

Interessierte Praxisinhaber können mit dem handlichen 16-seitigen „Corporate Design Guide“ kostenfrei – solange der Vorrat reicht – einen Leitfaden zur Entwicklung von angemessenen Unternehmenserscheinungs­bildern per E-Mail an info@willeweit.de anfordern.

Horst Willeweit

Nach 45 Jahren als Praxiseinrichter ist Horst Willeweit im Feld der Dienstleistungen für Dentalhandel, Herstellung sowie der Wertermittlung zahnärztlicher Praxen und zahntechnischer Labore bundesweit tätig (Abgaben/Übernahmen, materiell wie ideell/Goodwill).
Kontakt auf www.willeweit.de

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